Alone With You: Wer bin ich – und wenn ja, wieviel Gigabyte?

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Es hatte fast schon etwas rührendes, als Microsofts Forschungsmanager Shahram Izadi im vergangenen Jahr die Möglichkeiten der sogenannten Holoportation demonstrierte und zu diesem Zweck einfach mal seine kleine Tochter als Echtzeit-Hologramm in den virtuellen Raum holte. Während Izadi in dem knapp fünfminütigen Clip sentimental von einem Paradigmenwechsel für die menschliche Kommunikation philosophiert, bekommt der ewige Traum vom Holodeck in Benjamin Rivers Science-Fiction-Adventure Alone With You einen denkbar morbiden Twist. Als einziger Überlebender einer außerirdischen Forschungskolonie bin ich hier nämlich gänzlich darauf angewiesen, mit den als Simulation abrufbaren Hologrammen der längst verstorbenen Besatzung zu kommunizieren. Dabei gilt es nicht nur Hinweise für die Instandsetzung des rettenden Fluchtschiffs zu erlangen, sondern auch die chaotischen Ereignisse rund um den Niedergang der Kolonie zu ergründen.

Alone With You

Alone With You tut erfreulicherweise erst gar nicht so, als könnten irgendwelche jenseitigen Ereignisse für den desolaten Zustand der Terraforming-Anlage verantwortlich sein, sondern kommt in dieser Hinsicht ziemlich schnell auf den Punkt. Es ist vor allem menschliche Fehleinschätzung, die zum Tode unserer emulierten Festplatten-Freunde und all den anderen Koloniebewohnern geführt hat. Dementsprechend befasse ich mich auf meinen Streifzügen durch die Ruinen eher mit den zwischenmenschlichen Befindlichkeiten der Crew und deren Forschungsarbeit, statt Geister respektive Außerirdische zu jagen. Das mag zunächst ein wenig trocken klingen, ist trotz seines klaren Pixel-Art-Bekenntnisses aber erstaunlich dicht und glaubhaft inszeniert.

Es dauert nicht lange, bis ich wirklich wissen möchte, wie der Raketenantrieb meiner Fluchtkapsel funktioniert und was ich für dessen Instandsetzung benötige – wäre nur der Weg nicht so mühsam, der mich zu diesen Erkenntnissen führt. Spielerisch verliert sich Alone With You nämlich rasch in einem allzu vorhersehbaren Rhythmus. Während ich die verschiedenen Einrichtungen tagsüber mithilfe rudimentärer Point-and-Click-Mechaniken nach Hinweisen und Ressourcen für meinen Abgang durchkämme, bespreche ich nachts meine Entdeckungen mit den Hologrammen der vier dahingeschiedenen WissenschaftlerInnen – stets umsorgt von einer mütterlichen AI, die mich so fest an die Hand nimmt, dass mir im Grunde gar nichts passieren kann.

Alone With You

Alone With You kann über seine Dauer von etwa sechs Stunden durchaus etwas zäh ausfallen. Dass es diese Zeit tatsächlich braucht, um sein komplexes Beziehungsdiagramm auszubreiten, wird leider erst sehr spät klar. Denn umso mehr ich über die Freundschaften, Intrigen und Tragödien der Kolonie erfahre, desto packender wird dieses fast schon meditative Erlebnis. So gelingt es dem Spiel tatsächlich, eine gewisse Empathie über das zunehmende Wissen um die tragischen Schicksale der Hologramme zu erzeugen. Wie es sich für gute Science Fiction gehört, stellt Alone With You damit zugleich eine interessante Frage: Was macht den Menschen eigentlich noch aus, wenn seine Persönlichkeit einfach als Backup auf einer Festplatte abgelegt und nach Belieben wiedergegeben werden kann? Die Antwort ist man uns noch schuldig – wenn die Credtis von Alone With You laufen, mehr denn je.