Ein detaillierter Blick auf die Exploration-Mechaniken von
The Legend Of Zelda: Breath Of The Wild.
Es dürfte sich inzwischen einigermaßen herumgesprochen haben, dass Nintendo mit The Legend Of Zelda: Breath Of the Wild neue Maßstäbe für seine populäre wie altgediente Hausmarke setzen könnte. Das sagt sich so lapidar dahin, werden in Funk und Fernsehen doch ständig und überall neue Maßstäbe gesetzt. Im Falle von Zelda bedeutet das allerdings, sich mit dem wissenschaftlich betrachtet besten Videospiel aller Zeiten messen zu müssen: The Legend Of Zelda: Ocarina Of Time. Dass Breath Of The Wild diesem Vergleich durchaus standhalten kann, ist unter anderem den cleveren Erkundungsmechaniken des Spiels zu verdanken. Die mögen für sich betrachtet noch keine Innovation darstellen, entwickeln im gut geölten Zusammenspiel aber eine bemerkenswerte Dynamik. Diese fünf Faktoren sind dabei ausschlaggebend.
Kreativität
Was The Legend Of Zelda: Breath Of the Wild von vielen Open-World-Titeln unterscheidet, ist die Tatsache, dass sich gewisse Dinge erst erarbeitet werden müssen, die anderenorts selbstverständlich sind. Das beginnt bei ganz profanen Dingen wie der Navigation und erstreckt sich bis zur Freischaltung von Schnellreisepunkten. Um die Karte von Hyrule sukzessive aufzudecken, gilt es über das Land verstreute Türme zu erklimmen. Eine Formel, die inzwischen leidlich bekannt ist, hier aber einen interessanten Twist bekommt. Denn alles, was über die nackte Map hinausgeht, muss der Spieler oder die Spielerin selbst kartografieren. Dafür wollen die entsprechenden Orte nicht nur mit dem Fernglas entdeckt, sondern auch markiert und dann auf der Karte mit einem Symbol der Wahl versehen werden. Eine beiläufige Fingerübung, die der Illusion des ungewissen Abenteuers aber ungemein zu Gute kommt. Genau wie die Craftingsysteme diverser Rollenspiele, bedient auch dieser Kniff das Verlangen nach einer gewissen Partizipation, oder genauer: nach einem Gestaltungsraum, in dem ich als Spieler oder Spielerin dazu animiert werde, mich selbst auszudrücken – und sei es nur die Entscheidung, interessante Orte mit einem Sternchen, einer Schatztruhe oder auch einfach gar nicht auf der Karte zu vermerken.
Strategie
Neben Missionen und Sammelobjekten werden in der gängigen Open-World-Formel auch gerne mal Schnellreisepunkte wie von Geisterhand freigeschaltet, sobald man sich ihnen einmal genähert hat. Auch hier fordert Breath Of The Wild zunächst den Einsatz des Spielers oder der Spierlerin. Die entsprechenden Teleporter werden nämlich erst nach Beenden der dazugehörigen Schreine aktiviert. Das sind kurze, rätsellastige Verliese, die je nach Schwierigkeitsgrad zwei bis zwanzig Minuten dauern können. Ein Aspekt, der sich unmittelbar auf die Art und Weise niederschlägt, wie man beim Erkunden der Karte vorgeht.
Die Wege können in Breath Of The Wild nämlich lang und beschwerlich sein, weshalb niemand gerne aufgrund fahrlässiger Routenplanung um 20 Minuten zurückgeworfen wird. Die Schreine werden dementsprechend zu (im wahrsten Sinne des Wortes) abstrakten Checkpoints, die auf längeren Reisen ins Ungewisse strategisch eingeplant werden müssen. Hier macht das Spiel einen sehr guten Job, auch Anreize für dieses Vorgehen zu schaffen. Im Gegensatz zu den besagten Türmen bergen die Schreine nämlich neben den Teleportern auch wertvolle Gegenstände, für die sich die kleineren und größeren Kopfnüsse immer lohnen. Die eigentlich eher funktionale Mechanik der Schnellreise wird so zu einem essentiellen und unterhaltsamen Teil der Spielerfahrung.
