Warhammer Quest
Warnung: Dieser Artikel enthält eine aufgeladene Hassliebe, bietet aber überhaupt keine Hilfe für eine Kaufentscheidung. Nicht, dass ihr ihr hinterher sagt, ihr wäret nicht gewarnt worden. Und falls ihr sehr ungeduldig seid und erst mal wissen wollt, was Warhammer Quest eigentlich ist: Ein rundenbasiertes Strategiespiel, wo man mit vier Helden Schritt für Schritt durch einen Dungeon zieht, Monster vermöbelt und Schätze sucht. Oder umgedreht. Das ist ja meistens nicht so wichtig.
Phase 1: Der Flirt
Ich mag den Fantasy-Teil des Warhammer-Universums unglaublich gerne. Es ist, im Gegensatz zu vielen anderen ähnlichen Szenarien, eine blutigere, gewalthaltigere aber auch gleichzeitig ehrlichere und authentischere Welt. Als Held kannst du im Kampf mit einem fürchterlichen, riesigen Rattenoger sterben oder bei der Flucht aus einem Gefängnis in der Kanalisation ertrinken. Epos und Alltagsgefahren liegen hier sehr nahe und geben dem Begriff “Abenteuer” eine handfeste, bodenständige Bedeutung ohne die Begeisterung für das Fantastische aus den Augen zu verlieren. Ehrlich, falls ihr Rollenspiele (also die echten mit Würfel und Charakterbogen) mögt, schaut euch unbedingt Warhammer Fantasy Roleplay an.
Außerdem mag ich rundenbasierte Strategiespiele. Incubation ist für mich immer noch der Höhepunkt der Spielegeschichte und ich bin seitdem auf der Suche nach Ersatz. Als ich hörte, dass es ein rundenbasiertes Warhammer-Fantasy-Spiel gibt, war ich natürlich sofort Feuer und Flamme und Schwert. Aber bevor ich das Spiel auch nur anfassen konnte, begann…
Phase 2: Die Ernüchterung
Was ich in der ersten Begeisterung übersehen hatte: Warhammer Quest ist eine Umsetzung des gleichnamigen Brettspiels. Das verzichtet zum großen Teil auf Geschichten und beschäftigt sich mit purem Monsterhauen.
Was mich davon abhielt das Spiel zu kaufen, war aber die Preispolitik. Rodeo Games verkauft das Spiel für 4,49 Euro, ein stolzer Preis für ein iOS-Spiel. Ich finde das für ein unterhaltsames Spiel auch nicht zu teuer, ganz im Gegenteil vertrete ich die Meinung, dass Softwareentwickler vor allem im Smartphone-Bereich momentan zu niedrigere Preise haben.
Aber In-App-Käufe? Die hasse ich sowieso. Vor allem, wenn es die Möglichkeit gibt, innerhalb des Spieles die virtuelle Währung zu kaufen, die man dafür verwenden muss, die Charaktere auszustatten. Wenn das eigentliche Spiel sowieso schon gutes Geld kostete, bekomme ich Schaum vor dem Mund und verfalle in eine ausgeprägte Raserei gerechten Zorns. Erschwerend kommt hinzu: Bei Warhammer Quest gibt es Zufallsereignisse, bei denen Gold einfach verschwindet oder geklaut wird. Im Grunde genommen wirft man also echtes Geld in ein Schwarzes Loch.
Fazit: Kein Warhammer Quest für mich.
Phase 3: Der Rausch
Aber dann spendierte Fabu, der Meister des in anderen Menschen induzierten Selbsthasses, das Spiel, damit dieser Artikel entsteht. Ich begab mich also auf die Reise durch die Warhammer-Welt und war erst ein wenig frustriert. Die ersten Level sind sehr schwierig, da das Spiel nicht mit festen Werten, sondern Würfelwürfen arbeitet. Zu den erwürfelten Werten werden dann noch Charaktereigenschaften wie Stärke oder Stabilität dazu addiert — gerade am Anfang ist man also nur vom Würfelglück abhängig.
