Kickstarter Fundgrube: Jagged Alliance: Flashback, Son of Nor, Among the Sleep, Dog Sled Saga
Auch diese Woche stehen die Videospielprojekte auf Kickstarter wieder auf der Kante zwischen Innovation und Nostalgie. Auf der einen Seite scheinen Projekte sehr oft darauf ausgerichtet, die alten Spiele entweder zu imitieren, neu aufzulegen oder fortzusetzen. Das ist an und für sich eine gute Idee, wird aber denkwürdig, sobald es fast mehr Nostalgietitel zu geben scheint als Spiele aus der tatsächlichen Ära, die hier repräsentiert wird.
Natürlich reguliert die Nachfrage das Angebot, und natürlich bieten solche Titel aufgrund ihrer einfacheren (sprich: billigeren) Technologie einen guten Einstieg für neue und unabhängige Studios — und ich nehme eine gute Fortsetzung eines geliebten alten Spieles alle Tage über eine weitere schlechte Filmumsetzung. Trotzdem werden mir inzwischen die neuen Ideen immer lieber. Sicher, sie sind oft reichlich seltsam bis kaum praktikabel. Trotzdem finden sie auf diesen Crowdsourcing-Plattformen wiederholt großen Anklang, oft gerade aufgrund ihrer leichten Absurdität. Und ob sie scheitern oder nicht — wir lernen immer etwas Neues von ihnen.
Jagged Alliance: Flashback
Jagged Alliance: Flashback ist für viele eine der langersehntesten Fortsetzungen überhaupt und verspricht die Rückkehr zu den Wurzeln der Serie, mit tiefgängiger Strategie und Taktik sowie Rollenspielelementen und interessanten Charakteren.
Der Entwickler Full Control hat die Rechte der Jagged Alliance-Marke erworben und will nun die Serie fortsetzen und dabei dem Original so treu wie möglich bleiben. Spielerisch wird der neue Teil aus zwei Ebenen bestehen: Die taktische Ebene besteht aus den bekannten rundenbasierten Kämpfen in isometrischer Ansicht, in der die Steuerung der Söldnergruppe, die Nutzung von Deckung in den mehrstöckigen Leveln und das Ausmanövrieren von Gegnern im Mittelpunkt steht. Waffen und Charakterattribute beinflussen die Leistung der Söldner im Kampf, die Erfahrung gewinnen um im Level aufzusteigen und deren Tod permanent sein wird. Die Strategie-ebene besteht aus der Verwaltung der Basis. Im Hauptquartier werden Missionen ausgewählt, Ressourcen verwaltet, Soldaten rekrutiert, ausgerüstet und ausgebildet.
Inhaltlich spielt Flashback wieder in der Ära des Kalten Krieges und behandelt die Ereignisse, die zu der Gründung der Söldneragentur A.I.M. führten. Im Auftrag der CIA kämpfen wir gegen Russen um eine strategisch bedeutsame Insel und versuchen, die Eskalation zwischen Russland und Amerika zu verhindern. Wie im Original auch liegt hier besonderer Fokus auf interessanten und denkwürdigen Charakteren.
Zu meiner großen Überraschung ist das Ziel des Projektes noch nicht erreicht. Auch wenn hier relativ viel Geld gefragt ist, sollte die Fortsetzung einer so bedeutsamen Serie doch eigentlich bei genug Leuten Anklang finden. Es ist allerdings noch genug Zeit, um optimistisch zu sein.
Son of Nor
Son of Nor ist ein geplantes Actionspiel, in wir uns einen Weg eine Wüstenwelt bahnen sollen, die durch die Magie des Spielers geformt wird.
Entweder alleine oder im Koop-modus mit bis zu vier Leuten schlagen wir uns hier durch eine Wüste voller Feinde. Der kreative Einsatz des Magiesystems wird für die Kämpfe wichtig sein, aber auch zum Rätsellösen, zur Erkundung der Welt und zum Überwinden zahlreicher Terrainhindernisse. Es beinhaltet Fähigkeiten wie Telekinese, um Leuten ihre Umwelt an den Kopf zu werfen, Terraforming, um diese Umwelt umzugestalten sowie die übliche elementare Magie, die effektvoll zu kombinieren sein wird. Weiterhin soll es auch Bosskämpfe mit Rätselelementen geben, die vom Spieler eine hohe Kombinationsgabe verlangen, und die Physik des Spiels wird sowohl im Kampf als auch in den Rätseln eine zentrale Rolle spielen. Inhaltlich sieht das Ganze bislang noch ein bisschen wie Fantasy-Standard aus. Ausgerüstet mit der Segnung einer Gottheit müssen wir die Menschheit retten. Aber die Kombination aus Koop und Terraforming klingt grundsätzlich interessant, auch wenn alle als erstes versuchen werden, ihre Mitspieler einzubauen.
