Alphalevel: Papers, Please!

“Congratulations. The October labor lottery is complete. Your name was pulled.”

Stell dir vor, du kontrollierst Pässe an der Grenze zu einem totalitären Zwergstaat, eine Frau tritt an dein vergittertes Fenster heran und sagt: “Ich wurde in die Prostitution verkauft, der Mann da hinten, er schlägt mich und die anderen Mädchen, bitte hilf mir!”, und du hast Mitgefühl. Dann erscheint der Menschenhändler, mit seinem Pass ist alles in Ordnung und wenn du ihm jetzt die Einreise verweigerst, wird dir der Lohn gekürzt und deine Familie hat nichts mehr zu Essen. Was würdest du tun? Fragen dieses Kalibers stellt Papers, Please.

httpvh://youtu.be/_QP5X6fcukM

Papers, Please von Lucas Pope ist genauso ein Passkontrollsimulator wie Cart Life eine Wirtschaftssimulation über Kaffeestände und Bagelbäckereien. Es geht hier wenig um Pässe, sondern um die Menschen und das System dahinter und welche Geschichten man aus Sicht des Grenzbeamten erzählen kann.

Ähnlich wie bei Cart Life ist die Kernmechanik in Papers, Please repetetiv und einfach: Als Ausweiskontrolleur an der Grenze müssen Pässe auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Jeden Tag (und davon gibt es in der aktuellen Beta-Version acht) kommen neue Regeln dazu, die beachtet werden müssen. Dann benötigen Bürger des eigenen Landes zum Beispiel einen zusätzlichen Personalausweis oder Arbeiter eine Arbeitserlaubnis. Beachtet werden dabei die Richtigkeit von Geburtsdaten, Passnummern, Passgültigkeit, Ausstellungsort, Geschlecht, dem richtigen Land und vielen weiteren Faktoren. Die Kontrolle geschieht dabei denkbar umständlich. Das Referenzbuch muss per Maus auf die viel zu kleine Arbeitsfläche gezogen, der Pass genau unter den richtigen Stempel gebracht und die Unterlagen wieder zurückgegeben werden. Papers, Please ist unbequem und das hat einen guten Grund.

Die Herausforderung kommt vor allem vom Zeitdruck. Die Passkontrolle ist von 6:00 Uhr Morgens bis 18:00 Uhr Abends geöffnet. In dieser Zeit müssen so viele Reisende wie möglich abgefertigt werden, Gehalt gibt es nur pro korrekt gestempeltem Pass. Das sorgt für Fehler und Druck und wenn dann ein Reisender entscheidet, lieber zu plaudern statt einfach nur alle Unterlagen bereit zu halten, dann schmerzt jede einzelne Sekunde.

Faszinierend ist hier allerdings eben nicht die Kernmechanik des Stempelns, sondern die Geschichten, die sich daraus entspinnen. Es sind Geschichten von Staaten im Umbruch, von Menschen auf der Flucht, von einem bürokratischen System, das Menschenmaterial erbarmungslos zwischen Paragraphen zermalmt — und all das wird erzählt aus einer Passkontrollbude. Bereits im aktuellen, unfertigen Zustand gehört Papers, Please zu den vielversprechendsten aktuellen Indie-Projekten.

Papers, Please wurde vor kurzem erfolgreich durch Steam Greenlight gebracht. Wer an der Entwicklung interessiert ist, folgt dem TigSource-Forenthread oder Lucas Pope auf Twitter.