Random Encounters: Rinse and Repeat
Die Kunst des Wartens ist eine allmählich aussterbende. Immer seltener stehen wir, bedingt durch die ständige Verfügbarkeit von Unterhaltungsmedien, durch ÖPNV- und Dating-Apps, vor der Alternativlosigkeit des Ausharrens, des Sehnens, der vermeintlichen Stagnation. Alles ist auf Abruf bereit, eine schier unendliche Auswahl von Spielen und Spielgefährt_innen, vor allem dem Internet sei’s gedankt.
Mit Rinse and Repeat versucht Robert Yang, dem etwas entgegenzusetzen. Denn die homoerotische Duschsimulation folgt einem Zeitplan und nur jene, die sich danach richten, werden in den Genuss einer intimen Begegnung kommen: Mit einem sonnenbebrillten Hünen, der stets nach dem Sport lässig in den Umkleidebereich schlendert, um dort nonchalant um Hilfe bei der Körperpflege zu bitten. Trifft man indes zu spät ein, wird der Angebetete entweder durch Abwesenheit glänzen oder empört fragen, wo man denn geblieben sei, um danach prompt zu verschwinden.
Nur, wenn man am richtigen Tag zur richtigen Zeit bereits sehnlich lauernd in der Dusche steht, darf man dem Muskelprotz mal den Rücken, mal die Achseln und mal den Hintern schrubben, während er den Prozess kommentiert und abschließend mit einer Prozentwertung resümiert. Wäscht man zu zögerlich oder zu hektisch, verlässt man das markierte Areal auf dem Körper oder tut gar nichts, reagiert der Duschpartner entsprechend grantig – folgt man seinen Wünschen genau, seufzt er hingegen zufrieden und bittet darum, fortzufahren. Das kann man jedoch nicht konsequent bis zum ersehnten Höhepunkt. Stattdessen bedankt sich der frisch Geduschte nach einer Weile und verweist auf eine mögliche, nächste Begegnung, die man wiederum herbeiführen oder vielmehr abwarten muss.
Nachdem Robert Yang in Hurt me Plenty die Spielenden in eine dominante Rolle versetzte, kippt er das Machtgefälle diesmal in eine andere Richtung. Sie unterwerfen sich nun sowohl dem Partner als auch dem Spiel selbst, das durch seine integrierte Wartemechanik Geduld erzwingt. Laut Yang ist das Warten ein essentieller Bestandteil sexueller Kontakte: Sei es, weil man sich bis zur Hochzeit in Geduld üben möchte, weil der Menstruationszyklus nicht mitspielt oder weil man schlicht gerade keine Lust hat. Dieses Ausharren aber ist keineswegs nur eine Last. Es ist notwendig, um Erwartungen zu schüren, Vorfreude zu ermöglichen und schließlich auch Intimität entstehen zu lassen.
Überspringt man diesen Schritt, fühlt sich die Interaktion womöglich monoton und seelenlos an, beim Sex wie auch im Spiel. Und genau so empfand ich die Begegnungen unter der Dusche, das Einseifen, die Momente danach. Denn ich hatte keine Zeit. Ich konnte nicht bis zum nächsten Tag warten, weil dieser Text verfasst werden musste, und habe deshalb eine mechanische Lösung gewählt, um zu einem mechanischen Ergebnis zu gelangen. Ich habe mich der besonderen Wirkung dieses Erlebnisses beraubt. Rinse and Repeat birgt, wie alle Werke Robert Yangs, weit mehr in sich als die Reproduktion homosexueller Stereotype, und diesmal sogar einen Moment der Selbstreflexion. Kann ich dem Spiel – oder, im übertragenen Sinne, meinem Partner – die verdiente Aufmerksamkeit zukommen lassen? Und wenn nicht, warum? Vielleicht sollte ich etwas ändern, wenn kein Raum mehr für Intimität bleibt – und sei es mit dem brustbehaarten Bro nach der gemeinsamen Doom-Pilates-Session.
Das Spielen wird zur Herausforderung, wenn die ersehnte digitale Liebschaft nicht mehr kontinuierlich an einem Fleck ausharrt, sondern ein Eigenleben entwickelt und Anpassung erfordert. Dieser Bruch mit den Konventionen allerdings ist ein sehr wichtiger Punkt auf dem Weg zu einer authentischeren Darstellung von Romantik. Und vielleicht regt er dazu an, sich wieder für die Schönheit des gelegentlichen Stillstands zu sensibilisieren.