Pünktlich zum Fest der Geister, Skelette und anderer Gruselgestalten liefert euer
Lieblingsspieleblog feinstes Fürchtefutter, dass euch die Knie schlottern werden!
Buuuh! Pünktlich zu Halloween präsentiert Euch Superlevel zwei stimmungsvolle Gruselindietitel, bei denen Euch die Haare zu Berge stehen werden. Brutaler Splatter oder langsam anschwellendes Grauen, hier gibt’s für jeden etwas. Klickt einfach auf die Klammer mit den drei Punkten – wenn Ihr Euch traut!
Lieber Hendrik,
so hätte ich den Einleitungstext geschrieben, vielleicht noch mit ein, zwei mehr Wortspielen – ich weiß ja, wie sehr du die magst. Aber ich fürchte, dadurch betriebe ich Etikettenschwindel. Denn so groß die Vorfreude bei beiden Titeln war, so schnell stellte sich bittere Ernüchterung ein. Lass mich ins Detail gehen:
Ich weiß nicht, inwieweit du mit der Welt der Brettspiele vertraut bist, aber da spaltete sich die Gemeinde lange in zwei Fronten: auf der einen Seite die Anhänger des Ameritrashs, Spiele mit hübscher Aufmachung, vielen Figürchen, gerne mit Lizenz und Addons. Ihnen gegenüber standen die Freunde des Eurogames: Diese zeichnen sich durch bunte Holzwürfelchen, einem Fokus auf Handel und anderen nichtkriegerischen Handlungen sowie eleganten, entschlackten Regeln aus. Warum ich so weit aushole: Ein Vorwurf, den sich Eurogames immer wieder anhören mussten, ist der, dass ihr Setting meist völlig austauschbar ist, weil keine Verzahnung mit dem Regelwerk existiert. Und genau das kreide ich dem ersten der beiden Titeln, Slayaway Camp, an: Hinter all dem Splattergelumpe (dazu später) versteckt sich nämlich ein Schlitterpuzzle. Kennste? Wie Schiebepuzzle, nur dass deine Figur immer bis zum nächsten Hindernis rutscht? Die fand ich schon bei Professor Layton öde. Wenn schon Figuren schieben und Männchen töten, dann doch lieber Hitman Go. Haha, ich stelle mir gerade vor, dass das die Fortsetzung von Pokemon Go wäre!
Der Reiz des Slasheruntergenres, in dem der Mörder der eigentliche Protagonist ist, liegt ja darin, dass man die Opfer gerne sterben sehen will (dass dies in den meisten Fällen, junge, hübsche Menschen sind, die zusammen Spaß haben, sagt einiges über Autoren und Rezipienten dieses Genres aus). Funktioniert hier aber gar nicht, weil nichts und niemand irgendeine Charaktereigenschaft hat. Merkwürdig, haben sich die Entwickler doch sonst sehr charmant bemüht, möglichst viele Elemente des Genres zu erwähnen.
So interessant die Grundidee ist, den Slasher selber zu spielen, stellte ich mir doch was anderes darunter vor, als meine Spielfigur gegen hilflose Teenieblöcke zu schubsen, worauf diese unter ausgiebigem Blutverlust gen Jenseits verschwinden. Ich hab nichts gegen Splatter, aber hier wirkt er – gerad ob der crossyroadschen Blockgrafik, die jeglichen angenehmen Ekel verhindert (Blutfontänen aus quadratischen Körpern haben einfach nicht die gleiche Wirkung) – fehl am Platze. Splatter um des Splatters willen, wie bei Happy Tree Friends. Zwischen den Levels gibt es ein simples One-Click-Minispiel, mit dem man Geld verdienen kann, um Krams zu kaufen, von dem ich nicht weiß, wozu ich ihn brauchen sollte. Um mich für einen anderen Skin meiner Hauptfigur zu begeistern, ist der erste Schritt, mich für das Spiel zu begeistern. Fans von Schlitterpuzzles können ja trotzdem mal reingucken, weil umfangreich und liebevoll ist’s ja schon. Aber halt null gruselig, und darum sollte es hier ja eigentlich gehen.