Selbstständigkeit
Breath Of The Wild versteht es darüber hinaus hervorragend, eine gewisse Zugänglichkeit mit der klassischen und oftmals kryptischen Zelda-Philosophie zu vereinen. Das führt dazu, dass es auch hier an gewissen Punkten ohne die freie Erkundung einfach nicht weitergeht. Man mag über weite Strecken von Questmarker zu Questmarker laufen können, hin und wieder wird dieser Bequemlichkeit aber ein Riegel vorgeschoben. In diesen Momenten muss sich der Spieler oder die Spielerin selbst Gedanken darüber machen, wo es als nächstes hingehen soll und mit wem man dort am besten spricht, um den Fortgang der Geschichte neu anzustoßen. Das mag in anderen Spielen selbstverständlich sein, ist in Anbetracht der Dimensionen von Breath Of The Wild aber wirklich leichter gesagt als getan – und mit ein wenig Logik trotzdem machbar. Das lädt die Dialoge mit Bedeutung auf: NPCs sind nicht nur Statisten, Händler oder Stichwortgeber, sondern ein wichtiger Faktor bei der Erkundung von Hyrule.
Perspektiven
In GTA oder Watch Dogs sind die dynamischen Wettersysteme kaum mehr als kosmetisches Ornament. Breath Of The Wild nutzt diese Komponente dagegen geschickt, um die Regeln des Spiels zu ändern. Während ich bei strahlendem Sonnenschein oft den direktesten Weg anpeile und dafür auch abkürzende Kletterpartien über kreuzende Gebirgszüge in Kauf nehme, muss ich bei Regen und Gewitter grundlegend umdenken. Anhaltender Niederschlag wirkt sich nämlich unmittelbar auf das Klettergeschick von Link aus, macht es über weite Strecken sogar nahezu unmöglich, größere Hürden zu überwinden. Kurz: Es gilt den gewöhnlichen Routen zu folgen. Damit motiviert einen das Spiel, beim Erkunden der Welt hin und wieder einen neuen Blickwinkel einzunehmen, der oftmals zu unerwarteten Überraschungen führen kann.
Herausforderung
Das Erkunden von Hyrule fühlt sich auch deshalb so aufregend an, weil es schlichtweg fordernd ist. Dafür sorgen nicht nur anspruchsvolle Gegner, sondern auch die kurze Halbwertszeit der Waffen. So viele man auch davon im Spielverlauf findet – gewöhnen sollte man sich nicht allzu sehr an einen schlagkräftigen Neuzugang. Die sind nämlich in der Regel nach drei bis vier Kämpfen hinüber. So gehen mit jeder potentiellen Konfrontation Abwägungen einher, spart man sich die ganz großen Prügel doch lieber für die Boss-Kämpfe auf. Dadurch muss auch kleineren Scharmützeln eine gewisse Bedeutung beigemessen werden. Das Haushalten mit den Ressourcen wirkt sich direkt auf die Streifzüge durch Hyrule an – und umgekehrt. So fühlen sich selbst ziellose Ausflüge nie trivial oder gar unbedeutend an, sondern bringen stets eine gewisse Spannung mit sich.
Diese Komponenten führen dazu, dass ich mich nicht wie in anderen Open-World-Titeln dafür entscheiden muss, die Welt frei zu erkunden oder der Geschichte zu folgen, sondern das Eine völlig organisch mit dem Anderen einher geht. Eine Qualität, die andere Titel vielleicht auch bieten, allerdings ohne dieses Konzept derart souverän auf die Philosophie einer 30 Jahre alten Serie anzuwenden. Und das ist tatsächlich nur ein Aspekt, der Breath Of The Wild zu einer ungewöhnlichen Erfahrung macht.