5 aus 16: Marcus

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Hallo, Jahresende jetzt! Abermals ist dies eine willkommene Zeit, um ein Fazit zu ziehen. Viele machen das. Ganz oft sagen dann die vielen, dass 2016 ganz furchtbar war. Aber eigentlich nur, wenn man weiß, was in der Welt so vor sich gegangen ist. Wer sich stattdessen in einem Atomschutzbunker mit den Spielen verschanzt hatte, die in den kommenden Tagen auch die Toplisten der Superlevel-Autorinnen und -Autoren ausfüllen werden, wird 2016 sicher in besserer Erinnerung behalten. Denn rein videospielmäßig betrachtet war das Jahr doch ganz okay.

Freut euch also auf tolle Titel und die dazugehörigen Liebesbekundungen! Und freut euch bitte auch auf Daniels Liste, von der ich nicht sicher bin, ob es sich bei manchen Titeln nicht doch um einen James-Joyce-Roman oder um eine der Hacker-Figuren aus Mr. Robot handelt. Einer muss hier wohl immer querschießen.

Vergesst bitte auch nicht, eure persönlichen “5 aus 16” in unserem schönen Forum zu hinterlassen. Sonst hätten wir das Thema ganz umsonst aufgemacht.


Devil Daggers

In einem Jahr, in dem Doom es schaffte, die eigene verklebte Essenz abzuputzen und komplett zu restaurieren, ist Devil Daggers so etwas wie das Doom des kleinen Mannes. Es komprimiert den Kern klassischer id-Shooter noch effizienter als WinRar meine Raubkopie von Quake, indem es das komplette Spielgeschehen auf eine einzelne Plattform verlagert, auf der ununterbrochen neue Dämonenwellen auf mich niederbrechen. Ein Kampf, den ich nicht gewinnen kann, den ich aber so lang wie möglich hinauszögern möchte.

Devil Daggers ist mehr als eine liebgewonnene Erinnerung an die Arena-Shooter der späten 90er Jahre. Es macht sich deren Ästhetik zwar zu eigen, wirkt dabei jedoch deutlich kompromissloser und hochpulsiger als die Carmackschen Metal-Pulli-Versoftungen, die ja nun auch nicht gerade mit allzu viel Leerlauf langweilten. Am Ende zählt hier nur, wer die Daueraction am längsten durchhält. Dadurch ist Devil Daggers auch irgendwie eine beschissene Metapher für Geschlechtsverkehr und somit unweigerlich das beste Spiel des Jahres 2016.


Titanfall 2

Meine positivste Überraschung in diesem Jahr ist mit großem Abstand Titanfall 2. Zwar mit der üblichen Dumpfbackenstory aufgezogen, erlebte ich dank dieses Titels dennoch eine der abwechslungsreichsten, imposantesten und kurzweiligsten Kampagnen der vergangenen Shooter-Dekade. Ungelogen! Denn während der unendliche Krieg von Call of Duty trotz immer futuristischeren Szenerien zunehmend altbacken wirkt, können die hiesigen Titanenkämpfe mit rasanter Geschwindigkeit und einer erfrischend modernen Adaption der guten, alten Robot Wars auftrumpfen.

Wie deren ehemaliger Moderator und Big-Brother-Fucker Christian Möllmann einst skandierte, ist es auch in Titanfall 2 bisweilen ganz geil, ein Arschloch zu sein. Denn neben der sportlichen Kampagne bietet auch der Multiplayer für mich überraschend viel Freude, weil die Runden angenehm fix und leerlaufarm ablaufen und ich selbst als eher unterdurchschnittlich begabter Schütze immerhin die wehrarmen KI-Fußsoldaten mit meinem Riesenroboter platttreten kann. Generell ist das mit den zusätzlichen KI-Gegnern eine wirklich schöne Idee, um den sonst üblichen Frust über zu dominante Pr0-Gamer in Grenzen zu halten und sich selbst ein bisschen mächtiger zu fühlen. Den dämlichen und verkaufsschädigenden Sandwich-Release zwischen den Shooter-Königen Battlefield 1 und Owlboy hätte EA sich wirklich schenken können, denn nicht nur ist Titanfall 2 der bessere Shooter, sondern zweifelsohne auch das beste Spiel des Jahres 2016.


