Über Lehrgeld oder: von Langer-Hand geplant

Ich habe bisher zwei unbezahlte Praktika gemacht. Eins davon hat mir stark geholfen, das andere mich vor allem sehr, sehr viel Geld gekostet. In beiden Fällen haben sich die Verantwortlichen entschuldigt. Das war mir gut genug – auch wenn es das bei weitem nicht sein sollte.

Jörg Langer muss sich nicht entschuldigen. Er betreibt eine Redaktion, die darauf aufgebaut ist, mit flachen Gamification-Methoden die unbezahlte Arbeit von Autoren zum eigenen Gewinn einzusetzen. Wer sich besonders ins Zeug legt, gewinnt die Chance, sich für ein Praktikum in der Redaktion zu bewerben. Unbezahlt. Für einen bis vier Monate. In München. Fairer Deal! Aber eigentlich, so Langer, könnte er dafür auch Geld verlangen.

„Man könnte auch sagen, dass wir für diesen Wissenstransfer Geld bekommen müssten. Schon mal den Begriff ‘Lehrgeld zahlen’ gehört und überlegt, wo der herkommt?“

Und mit einem Mal habe ich den Respekt vor Herrn Langer und seiner Seite verloren. Unbezahlte Praktika, egal wie sehr sie zur Norm gehören, sind unmoralisch.

Im Spielejournalismus entwerten sie die Arbeit von Autoren, indem sie zeigen, dass es auch möglich ist, monatelang ohne Lohn zu arbeiten. Es ist sogar nötig, um irgendwann Geld für die eigene Arbeit bekommen zu können. Das macht Praktika unzugänglich für Menschen, denen die Mittel fehlen, um in Vollzeit ohne Lohn zu arbeiten. Das wiederum schließt eine Menge AutorInnen aus, deren Stimmen in den Medien notwendig sind, denn ich will nicht nur Artikel von Menschen aus wohlbehüteten und finanzkräftigen Elternhäusern lesen!

Dabei wird immer auf „Wissenstransfer“ verwiesen. Der Praktikant darf am Wissen eines echten Redakteurs teilhaben. Das suggeriert, dass die Arbeit von Berufsanfängern nichts wert sei oder sogar Arbeitszeit koste. Und das stimmt nicht, denn sonst würden keine Praktikanten eingestellt werden. Wie John Walker richtig bemerkt, ist die Argumentation des Wissenstransfers als Bezahlung fehlerhaft. Eingestellt werden nämlich nicht die Bewerber, die erst lernen müssen, wie man lesen, schreiben und rechnen soll – ganz zu schweigen von der Kunst Screenshots zu machen – sondern die, die es bereits können.

Das Absurde bei GamersGlobal ist dabei, dass die Bewerber bereits Mitarbeiter sein müssen und ein Verständnis für die Arbeit der Seite mitbringen. Bezahlte Mitarbeiter in der Redaktion, Menschen also, die von der Leistung der unbezahlten Mitarbeiter profitieren, sind aber eben keine ehemaligen GamersGlobal-Praktikanten, sondern ausgebildete Journalisten.

Das ist respektlos und verdeutlicht nochmals, wie viel GamersGlobal an seinen unbezahlten Mitarbeitern liegt. Es geht anders. Und es wird auch anders praktiziert. Die Gamestar, für die ich ebenfalls schreibe, schreibt aktuell ein bezahltes 6-monatiges Praktikum aus.

Als ich angefangen habe, für die GEE zu schreiben, war ich kein ausgebildeter, erfahrener Journalist. Ich hatte auch kein Praktikum bei GamersGlobal absolviert. Ich war bloß ein Typ, der ein bisschen über Musik geschrieben hat. Heiko Gogolin, der ehemalige Chefredakteur der GEE, hat sich trotzdem entschieden, es mit mir als Autor zu versuchen. Sven Stillich, der ehemalige Textchef, hat es auf sich genommen, meine Texte zu redigieren, mir zu helfen und wertvolles Feedback zu geben. Und am Ende bekam ich für meinen ersten Artikel bei der GEE ein Honorar.

Das sollte selbstverständlich sein. Ich halte Seiten, die mit der unbezahlten Leistung ihrer Autoren Geld verdienen, für unmoralisch. Menschen, die über Spiele berichten wollen, müssen nicht monatelang unbezahlt für Langer schreiben, sie können mit ihrer Arbeit Geld verdienen.

Was sagen Sie dazu, Herr Fabu?