Among the Sleep
Among the Sleep wird ein Spiel über ein Kleinkind in einem Alptraum. Wer sich gerne nochmal vor der Waschmaschine im Keller fürchten möchte, ist hier anscheinend richtig aufgehoben.
Spieler werden in der Egoperspektive die unheimliche Umgebung aus der Perspektive eines Kleinkindes erkunden, zuerst die Traumversion des Elternhauses, dann zunehmend fremdartigere Umgebungen. Naturgemäß wird es keine Kämpfe geben, sondern nur wackliges Davonlaufen und Verstecken, denn Traum oder nicht: Die Monster scheinen eine echte Bedrohung zu sein. Darüber hinaus wird es wohl auch leichte Rätselelemente geben, die sich oft darum drehen, dass selbst das Durchqueren eines Hauses für einen Zweijährigen durchaus schon herausfordernd ist. Im Fokus steht die Atmosphäre und Ästhetik der Welt, die eine Kombination aus kindlicher Perspektive und Vorstellungskraft sowie der Surrealität und Bedrohlichkeit von Träumen darstellen wird.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Projekten ist diese Idee wirklich mal etwas Neues und erscheint fast naheliegend für ein Survival-Horrorspiel. Schließlich geht es bei jenen hauptsächlich darum, in einer fremden und bedrohlichen Welt zu überleben und sich dabei nur auf die eigene Hilflosigkeit verlassen zu können. Alles Themen, die in diesem Projekt sehr vielversprechend verarbeitet aussehen.
Dog Sled Saga
Dog Sled Saga wird ein Rennspiel mit Hundeschlitten und einer potentiell interessanten Taktikkomponente.
In diesem Spiel geht es um die Verwaltung eines Hundeschlittenteams und dem anschließenden Absolvieren von Rennen. Die individuellen Hunde haben jeweils eigene Persönlichkeiten, Fähigkeiten und Stärken und werden mit Hunger langsamer, sodass sie im Verlauf des Rennens mit Futter versorgt werden müssen. Unterwegs auf der zufällig generierten Strecke gibt es diverse Hindernisse und Gefahren. Im Managementteil investiert man dann gewonnene Preisgelder in neue Hunde, höhere Ligen und Verbesserungen des Schlittens. Außerdem müssen die Hunde gepflegt und Sponsoren gewonnen werden. Das Spiel soll sehr taktisch werden, von der Verwaltung des Teams bis zu dem strategischen Einsatz aller Möglichkeiten auf der Strecke selbst.
Das Unterstützungsziel war verhältnismäßig bescheiden und ist bereits überschritten worden. Das Konzept erscheint grundsätzlich recht simpel, ist aber etwas Neues und könnte durchaus taktisch anspruchsvoll gestaltet werden.
The Realm Game
The Realm Game spielt in der weit entfernten Zukunft, wo die Magie in die Welt zurückkehrt.
Der Entwickler plant, das klassische Point’n’Click-Adventure zu modernisieren, indem er die komplizierten Inventare und obskuren Puzzle entfernt und durch intuitives Design ersetzt. Auch wenn ich die absurderen Rätsel des Genres vielleicht nicht vermissen werde, frage ich mich doch, ob die Vereinfachung von Rätselspielen nicht am Sinne des Erfinders vorbeigeht. Wenn davon die Rede ist, Spiele an die Erwartungen moderner Zeiten anzupassen, werde ich schnell skeptisch. Interessant ist das Ganze aber dennoch, nicht zuletzt wegen dem postapokalyptischen Setting, in dem es weit mehr Grün geben wird als üblich, mit starkem Fokus auf das visuell interessante Design der Welt. Das Ganze spielt in der fernen Zukunft, wo die Natur den größten Teil des Planeten zurückerobert hat, die Menschen in pre-industriellen Verhältnissen leben und Gerüchte um die Rückkehr der Magie umgehen. Gespielt werden hier zwei sehr ungleiche Protagonisten, die ihre Fähigkeiten kombinieren müssen, um mit der Umwelt, den Kontextmenüs sowie freundlichen und feindlichen Gestalten fertig zu werden.
