The Tallest Building: Abstrakte Akrophobie

The Tallest Building

Immer wenn ich einen der alten Star Wars-Filme sehe, frage ich mich, wer eigentlich der Architekt des Imperiums gewesen sein mag. Zwar hat er einen imposanten Todesstern erschaffen – Sicherheitsmaßnahmen sucht der kritische Stormtrooper aber vergebens. Die Techniker stehen beim Abschuss des Superlasers direkt daneben, Müllschächte werden vor ihrer Aktivierung nicht auf etwaiges Leben überprüft und es gibt nirgendwo Geländer, weshalb die Menschen häufig in bodenlose Abgründe stürzen. Für die Dramaturgie eines Films können solche Abgründe freilich nützlich sein. Dass sie einmal mehr auch als wesentliches Gameplay-Element in Videospielen funktionieren, demonstriert Entwickler Andrei Mishanin in The Tallest Building.

Ich steuere darin ein kleines Rechteck, das auf dem Dach eines unbekannt hohen Wolkenkratzers steht und sich dort gegen andere Rechtecke zur Wehr setzen muss. Selbige treten in Wellen auf, hinterlassen bei ihrem Ableben kleine Gesundheitspakete und kommen aus allen vier Himmelsrichtungen. Das trägt vor allem deshalb sehr zur Dramatik bei, weil der Platz, der mir für Ausweichmanöver bleibt, auf einem Hochhaus-Dach naturgemäß gering ist. Zunächst bin ich nur mit Schwert und Schild bewaffnet, nach der fünften Welle kommt jedoch die erste Schusswaffe ins Spiel, ich muss also nicht mehr nur auf meine Lebensanzeige achten, sondern auch auf den Munitionsvorrat – und auf den Rückstoß meiner Waffe, denn der nächste Abgrund ist nicht weit.

Mit seinem animierenden Elektrosoundtrack und seinen knallbunten Discokugel-Farben mag The Tallest Building zunächst wie ein kopfloses Actionsspektakel wirken. Das Spiel, das im Rahmen des Cyberpunk Jam entstand, ist durch wildes Herumgeklicke allerdings nicht lösbar. Stattdessen kommt es darauf an, sich zu merken, wie die Gegner agieren und mit dem Schild im richtigen Moment ihre Geschosse zu reflektieren, um sie dann einen kurzen Moment später vom Hausdach zu blasen. Ein spezieller Dash, bei dem das Spielerquadrat auf den Gegner zustürmt, kann dabei helfen – birgt aber seinerseits wieder die große Gefahr, durch Unachtsamkeit selbst herunterzufallen. Gefragt ist also eine Mischung aus genauem Timing und Strategie – und die Überwindung der Angst vor dem Fallen. Vielleicht werden Geländer aber auch einfach überbewertet. Eigenverantwortung ist eben groß im Kommen.