Große Hoffnungen diesbezüglich hegte ich für Daily Chtonicle. Als Herausgeber einer Zeitung lovecraftsche Mysterien aufdecken? Ich bin dabei, trotz bizarr furchtbarer programmer art, oder, wie es der Entwickler nennt, einer der Botschaft des Spiels entsprechenden, Science Fiction und Horror kommentierenden Collage aus niedrigauflösenden Schwarzweißversionen von Bildern, die er im Netz gefunden hat.
Was sich schnell herausstellte, ist Folgendes: Zufallsgenerierte Inhalte funktionieren in vielen Bereichen, aber nicht bei Story. Halt dich fest, ich erzähl die schockierende Story, die meine Reporter herausfanden:
Homer Hinton, Quinton Frederick (der kürzlich eine Menge Geld machte), Lourie Harding und Matt Flynn kehrten vor kurzem von einer Reise nach Europa zurück, während Pierre Mclean, Inger Justice und Cecily Miller in einem exotischen Land waren. Letztere steht Matt Flynn näher, als viele ahnen. Lourie Harding, Matt Flynn, Dwayne Tucker, Harrison Cross (der ein paar wirklich zwielichtige Beziehungen pflegt) und Pierre Mclean öffneten vor kurzem ein interdimensionales Portal. Aleisha Mcneil wusste davon und versuchte, Matt Flynn zu erpressen. Pierre Mclean durchsuchte Cecily Millers (du erinnerst dich, die heimliche Flamme von Matt Flynn) Haus, und der Necronom (nein, kein Zug, sondern – wenn man das Bild betrachtet – H.R. Gigers Alien) tötete sie.
Na, hast du dich schon eingenässt vor Spannung? Oder geht es dir wie mir und all das lässt dich komplett kalt, weil wir von keiner der genannten Figuren irgendetwas wissen? Textbausteine erzeugen keine Spannung, und das bloße Erwähnen von Geistern, Kultisten und anderen Dimensionen macht eine Story weder interessant noch gruselig. Gerade bei Horror gilt doch, dass WIE etwas erzählt wird wesentlich wichtiger ist als WAS erzählt wird. Und es hilft nicht, dass man quasi sechs Geschichten gleichzeitig erzählt kriegt, weil jeder Reporter von seinem Mysterium berichtet. Addiert man die mannigfaltigen Schreibfehler und die Tatsache, dass meine Journalisten Gangmitglieder, Kultisten, Zombiemagnaten und Chestbursterballerinas (ich weiß doch auch nicht) besiegten, aber allesamt vor einer Mauer kapitulieren mussten, kommt man schnell zu dem Ergebnis, dass Daily Chtonicle allenfalls Rechtschreibnazis und Koolophophobikern das Fürchten lehren wird. Ich werfe das Handtuch.
Zugegeben: Ich habe beide Spiele lediglich exakt 54 Minuten gespielt, und vielleicht entwickeln die sich ja noch. Aber als erfahrener Spielekenner wusste ich schon nach solch kurzer Zeitspanne, dass sie sich nicht eignen, deinen Lesern eine Gänsehaut zu verpassen. Aber vielleicht kann ich dich stattdessen für They Breathe begeistern? Das hat man in der Zeit, die ich in die anderen Spiele investierte, schon durchgespielt, und es ist tatsächlich gruselig, ganz ohne sich bei bekanntem Genrezeug zu bedienen (wie es Slayaway Camp und Daily Chtonicle mit Slashermovies und Lovecraftzinnober tun). Man spielt einen Frosch (unverbraucht!) und taucht in die Tiefe, um… aber das finde mal schön selber raus! Ist schon etwas älter, aber gerade im Steam-Halloween-Sale. Wenns dir gefällt, schreib doch darüber einen zum Feiertag passenden Text.
Tut mir leid, dass ich dich diesmal enttäuschen musste, aber ich denke, du verstehst, wieso ich dir keine Texte zu den obigen Spielen schicken konnte. Ich hoffe, dass Fabu nicht zu doll schimpfen wird und verbleibe dein treuer Ghostwriter,
Michael Hengst
P.S.: Ich hoffe inständig, dass du diesen Text diesmal wirklich (und rechtzeitig!) liest und nicht einfach ins CMS copypastest. Noch so einen Fehler kannst du dir echt nicht erlauben.