The Lost Levels: 05/2013

Werte Zielgruppe, es folgt eine wichtige Botschaft: Durch die erfolgreiche Umsetzung der Superlevel-Weltherrschaftspläne — es sei an dieser Stelle kurz der journalistische GDC-IGF-Feldzug des Imperators Kogel sowie die Auskundschaftung des A MAZE-Gebietes durch mehrere Superblogsoldaten genannt — stapelt sich im Bürokratiekeller der Stapel an zu erledigenden Aufgaben. Spiele wollen getestet und wichtige Ereignisse recherchiert werden, doch es fehlt uns allen an Zeit. Daher gibt es jetzt für die interessanten Perlen der digitalen Spielekultur, die nur sporadisch in unseren Blick gerieten, einen monatlichen Kurzauftritt im Superlevel-Rampenlicht: Willkommen bei der neuen Artikelreihe The Lost Levels.

Richard & Alice (PC)

Das in einem Gefängnis angesiedelte Adventure Richard & Alice versucht eine ernste, erwachsene Geschichte mithilfe tiefer Verzweiflung, zerreißender Dilemmata und verborgenen Geheimnissen zu erzählen. Die Jahreszeit der herunterfallenden Pixelschneeflocken verstärkt dieses Motiv. Viele SpielerInnen haben sich bislang begeistert gezeigt, RPS-Autor John Walker beschrieb es als incredibly moving und auch der Trailer macht Lust auf mehr. Wer sich selbst ein Bild davon machen möchte, kann entweder die Demo-Version ausprobieren oder aber für 5,99 US-$ die Vollversion über Desura, IndieCity oder gog beziehen.

Actual Sunlight (PC)

Noch düsterer als in Richard & Alice geht es jedoch in Actual Sunlight zu. In diesem Hybrid aus interaktiver Geschichte und Adventure werden SpielerInnen in die Lage des jungen Evan Winters versetzt. Die narrativen Grundmotive — Depression, Liebe, Suizidgedanken — führen uns durch drei Etappen seines Lebens; weniger um Spiel zu sein, sondern eher um eine kraftvolle Erfahrung und Gedanken auszulösen. Actual Sunlight kann derzeitig kostenlos heruntergeladen und ausprobiert werden. Aber Achtung: Dies ist ganz sicher nichts für sehr emotionale, zartbesaitete Personen (egal wie niedlich die Grafiken auch wirken möchten).

Dominique Pamplemousse (PC/Mac/iOS)

“It’s All Over Once The Fat Lady Sings!”

Apropos Niedlichkeit: Schon mal über die Anschaffung eines Musical-Detektiv-Spiels mit Stop-Motion-Animationen nachgedacht? Ja? Wunderbar, denn mit Dominique Pamplemousse bietet sich nun die wohl beste Chance überhaupt für solch einen Kauf. Für gerade mal exakt 3,91 Euro (Windows/Mac) oder 4,99 US-Dollar (iPad) lässt sich dieses Schmuckstück erwerben. Wer jedoch skeptisch ist, kann einfach mal die Online-Demo probieren. Rangierend zwischen minimalistischen Farbkontrasten und einer irgendwie schrillen Charakterpalette erweckt Dominique Pamplemousse schließlich den Eindruck, dass es aus den Hirnwindungen eines kriminalitisch interessierten Klons von Tim Burtons entsprungen sei — die Wahrheit ist jedoch eine ganz andere.

Seyken: Crystal Kingdom (Browser)

Das an alte J-RPG erinnernde Online-MMORPG Seyken: Crystal Kingdom hingegen zeigt eher solide Hausmannskost statt Neuerungen, worin auch das Scheitern der dazugehörigen Indiegogo-Kampagne erklärbar wäre. Alles ist zwar ganz hübsch gemacht, aber so richtig neu wirkte nichts. Möglicherweise ließe sich dieser Verdacht aber durch den Einstieg in die öffentliche Beta-Version beseitigen. Aber wahrscheinlich nicht.

Versu (iOS)

Auch das Text-Adventure Versu aus dem Hause der Second Life-Macher Linden Lab versucht mit Innovationsversprechungen einen neuen SpielerInnen-Markt abzugreifen — und scheinbar mit Erfolg. Durch den Einsatz einer social A.I. sollen äußerst vielschichtige und somit intensivere Spielerfahrungen als in sonstigen bekannten Genrevertretern möglich werden. Da ich allerdings ein überzeugter Gelangweilter bin, was 99 Prozent aller Text-Adventures der ganzen Welt angeht, betrachte ich diese Selbstanpreisungen eher skeptisch.

The Last Door (Browser)

Da finde ich als Horrorgeschichte das Episoden-Spiel The Last Door schon wesentlich interessanter. In purer Gruselblockatmosphäre soll in mehreren Kapiteln die Geschichte eines gebildeten Engländers aus dem späten 19. Jahrhundert erzählt werden, der einen Brief mitsamt einem bislang noch unbekannten Auftrag erhielt. Ohne bislang noch genauere Hinweise gefunden zu haben, wirkt The Last Door jetzt schon interessant — ich empfehle euch einen intensiveren Blick auf die Homepage sowie einen Blick in das spielbare Teaser-Häppchen. Diesen Mai soll auch das erste Kapitel namens The Letter kostenfrei spielbar sein.

Waiting for Horus (PC/Mac)

Ebenso unbekannt wie die Handlung in The Last Door ist auch die Ortschaft, in der Waiting for Horus verwurzelt ist: Man findet hier einen recht abstrakt gestalteten Shooter, der mit vergleichsweise harten geometrischen Formen aufwartet. Das Spiel war mir bislang völlig unbekannt, doch auf der Facebook-Seite kann man schon seit fast einem halben Jahr die Weiterentwicklung mitverfolgen. Eine richtige Faszination kann ich dem persönlich nicht abgewinnen, aber es sieht nach einem netten Zwischendurch-Spielchen aus. Keine Hintergrundgedanken, keine tiefere Absicht, einfach nur ein bisschen Spaß.

Tax Evaders (Flash)

Ernst meinte es hingegen Tax Evaders, der eine Art politisch motivierten Space Invaders-Klon darstellt. Pünktlich zu den Offshore-Leaks, bei denen die Kapitalflüsse von global agierenden und erfolgreichen Unternehmen aufgedeckt wurden. Tax Evaders bietet also nicht einfach nur belanglosen wiedergekäuten Retro-Flair, sondern versucht aktiv politisch zu wirken.

Mayhem Triple (PC)

Mayhem Triple hingegen ist komplett auf sich selbst bezogen und braucht keinen Verweis auf die Realität. Ein herumfliegender Metallpenis, schwer bewaffnete Killerhäschen und illegaler Waffenhandel sind die drei Sachen, die mir auch noch nach zwei Stunden nach dem ersten Ansehen des Trailers im Kopf herumwuseln. Diese ganzen Elemente werden in einen äußerst schnelllebigen und bunten Plattformer zusammengebündelt, der dazu noch kostenlos heruntergeladen werden kann. Nicht überzeugt? Ich wiederhole noch ein letztes Mal: Metallpenis.


Die hier aufgeführten Spiele sollten ursprünglich in einzelnen Artikeln besprochen werden, doch leider kam es aus Zeitgründen nicht dazu. In der monatlichen Serie The Lost Levels präsentieren wir diesen ‘Überschuss’ in Kurzform, damit die geleistete Vorarbeit nicht umsonst war. Außerdem wäre es schade, euch die geplanten Themen gänzlich vorzuenthalten.