How Dare You! #02: Oliver Zell alias OadT
Der aus der rheinland-pfälzischen Kleinstadt Zweibrücken stammende, 18-jährige Oliver Zell hat bis zum Beginn seines Mathematikstudiums im Herbst noch einiges an Zeit zu überbrücken. Zeit, die er nutzen will, um eifrig an neuen Spielideen zu arbeiten und dabei seine Fähigkeiten auszubauen.
Zum ersten Mal nahm Oliver Ende 2014 am Ludum Dare teil, und gab dabei mit Divided World ein, wie er selbst sagt, eher schlechtes Spiel ab. Nichtsdestotrotz war er sofort von der Freundlichkeit der Community überwältigt: “Die haben in den Kommentaren eben auch die guten Dinge hervorgehoben! Es war für mich schon fantastisch zu sehen, dass tatsächlich Leute mein Spiel spielen. Einige haben es auch so interpretiert, wie ich es selbst geplant hatte.” Seitdem hat er weiter an seinen Fähigkeiten getüftelt und sich neues Wissen angeeignet.
Bislang programmiert er ausschließlich alleine, da niemand aus seinem näheren Umfeld ebenfalls diesem Hobby frönt: “Ursprünglich wollte ein Freund zusammen mit mir durch eine DVD Java lernen, aber sehr viel weiter als das ‘Hello World’-Programm kamen wir nicht. Ein paar Wochen später fing ich dann nochmal alleine an über das Internet Java zu lernen.” Wenig später brachte er sich noch HTML5 wie Javascript bei. Durch den Fokus auf Web-Anwendungen erhofft er sich ein breiteres Publikum, gerade in Hinsicht auf spätere Projekte.
Über das mittlerweile leider inaktive Portal freeindiegam.es entdeckte er viele kleinere Indie-Spiele und kam erstmalig mit Ludum Dare-Einreichungen in Kontakt: “Einige der Spiele haben mich wirklich beeinflusst und sind mir ziemlich in Erinnerung geblieben: Leave Me Alone, Linescape, Alpaca Run, Coffee Mafia, und über Warp Door habe ich auch noch das für mich wichtige Soccer Physics kennengelernt. Besonders die ersten beiden minimalistischen, abstrakten Spiele haben eine gewisse Eleganz. Das konnte ich noch nicht erreichen.”
Allerdings trägt sein jugendlicher Eifer jetzt schon erste Früchte: Aktuell programmiert er in seiner Freizeit an einem – stark von Linescape inspirierten – 1D-Spiel mit dem Arbeitstitel One big D, welches eine wesentlich klarere Struktur aufweist als seine bisherigen Arbeiten. Man spürt, dass wichtige Lernprozesse im Bereich des Spieledesigns bei Oliver stattgefunden haben und auch, dass ihm als Neuling das Ludum Dare äußerst gut tat. Sein neuster Beitrag für den Gamejam mit dem Titel Cupid’s arrows ist ein weiterer Beweis dafür: Hier geht es einzig und allein darum, mit Amors Pfeilen die Herzen von sonst feindlich gesinnten Menschen zu verknüpfen, damit die sich Hals über Kopf ineinander verlieben und den Blick für alles andere verlieren und zeigt eine eindrucksvolle Weiterentwicklung im Vergleich zu früheren Titeln.
Dabei sucht Oliver den Kontakt mit erfahreren Teilnehmer*Innen, von denen er sich noch was abschauen kann: “Es gibt keine spezielle Person, mit der ich mal ein Spiel entwickeln wollen würde. Aber es wäre bestimmt interessant mit irgendeinem erfolgreichem Teilnehmer mal irgendwas zu machen – ob Spiel oder Gangsterrap ist dann auch egal.”
So oder so weckt das Ludum Dare seinen Ehrgeiz – zeitgleich ist er immer wieder erstaunt, was andere auf die Beine stellen können: “Nehmen wir zum Beispiel Rezoner: Der hat einen eigenen Grafikstil und programmiert wie ich in Javascript! Der ist schon fast sowas wie eine Art von Idol für mich. Ich hoffe, ich habe auch irgendwann mal einen eigenen, wiedererkennbaren Stil, aber den kann man sich ja nicht irgendwie aufzwingen – er muss sich von selbst mit der Zeit entwickeln.”
Immerhin hat er schon seine persönliche Vorbereitungsstrategie für Gamejams: Zunächst aktualisiert und überprüft er regelmäßig seine kleine, eigene Engine. Dann akquiriert er Tester*Innen, die immer wieder mal einen Blick auf sein Projekt wagen und ihm Feedback zusenden – mit ihnen steht er über eine WhatsApp-Gruppe im ständigen Kontakt. Ganz wichtig ist ihm aber auch die Verpflegung: “Dafür gehe ich extra einkaufen und hole mir cooles Essen, und zwar in solchen Mengen, die ich niemals an einem Wochenende essen könnte. Köttbullar, Knabberzeug, ein paar Schokoriegel, sowas eben.” Essen für die Seele, das bei kleineren Rückschlägen auch den Endorphinspiegel hebt. Das hat sich bereits 2014 bewährt, als er die JS1k-Competition bestritt.
So kann ich am Ende Oliver nur die Daumen drücken und hoffen, dass er neben seinem anstehenden Studium und der damit verbundenen Arbeit nicht vergisst, weiter seine Passion zu pflegen. Er selbst möchte am Ende noch ein paar anspornende Sätze loswerden. Gerichtet sind sie an alle unter euch, die sich bislang nicht getraut oder auch Angst davor haben, mit der Entwicklung eines Spiels zu beginnen:
“Wenn man heutzutage ein Spiel machen will, dann muss man inzwischen nicht mehr zwingend programmieren können. Fangt einfach an – die wahre Herausforderung ist schließlich das Game Design! Ich glaube langsam, die ‘Nicht-Programmierer’ sind darin sogar eher besser. Und wer so gar keine Idee hat: Jump’n’Runs gehen im Notfall immer! Man muss einfach nur üben!”