Das ist auch eine der Schwächen des Spiels: Im Hintergrund agiert ein mittelkompliziertes Regelwerk, das aber an keiner Stelle erklärt wird. Nur wer die Warhammer-Regelwelt sowieso schon kennt, weiß, was der konkrete Unterschied zwischen “Strength” und “Toughness” ist. Aber egal, es funktioniert trotzdem.
Man steuert eine Gruppe aus menschlichem Berserker, elfischer Bogenschützin, zwergischem Kämpfer und menschlichem Magier. Auf einer Landkarte schaltet man nach und nach Städte frei. In jeder Stadt gibt es eine Geschichte und zwei bis drei Zufallslevel, mit denen man den Weg zu neuen Städten freischalten und Erfahrungspunkte oder Gegenstände farmen kann.
Die Level sind immer Dungeons und die Kämpfe relativ einfach gehalten. Es gibt Nahkampf- und Fernkampfangriffe, ein wenig Schadens- und Heilmagie, fertig. Auch die Monster beschränken sich auf die bekanntesten Klassiker: Ratten, Spinnen, Fledermäuse, Goblin und Orcs. Die meisten Kämpfe laufen darauf hinaus, dass der Barbar und der Zwerg den Eingang zu einem Raum blockieren und die meisten Angriffe abfangen, während der Magier heilt und die Bogenschützin die gegnerischen Fernkämpfer und Magier ausschaltet.
Trotzdem macht Warhammer Quest eine ganze Weile Spaß. Das liegt zum einen an den wirklich schön geschriebenen Texten, die selbst die Rettung eines Esels zu einem Erlebnis machen und zum anderen an der bekannten Suchtschleife bei Rollenspielen, die sich dadurch befeuert, dass die nächste Stufe oder der nächste magische Gegenstand wirklich spannend zu werden verspricht. Und – das ja auch eher eine Seltenheit bei solchen Spielen – der Soundtrack ist wirklich gelungen.
Und so verbrachte ich ein paar vergnügliche Stunden in den feuchten Verliesen einer düsteren Welt und schnetzelte mich durch Horden von Ungeziefern und Grünhäuten. Bis es dann doch soweit war.
Phase 4: Die Enttäuschung
Mal abgesehen davon, dass sich viele Texte als immer wiederkehrende, oft nur minimal geänderte Bausteine entpuppten. Mal abgesehen davon, dass sich die strategische Herausforderung im Rahmen hält. Mal abgesehen davon, dass man das Gold wirklich nicht kaufen sollte, wenn man sich das Spiel nicht völlig versauen will. Mal abgesehen davon, dass es nur eine Minimalgeschichte gibt, die dann noch nicht mal ein richtiges Ende hat, sondern völlig in der Luft hängt. Mal abgesehen von all diesen Kleinigkeiten, liebe Rodeogamer…
…haltet ihr es wirklich für eine gute Idee, in einem eher hochpreisigen Spiel die andere Hälfte in einem DLC zu verstecken, der noch mal genauso teuer ist, wie das Original, das letztlich nur eine neue Version eures letzten Spiels mit neuer Grafik ist? Und dann Zusatzcharaktere, die dem Spiel wahrscheinlich wenigstens noch ein bisschen taktische Tiefe bieten, für unverschämte 2,69 Euro anzupreisen als wären sie die beste Erfindung seit Sigmars Hammer? Ja?
Mit Verlaub: Dann bin ich raus und außerdem im Nachhinein doch froh, das Spiel nicht selbst bezahlt zu haben. Ironischerweise hätte es mich nicht gestört, das ganze Zusatzpaket für 3,99 oder das ganze Spiel für 8,99 zu kaufen. Aber eure Preise sind — genau wie die vom großen Lizenzgeber Games Workshop — genau zwei Stufen über unverschämt.