Survival of the Fittest: Die Respawn-Konferenz in Köln

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„The apocalypse is coming“, verkündet Raul Portales und meint damit die gnadenlose Übersättigung des Spielemarktes. Hält man sich dieser Tage in Köln auf, lässt sich dieser eigentlich auf Mobile Games gerichtete Ausblick durchaus nachvollziehen: Die Industrie hat Köln regelrecht überschwemmt. Es herrscht Ausnahmezustand.

Als Zuflucht scheint indes die Respawn-Konferenz konzipiert zu sein, deren im industriellen Ödland zwischen Deutz und Mülheim angesiedelter Veranstaltungsort fußläufig erreichbar und doch allem anderen sehr fern ist. Am Montag und Dienstag trafen sich dort vornehmlich Spieleentwickler_innen, um in ihrem kleinen Refugium Erfahrungen auszutauschen. Insgesamt 54 Vorträge und Diskussionsrunden widmeten sich Themen wie Diversität in Spielen und Firmen, Motion Capturing mit der Kinect-Kamera, dem richtigen Umgang mit Virtual-Reality-Equipment sowie der Schwerpunktverlagerung zwischen Mechanik und Erzählung.

Deutlich präsenter als alle technischen und konzeptionellen Empfehlungen waren aber schlichte Überlebenstipps. So hieß denn auch der Vortrag des Propheten Portales „The Indie Dev Survival Guide“ und ein anderer, weniger dezent, „Give me all the monies“. Allderweil war der Hamburger Onlinespielegigant Inno Games als Hauptsponsor dauerpräsent, da dessen Logo auf den T-Shirts sämtlicher Mitarbeiter_innen, auf Wänden, Bändchen und dem VIP-Shuttlebus prangte, der draußen auf dem staubigen Kiesweg wartete und besonders zahlfreudige Gäste jederzeit zur GDC transportierte.

Tendenziell irritierend wirkte das, wenn ein Familienvater erzählte, eine Ramen-Diät für durchaus erwägenswert zu halten, weil die zwar ungesund, aber unschlagbar günstig sei. Zugutehalten muss man den Organisatoren aber, dass es keine auf Anhieb spürbare Trennung zwischen VIP- und studentischen Besucher_innen gab, denn am Gratis-Eis bedienen durften sich alle, und der offene Raum des Dock.One senkte die Hemmschwelle, einfach zwischen den fünf Bühnen hin- und herzuwechseln oder Gespräche mit den Anwesenden zu beginnen.

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Nur brach damit dummerweise auch die Klangqualität ein, denn fünf Bühnen in einem Raum plus privat Parlierende erzeugen einen gewissen Lärmpegel. Gegen den kamen selbst die extra verteilten Kopfhörer nicht an, die per Funkverbindung mit den Mikrofonen der Vortragenden verbunden waren. Das Hintergrundrauschen der Spieleindustrie, es war permanent zu hören. Für komische Momente sorgte das, wenn nebenan das Publikum klatschte und die noch nicht bejubelten Redner_innen spaßeshalber die Lobpreisung für sich beanspruchten. Traute Zweisamkeit zwischen mir und meinem Sitznachbarn keimte auf, als wir unisono unsere Empfangsgeräte herunterpegelten, wann immer ein enthusiastischer Gunnar Lott seiner Moderatorentätigkeit beim „Mechanis vs. Narrative“-Panel nachkam und seine Gesprächspartner aufgrund von Tontechnikproblemen akustisch in den Schatten stellte.

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Bedauerlich allerdings, dass damit auch Chris Solarskis Plädoyer für Momente der Kontemplation in der allgemeinen Dissonanz verhallte. Dabei hätte etwas mehr Raum dafür der Konferenz gut getan, weil es in all der Hektik, all dem regen Treiben kaum möglich war, über die zum Teil sehr interessanten Einblicke in den Entwicklungsalltag nachzudenken. Aber vermutlich ist das einfach der aktuelle Stand der Branche: Man bewegt sich, immer vorwärts, immer vorwärts, und rennt der drohenden Stagnation davon – dem unausweichlichen Knall entgegen.