Ich für meinen Teil spiele gerne noch ein Point’n’Click-Adventure und interessante Postapokalypsen gehen eigentlich immer. Die Kombination aus hochgesteckten Zielen und mäßiger Begeisterung beim Publikum könnten es aber trotzdem noch reichlich knapp werden lassen.
A.N.N.E.
A.N.N.E möchte die prägenden Spielstile der 8- und 16-bit-Ära in diesem niedlichen Pixelartabenteuer kombinieren.
Auf ersten Blick sieht das Spiel aus, wie ein herkömmlicher Metroidvania-Plattformer, erweitert das Konzept aber durch eine Flugoption. Wir können also entweder zu Fuß unterwegs sein oder mit unserem großen Raumschiff die Welt erkunden, was beides seine Vor- und Nachteile mit sich bringen wird und teilweise kombiniert werden muss, um Hindernisse zu überwinden. So legt uns das Spiel zum Beispiel Physikobjekte in den Weg, die das Raumschiff beseitigen kann, aber zu Fuß sind wir kleiner und kommen durch engere Stellen. Darüber hinaus wird es auch Rollenspielelemente geben, durch die die Figur Erfahrungspunkte sammelt, die sowohl für besondere Fähigkeiten und Verbesserungen als auch für Ausrüstung für die Figur und das Schiff ausgegeben werden können.
Die Grafik ist im recht hübschen 16-Bit-Stil gehalten, und es wird mehr Wert auf die Qualität des Designs gelegt als auf teure Effekte. Dies ist prinzipiell lobenswert, wenn es nicht das Ziel ungewöhnlich hoch erscheinen lassen. Nicht, dass das noch wichtig wäre, jetzt wo das es bereits erreicht ist.
Gewinner, Verlierer, lobende Erwähnungen
Einer der interessanteren Gewinner dieser Runde ist Welcome to Boon Hill, ein Spiel über das Lesen von Grabsteinen. Es wird keine Gefahren, Kämpfe oder geschweige denn ein Ende geben, dafür aber viele Geschichten, die von dem Friedhof selbst erzählt werden. Anscheinend hängen viele der Gräber auf rätselhafte Weise zusammen und das Mysterium des Dorfes ist vielleicht über seinen Friedhof lösbar.
Ebenfalls erfolgreich war Doomworks, ein Kartenspiel um das Bauen einer Weltzerstörungsmaschine. Als Wissenschaftler sammeln die Spieler hier Komponenten, die die Maschine voran bringen oder Effekte auf Mitspieler haben. Das Ziel ist es, die eigene Maschine fertigzustellen, Mitspieler zu sabotieren und am Ende natürlich die Welt zu zerstören.
Road Redemption ist jetzt auch unterstützt und wird ein Motorradrenn- und Kampfspiel, in dem es nicht nur darum geht, die Strecke zu absolvieren, sondern auch dafür zu sorgen, dass die Mitspieler das Ziel nie erreichen. Hier soll die Tradition der Road Rash-Spiele mit moderner Grafik und Physik wiederbelebt werden.
Nicht erfolgreich war leider Netherworld. Es sollte ein abstraktes Rogue-like mit Erkundung und taktischen Kämpfen in einer prozedural generierten Welt werden, in dem es Rätsel zu lösen, Ressourcen zu sammeln und Kräfte zu verbessern gegeben hätte. Das neuartige Design hat dieses Projekt interessant gemacht, aber leider nicht interessant genug für Unterstützer.
Von unseren Kandidaten der vorletzten Woche konnten Chasm, Camelot Unchained und Gaming in Color erfolgreich finanziert werden.
Unsere Augen können natürlich nicht überall sein. Solltet ihr also bei Kickstarter oder anderen Crowdfunding-Plattformen auf spannende, gaming-relevante Projekte stoßen, schickt uns doch bitte eine oder informiert uns via Twitter.