Unterwegs mit dem lahmen Arm des Gesetzes.
Miami Vice, Polizeirevier Hill Street, Die nackte Pistole: Die 80er Jahre sind eine goldene Zeit für Polizeidramen mit einem mehr oder minder großen Schuss Humor auf der einen und dem Bemühen um eine realistische Darstellung auf der anderen Seite. Während bereits in derselben Dekade Spiele wie Police Quest vor allem letzteres betonen und den Alltag von Streifenpolizisten und Kommissaren mit relativ düsteren Farben zeichnen, setzt Beat Cop von Pixel Crow auf einen Kessel Buntes und eine überzeichnete, nicht ganz unproblematische Darstellung der 80er Jahre.
Die Polizeisimulation versetzt mich in die Rolle von Detective Jack Kelly, der Zeuge eines Juwelenraubs im Haus eines US-Senators wird, die Diebe jedoch nicht aufhalten kann. Die Folge: Ich werde degradiert, darf mich statt in ein schickes Satinjackett mit aufgerollten Ärmeln in die formschöne Uniform eines stinknormalen Streifencops quetschen und mich niederen Tätigkeiten im wilden Brooklyn widmen. Den Straßenabschnitt, dem mich mein Captain im Revier 69 – was haben wir gelacht – zuteilt, plagen dabei allerlei Probleme. Zwei rivalisierende Banden, die italienische Mafia und eine schwarze Straßengang, kämpfen um die Kontrolle um den Bezirk und Drogenmissbrauch, Vandalismus und Diebstähle sind an der Tagesordnung. Völlig logisch, dass mich das Spiel über die zehn Stunden meines virtuellen Arbeitstages also hauptsächlich damit beschäftigt hält, Strafzettel auszustellen. Egal ob für kaputte Reifen, zerschlagene Scheinwerfer oder einfach nur eine abgelaufene Parkuhr: Fahrlässig agierende Autofahrer sind in Beat Cop augenscheinlich das größte Problem in einer Gegend, in der kriminelle Vereinigungen mehr zu sagen haben als die Damen und Herren in himmelblau. Dabei hätte ich weitaus Besseres zu tun. Denn gelingt es mir nicht, innerhalb eines fest gesteckten Zeitrahmens die gestohlenen Juwelen wiederzufinden, wandere ich im besten Fall in den Knast, im schlimmsten unter die Erde.
Diese durchaus elementare Aufgabenstellung wird jedoch jeden Spieltag von anderen Kleinigkeiten überschattet. Wenn ich keine Parktickets schreiben oder mich mit den Ladenbesitzern auf meiner Straße über Sport und das Wetter austauschen muss, darf ich alte Damen mit Donuts beliefern, muss entlaufene Katzen wiederfinden oder einen russischen Austauschpolizisten davon abhalten, mit seinen Eskapaden den Kalten Krieg zum überkochen zu bringen. Ebenso zum Standard gehören kurze Multiple-Choice-Gespräche, in denen ich mich meistens nur dafür entscheiden kann, Bestechungsgeld oder Aufträge anzunehmen oder abzulehnen. Selten gilt es, wirklich ansprechende Aufgaben zu lösen und selbst diese sind mit ein paar Klicks zu erledigen und lassen mir oft keine Entscheidungsfreiheit. Um einen Journalisten davon abzuhalten, sich selbst anzuzünden, muss ich beispielsweise nur in eine Wohnung, mit drei Klicks Beweise sammeln und einem weiteren einen Anruf aus einer Telefonzelle tätigen.
Das Positive daran: Dadurch, dass das Spiel mich konstant von einem Ende meiner zugewiesenen Straße zum anderen jagt, bekomme ich schnell mit, wie viel Liebe Pixel Crow in kleinste optische Details gesteckt hat. So lässt ein Headbanger zu Chiptune-Metal die Haare in charmanter Pixeloptik aus einem offenen Fenster kreisen, während vom nächsten Balkon ein Vietnam-Veteran von seinen Errungenschaften blökt. Vögel flattern an den Häuserfassaden vorbei, Katzen scharwenzeln zwischen meinen Füßen umher. Die Klingelschilder der Wohnungen tragen bekannte Namen aus der Popkultur der 80er Jahre, und auch zahlreiche kleine Quests spielen auf Film- und Fernsehklassiker wie Wie ein wilder Stier oder Der Prinz aus Zamunda an. Es wird gehupt, es ist laut, kurz: Es ist viel Leben in den wenigen Metern Straßenzug, die mich Beat Cop wieder und wieder ablaufen lässt. Unschön ist allerdings das Zeitmanagement des Spiels, das mich an den meisten Tagen dazu zwingt, relativ sinnlos hin und her zu spazieren, da sich die meisten mir gestellten Aufgaben innerhalb eines halben Tages lösen lassen und Beat Cop ab dann keine wirkliche Beschäftigung mehr für mich bereit hält.
Problematischer wird es allerdings mit der Detailgenauigkeit, wenn Beat Cop sich an der Abbildung gesellschaftlicher Probleme der damaligen Zeit versucht. Rassismus und Sexismus ziehen sich durch sämtliche Dialoge, die Charaktere sind wandelnde, unreflektierte Klischees und dumpfe Abziehbilder bekannter Stereotypen. Natürlich ist der russische Polizist ein Säufer und grapscht Frauen an, natürlich vertickt die schwarze Gang gestohlene Heimelektronik in einem Pfandleihhaus, und natürlich beherrschen die asiatischen Inhaber einer Wäscherei die hohe Kunst, aus Tierhaaren und Sperma Wunderheiltränke zu brauen, bringen aber keinen geraden Satz heraus. Auch Kelly selbst gibt sich, egal ob ich mich entscheide gesetzestreu zu bleiben oder Bestechungsgelder einzustreichen, eher wie ein vorurteilsbehafteter Idiot und hirnloser Rowdy als ein sympathischer Protagonist, dessen Rolle ich gerne einnehme.
Das ist es auch, woran Beat Cop am meisten krankt. Nicht an dem ermüdenden Trott der Falschparkerjagd, nicht an dem mühseligen Mikromanagement des Ansehens bei den unterschiedlichen Fraktionen, nicht an den täglichen Quests, die zwar kurzweilig, aber nie fordernd sind. Dem Spiel gelingt es zu selten, in mir das Bedürfnis auszulösen, Kelly aus seinem Dilemma herauszuholen und seinen Namen reinzuwaschen. Dafür sind die Story zu plump und die Charaktere zu eindimensional. Hochwasserhosen, Leggings und Jeansjacken mögen heutzutage wieder in sein, den zur puren Belustigung breitgetretenen Sexismus und Rassismus hätte Beat Cop besser im passenden Jahrzehnt gelassen.