How Dare You! #04: Edu Verzinsky alias Verz

Edu Verzinsky alias Verz

“Blow the mind of the players, try to send a message more deep that can’t be appreciated easily at the first moment.”

Ein Hauch von Rebellion und Systemkritik liegt in der Luft, wenn man sich Edu Verzinskys Spiele anschaut. So konnte man in seinem Ludum Dare 31-Beitrag – ein Diktatur-Simulator namens For the Homeland! – in einem fiktiven totalitären Sowjetstaat als abstruse Charaktersymbiose aus Stalin und Micky Maus über Leben, Tod oder Gulag-Einweisung für Klein- wie Großkriminelle entscheiden. Seine Arbeiten sind von einer gewissen Schönheit der Brutalität geprägt. Für dieses Portrait konnte ich einen Einblick in Edus Gedankenwelt erhaschen.

Geboren wurde Edu vor 24 Jahren in Madrid, wo er heute noch wohnt. Als Jugendlicher sprühte er in den verwinkelten Gassen der spanischen Metropole Graffiti. Sein Spitzname Verz, der ihm damals als Tag diente, ist ein Zeugnis dieser Zeit. Diese ‘Vandalenjahre’ mögen vielleicht auch der Grund dafür sein, warum er sein Gesicht auf den Bildern – allesamt geschossen von seinem Freund Victor Herrera Martinez – nie komplett zeigt. Über seine heutige finanzielle oder berufliche Situation verrät er keine Details: “Usually I don’t do anything to earn money. I’m just in a period of self-teaching. But I hope that I can do commercial game-development in the future.”

Wesentlich aufschlussreicher hingegen sind seine Aussagen zum Thema Spieleentwicklung und -design. So lässt sich hinter seinen Werken eine einheitliche Linie, ja sogar eine Philosophie erkennen. Immer thematisieren und zeigen sie eine gewisse Rohheit, wobei sie zugleich ludische Fabeln darstellen. Sämtliche Charaktere in Edus Spielen sind Tierfiguren, die eine mehr oder minder subtile, moralische Geschichte über die Gesellschaft verbreiten: “Animals represent some personal nature that humans don’t have. Using pixel art to show that kind of nature is very difficult – but using animals is a pretty way to represent it.”

Er führt weiter aus: “I usually try to make a statement about the society. I’m very critical with the world we live in, so I try to explode the heads of the players with the ideas of my games.” Daran versucht er sich im Rahmen des Ludum Dares bereits seit knapp zwei Jahren. Seine ersten drei Beiträge entwickelte er gemeinsam mit Stephan Haldaman, doch seitdem dieser am DigiPen Institute of Technology in Washington studiert, blieb kaum noch Zeit für weitere Kooperationen. Davon aber ließ sich Edu nicht zurückwerfen: Für das Ludum Dare 30 programmierte und gestaltete er auf eigene Faust den Plattformer Outside.

Sein neuer Beitrag South entstand in Kollaboration mit Rafael Carneros und Enzer0. Hierbei schlüpft man in die Rolle eines uniformierten Armee-Fuchses, welcher direkt an der Grenze zu feindlichen Nationen positioniert ist. Dieser muss immer wieder auf zwei Wachtürme steigen, um sich zu vergewissern, wie nah die gegnerischen Streitkräfte bereits angerückt sind. Anschließend markiert er mit einer Sprühdose die Einschlagsplätze von Bomben und Raketen. Doch egal, wie viele Feinde man auch eliminieren kann: Solange die Anzahl der Toten steigt, wird der Krieg und der Hass nie enden.


How do you prepare for a Ludum Dare?

I don’t prepare anything. I prefer to wait for the theme and then turn on the crazy machine. But I usually got some beer in my fridge. That is the only thing that I need to be creative.

Derart bedeutungsschwanger war schon sein erstes Ludum Dare-Spiel RimorD, auch wenn es kryptischer gestaltet war. Noch heute erfreut sich Edu an den Erinnerungen daran: “RimorD was fucking amazing to make! All the lines in that game represent something. It is very difficult to understand and not many people do, but whoever caught it usually wrote a comment that it was awesome.”

Und so endet also das Portrait von Edu Verzinsky. Gezeichnet wurde das Bild eines jungen Spaniers mit Visionen, der sich geprägt zeigt von den Filmen Jean-Luc Godards, den Klängen des Musiker-Duos Stars of the Lid und einer leichten Prise Idealismus. Er hinterlässt aber noch eine Botschaft für unsere Leser*Innen:

“As an underground developer I can tell you that game development is freaking awesome. Try to be good in what you do. That is freaking hard, so you will need to be a freak yourself in any case. Be constant and surely you will get some reward by it. And even if not: You would be doing something you love, so in any case you will be a winner!”

Für die Artikelreihe “How Dare You!” hat Sebastian Ludum Dare-Teilnehmer*Innen aus aller Welt interviewt und portraitiert sie in Textform. Vom 20. April bis zum 10. Mai 2015 erscheint täglich ein neues Portrait.