N++: Grau in Grau
Laufen. Springen. Schneller laufen. Höher springen. Mit gerade mal zwei Richtungen und einer Aktion lässt N++ selbst die meisten Arcade-Automaten so kompliziert wie Kampfjets aussehen. Als Strichfigur, die auf einigen Bildschirmen wohlwollend als Ninja bezeichnet wird, sprintet man gegen die Uhr durch abstrakte Level, sammelt Münzen ein und weicht Minen, Raketenwerfern und Laserkanonen aus. Aber wem erzähle ich das eigentlich: N, das nun schon einige Jahre auf dem Buckel hat, ist nicht gerade unbekannt und noch dazu Freeware. Am Spielprinzip hat sich in den letzten 11 Jahren und 3 Iterationen praktisch nichts geändert und man kann eine sehr weit gefasste Demo von N++ im Browser spielen.
Lange bevor Leute darüber philosophierten, warum Super Meat Boy als superschwerer Platformer funktioniert, war das perfekte Anschauungsmaterial schon da, nur eben weniger bunt und weniger blutig, dafür mit mehr herumfliegenden Körperteilen. N++ ist immer noch eines der am leichtesten zu verstehenden Spiele, es ist immer noch hochpräzise zu steuern und durch einen Fehler verliert man immer noch fast nichts, gewinnt aber viel Erkenntnis dazu. Und Raum für Erkenntnisgewinn gibt es viel, denn hinter den drei Tasten versteckt sich dann zwischen Walljumps, Boosting, Fallschaden und Kollisionen eben doch unendlich viel Komplexität.
Immer, wenn ich ein Kapitel abgeschlossen habe, schaue ich mir die Wiederholung der oder des Weltranglistenbesten an und denke mir “… oh!”, wenn ich gerade neue Herangehensweisen an Hindernisse, Leveldesign oder das Physiksystem an sich gelernt habe. Davon, Spiele auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad durchzuspielen, komme ich immer weiter ab – irgendwo im Alltag vor der Tür werde ich schon genug Widerstände zum Überwinden finden – aber N++ schafft es immer noch, den Perfektionisten in mir nach außen zu kehren und dann schere ich mich plötzlich sogar wieder um Bestzeiten und Platzierungen.
Alles drumherum wurde auf ein minimalistisches Niveau reduziert: Grafik, Menü, sogar die Musik. Wo es schon immer wenig zu sehen gab, gibt es jetzt nur noch Vektorgrafik und große, farbige Flächen. Über Geschmack würde ich jederzeit streiten und ich behaupte, dass die Reihe noch nie so hübsch war, aber objektiv und hoffentlich ohne Gezanke können wir uns hoffentlich darauf einigen, dass die Level dadurch noch ein klein wenig übersichtlicher und durchschaubarer geworden sind. Was man von der Bedienung abseits des Ninjas leider nicht behaupten kann. Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt alle Menüs gefunden habe und ich war kurz überzeugt, die Tasten meiner Tastatur seien falsch angeordnet, als ich versuchte mit dieser durch die Highscores zu navigieren, aber immerhin habe ich es geschafft, das Farbschema so oft zu ändern, dass ich überzeugt sagen kann, dass die Standardfarben die schönsten sind.
Ich würde gerne wenigstens ein einziges Mal völlig unironisch sagen: Fans greifen zu, alle anderen spielen Probe. Denn das ist wirklich schon alles, was ich zu N++ hätte sagen müssen. Wie der Name bereits impliziert, ist es einfach mehr N. Es gibt neue Level, über die ich mich freue und neue Features, die ich eigentlich nicht gebraucht hätte. Wer N schon mochte, wird N++ immer noch mögen. Wer N nicht kennt, hat praktisch keine Ausrede, es nicht in einem geeigneten Moment in der näheren Zukunft auszuprobieren. Und wer N gehasst hat… ihr kennt die Antwort sicher selbst.