Abzu

Wenn stille Wasser tief sind, dann ist Abzu noch tiefer als der Lambo von Christiano Ronaldo. Denn der vorauseilende Ruf, nur ein Journey-Abklatsch unter dem Meer zu sein, wird dem tatsächlichen Erlebnis der friedvollen Tiefseeerkundung nicht gerecht. Ich muss es wissen, denn Journey habe ich nur wenige Tage vorher nachgeholt, statt mich auf verkrustete PS3-Erinnerungen zu berufen. Und ich fand Abzu tatsächlich noch eine kleine Ecke eindrucksvoller und seelenschmeichelnder (das Wort habe ich auf meiner Globuli-Packung entdeckt).

Nicht nur ist die Unterwasser-Navigation hervorragend gelungen, auch wirkt durch die schier überwältigende Pracht der Meeresbewohner und den farbenfrohen Anstrich alles unheimlich lebendig und selbst ohne den steten Wellengang extrem mitreißend. Auch die Eindeutigkeit der verwendeten Metaphern ist ungleich höher als es noch beim inoffiziellen Wüstenvorgänger der Fall war, was Abzu zwar weniger mystisch, dafür aber umso erhellender macht. Perfekt abgerundet wird das alles von dem wohl besten Soundtrack des vergangenen Spielejahres. Denn jedes Tier hier, das musiziert hier, unter dem Meer. Ohne Frage das abzulut beste Spiel des Jahres 2016.


Firewatch

Mich macht das einfach immer noch ziemlich wütend, wenn jemand behauptet, das Ende von Firewatch sei unbefriedigend gewesen. Eine Geschichte, die von Eskapismus und Verantwortungsverweigerung erzählt, hat genau ein solches Ende gebraucht. Eines, das zeigt, dass man den eigenen Schuldgefühlen nicht entrinnen kann, auch wenn man sich in wildeste Verschwörungstheorien hineinzusteigern versucht. Eines, das zeigt, dass Menschen kommen und gehen, manchmal sogar, ohne wirklich dagewesen zu sein. Egal, wie gut man sich auch verstanden haben mag. Der Sommerjob bei der Waldbrandwacht sollte Henrys Entkommen aus seiner deprimierenden Lebenswirklichkeit sein, doch das Ende von Firewatch markiert zeitgleich auch den Beginn der Erkenntnis, dass es während der vergangenen Stunden nie um Waldbrände, geheime Regierungsoperationen oder die Frau am anderen Ende des Walkie Talkies ging, sondern einzig und allein um das Leben, das Henry zuvor zurückgelassen hat.

Und falls sich jetzt noch jemand darüber beschweren sollte, dass ich hier zuviel spoilern würde: Buuuhuuu, du hattest fast 10 Monate Zeit, deine eigene Feuerwache zu schieben, Florian! Ach, und außerdem gab es zum Spiel unser erstes offizielles Audioreview! Nicht zuletzt deshalb gebührt Firewatch die Krönung als weltbestes Spiel des Jahres 2016.


Thumper

Hach, Thumper! Wenn es einen Videospielgott gäbe, du wärest sein Sohn, den ich bisweilen vor blinder Wut ans Kreuz nageln wollte, aber im Endeffekt doch als meinen Erlöser preise. Du hast den Rhythmus wo ich mythmuss, da gibt es kein Vertun. Mehr Beat’em’up als einfaches Rhythmusspielchen, verlangst du doch die fehlerlose Ausübung einer ganzen Reihe von Tastenbefehlen im richtigen Takt von mir. Und ich gehorche diesem Takt als sei es mein eigener Herzschlag. Und dieses Herz schlägt nur für dich!

Wie durch einen Strohalm saugst du meine Sinne auf und spuckst mir diese vollgepumpt mit unverarbeiteten Eindrücken wieder ins Gesicht. Ein Feuerwerk auf der Iris, ein endloses Rumpeln auf dem Trommelfell, ein Käferbiss, der eine Infektion hinterlassen hat, die auch Wochen später noch auf der Haut brennt. Thumper ist wie kein zweites Spiel in diesem Jahr. Es ist besser. Es ist das beste Spiel des Jahres 2016.