Puyo Puyo Tetris: Was nicht passt, wird passend gemacht!
Kinder vermischen gerne Dinge miteinander, die sie gut finden. Wurstbrot mit Nutella, Dinosaurier mit Indianern und Ungehorsam mit unerschütterlicher Penetran… DU SOLLST INS BETT GEHEN GOTTVERDAMMT, PAPA MUSS NOCH WAS SCHREIBEN!
Wo war ich? Ach ja, Puyo Puyo Tetris knüpft an diese kindliche Freude der Grenzverwischung nahtlos an und haut zwei absolute Puzzle-Glanztaten in den Mixer, um daraus einen zuckersüßen und äußerst sättigenden Smoothie zu zaubern. Tetris ist dabei sicher die in unseren Breitengraden bekanntere Zutat, gilt das Klötzchenstapeln doch spätestens seit dem Erscheinen des Game Boys als eines der prägendsten Spiele der Videospielgeschichte. Doch auch Puyo Puyo blickt mittlerweile auf eine 26-jährige Historie zurück, in der vornehmlich den Japanern vermittelt wurde, in welcher farblichen Reihenfolge sie Jelly Beans schlucken müssen, damit sich deren Kalorien im Magen neutralisieren. Es ist ein sehr spezieller Mix, der drei Jahre nach der japanischen Version nun endlich auch in einer lokalisierten Fassung für die PlayStation 4 und die Nintendo Switch erscheint, von der nach wie vor keiner weiß, wie sie in echt aussieht und die bestimmt auch in wenigen Wochen wieder vom Markt genommen wird, weil die Nachfrage so riesig ist. Nintendo halt.
Zwischen all diesen kunterbunten und an der Grenze zum Unangenehmen strahlenden Farben des Hauptmenüs werde ich zunächst davon erschlagen, wie viele Auswahlmöglichkeiten mir direkt zum Spielstart geboten werden. Neben den zahlreichen klassischen Spielmodi der beiden Einzeltitel, die mein Puristenherz erfreuen, interessiert mich natürlich vornehmlich, wie die beiden Spielkonzepte nun tatsächlich miteinander verwebt wurden. Der VS-Modus ist fürs Erste etwas ernüchternd, weil Tetris und Puyo Puyo einfach nebenher laufen, statt tatsächlich vermischt zu werden. Ich haue die Lines weg, die KI lässt die bunten Tröpfchen platzen und wir schicken uns halt blockierende Stapel nach einer gelungenen Kombo hin und her, bis bei einem von uns beiden die Obergrenze erreicht ist. Ganz nett, aber nicht wirklich kreativ. Beim Swap-Modus wird es dann aber langsam wärmer. Mein welkes Hirn muss sich während einer Partie ständig umstellen, weil nach einigen Sekunden die Spielart wechselt und ich unmittelbar vom lückenlosen Stapeln bei Tetris auf das lückenlassende Treppchenbauen bei Puyo Puyo umschalten muss. Fordernd, aber erst der Fusion-Modus verschmilzt schließlich beide Titel zu einer klebrigen Gameplaymasse, die das titelgebende Versprechen in die Tat umsetzt. Das ist dann zwar chaotischer und schwerer zu durchschauen, aber mit Sicherheit auch lustiger als die anderen Varianten.
Vorbildlich, dass bei einer solchen Zahl an Möglichkeiten auch eine Sammlung von ausführlichen Anleitungen für die einzelnen Modi enthalten ist, denen es jedoch an Interaktivität fehlt. Wer also Lerning bei Tuing (Entschuldigung, aber wir dürfen keine englischen Begriffe benutzen) bevorzugt, dem empfehle ich es mir gleichzutun und sich zunächst dem ausufernden Story-Modus zu widmen, dessen Rahmenhandlung zwar ganz schlimmer Fanfiktion zur geplanten Tetris-Filmtrilogie gleicht, aber der einem gleichzeitig auch einen wunderbaren Überblick über alle Spielarten verschafft.
Natürlich ist es aber auch möglich, sich von wahren Könnern online nach Strich und Faden durchnudeln zu lassen. Oder zu viert im Bus auf die Switch zu starren und gemeinsam zu rätseln, welcher Pixel nun zu wem gehört. Vielleicht macht man letzteres dann doch lieber zu Hause auf einem Großbildschirm. Puyo Puyo Tetris ist auf jeden Fall eines der rundesten, umfangreichsten und ausbalanciertesten Puzzlespiele, an denen ich mich versucht habe. Es kann mich sowohl über mehrere Stunden hinweg als auch in kurzen, schnellen Schüben begeistern und ja, das ist eine Sex-Analogie. Ich werde nun aber nicht weiter vertiefen, wo mein eigenes I-Stück überall war.
(Vertiefen trifft es aber schon ganz gut!)