The Loot Castle: Der Talentbaum des Todes
Skelette fristen in zahlreichen Spielen ein trauriges Dasein. Sie dienen zusammen mit Wölfen, Spinnen und Orks als Standard-Gegner, sind mit ein paar Hieben aus den Latschen zu hauen und haben auch sonst wenig zu bieten. Sie sind fleischlose Überreste gewesener Existenzen, gesichts- und damit seelenloser noch als Zombies. Steven Colling hat ein Herz für Skelette. Mit The Loot Castle programmierte er ein Spiel, bei dem es oberstes Ziel ist, eine Burg voller Knochengerüste gegen anstürmende Ritter zu verteidigen.
Während sich Skelette in anderen Spielen darauf beschränken, auf Wiesen und in Wäldern herummarodierende Abenteurer zu überfallen, leben sie in The Loot Castle in einem funktionierenden Sozialwesen. Ihr Schloss besteht aus fünf Räumen: die Kaserne, die Küche, das Labor, der Altar- und schließlich der Thronraum. In letzterem lebt der König. Er darf unter keinen Umständen fallen – stirbt er doch, ist das Spiel zu Ende. Die fünf Räume erfüllen mehr als eine nur dekorative Funktion: Jedem von ihnen ist ein Skill Tree zugeordnet. Gegen ein geringes Entgelt können sich Spieler drei zufällige Skills generieren lassen, die sie dann in besagten Skill Tree einsetzen können – darunter beispielsweise vergiftete Schwerter, bessere Schilde oder eine höhere Regenerationsrate. Zusätzlich lässt sich jeder Skill noch einmal in fünf Stufen aufwerten, die dazu notwendigen Skillpunkte gibts, genau wie die Goldstücke, von getöteten Rittern.
Tatsächlich sind die Skill Trees die einzige Möglichkeit, das Spielgeschehen zu beeinflussen, denn die Skelette kämpfen völlig autark. Daher ist es wichtig, die eingesetzten Fähigkeiten mit Bedacht auszuwählen und aufeinander abzustimmen, die Skelette also beispielsweise entweder zu Offensivkämpfern oder zu guten Verteidigern zu machen. Möglich sind auch Mischstrategien: So können die Skelette in der Kaserne darauf ausgelegt sein, die in Wellen einfallenden Ritter zu vergiften während die Knochengerüste im Altarraum als die letzte Verteidigungsbastion vor dem Thronsaal dienen. Schließlich sind auch die Skills in verschiedene Levels eingeteilt, je höher desto stärker. Zudem gibt es gewöhnliche und seltene – letztere haben selbstredend die besseren Eigenschaften.
Das Regelwerk von The Loot Castle klingt für ein Spiel, das eigentlich nur auf einem quadratischen, wunderhübsch gepixelten Bildschirm stattfindet, recht kompliziert. Als ich mich das erste Mal durch das Tutorial klickte, war ich verwirrt wie ein junges Eichhörnchen. Nach ein paar Minuten empfand ich den Spielfluss dann aber als überraschend eingängig. The Loot Castle lässt sich durch einen Druck auf die Leertaste jederzeit unterbrechen, Skills können in Ruhe gesteigert, gekauft und platziert werden, Hektik kommt nicht auf. Nach ein paar abgewehrten Ritter-Wellen stellt sich ein angenehmes Tower-Defense-Gefühl ein, die Ritter werden immer stärker, die Skelette immer mächtiger, Strategiewechsel werden erforderlich und irgendwann, ganz plötzlich, fällt zum ersten Mal der Skelettkönig. Ein trauriger Moment, hat er doch bis zuletzt gekämpft und haben seine Untertanen doch alles getan um ihn zu verteidigen. Egal. Beim nächsten Durchgang lebt er länger. Ganz bestimmt.