Toybox Turbos: Micro Machines HD

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Der Startschuss fällt und mein roter Miniatur-Linienbus rast los. Quer durch die Küche geht das Rennen, vorbei an einem Spielzeug-Taxi, das ich beim Überholvorgang über die Kante des Frühstückstisches in den Abgrund ramme. Das Feld drängelt sich in den Toaster, deralle qualmend durch die Luft katapultiert. Auf der anderen Seite gelandet geht es weiter, vorbei an rutschigen Milchpfützen und genau auf der Ideallinie an den Flamme des Gasherds vorbei. Mit einem Hammer bewaffnet zerlege ich meine Konkurrenz in ihre Einzelteile, durchbreche eine Barriere aus Zuckerwürfeln und schummele mich so als Erster über die Ziellinie. So etwa spielt sich ein Rennen in Toybox Turbos ab.

10 Jahre ist es her, dass das letzte Micro Machines erschien. Codemasters neues Spielzeugauto-Rennspiel ist zwar keine wirkliche Fortsetzung, aber steht doch unverkennbar im Verbindung mit Serie. Wer schon einmal Micro Machines gespielt hat, bei dem wird Toybox Turbos sofort ein vertrautes Gefühl der Nostalgie auslösen. Von der schräg von oben auf das Geschehen blickende Kamera bis zum Fahrgefühl der Spielzeugautos scheint kaum Zeit vergangen zu sein. Das bedeutet aber auch, dass es keine Überraschungen gibt. Wer schon einmal Micro Machines gespielt hat, denn selbst die geheimen Abkürzungen vorbei an Spielzeugsoldaten und quer über Billiardtische führenden Strecken sind noch genau wie damals.

Dass Toybox Turbos eher wie ein HD-Remake der Klassiker als ein Reboot wirkt, dürfte niemandem auffallen, der diese nicht kennt. Es macht vielleicht nicht vieles neu, aber mit seinen schnellen und bunten Rennen trotzdem – oder gerade deshalb – immer noch viel Spaß. Was allerdings auf der Strecke bleibt, ist der verrückten Charme der Originale. Toybox Turbos hat wenig eigenen Charakter. Alles ist etwas zu abgeschliffen, zu generisch — von der Musik, die zum einen Ohr rein und zum andern heraus geht, bis zum Fuhrpark, der sich größtenteils sowohl optisch als auch von der Steuerung zu wenig unterscheidet. Statt einer diversen Truppe an Rival*innen, deren Fahrzeuge schon am grellen Farbschema zu erkennen sind, fahren ich nur noch gegen farblose Spielzeugautos. Eine liebevoll synchronisierte Fahrschule, in der die Steuerung erklärt wird, fehlt. Und statt stolz mit meinen freigespielten Karosserien zum nächsten Spielmodus zu fahren, gibt es nur ein ganz normales Auswahlmenü. Auch wenn die Rennen sich noch so gut wie früher fahren, habe ich doch eher das Gefühl, einen hochwertigen Klon zu spielen, als einen wirklich originellen Nachfolger.

Die einzigen Momente, die sich wie wirkliche Herausforderungen anfühlen, sind die Endbosse am Ende jeder Rennserie. Außer sammelbaren Münzen und freischaltbaren Fahrzeugen gibt es sonst, trotz der verschiedenen Modi, wenig Abwechslung. Die Rennen in den verschiedenen Varianten des Einzelspieler-Modus sind auch für weniger geübte Fahrerinnen und Fahrer keine all zu große Herausforderung und so finden sie sich wohl schnell im Multiplayer-Menü ein. Online stieß ich am PC allerdings öfter auf leere Lobbies. Wer sich stattdessen ein paar Bekannte einlädt, sollte am Besten gleich drei davon vor den Bildschirm holen. Da immer nur der “Elimination”-Modus zur Auswahl steht, sind die K.O.-Runden zu zweit oft zu kurz, um für mehr als ein paar Rennen am Stück zu begeistern. So bleibt Toybox Turbo eher ein kurzweiliger Spaß für zwischendurch, als eine ernsthafte Konkurrenz für Party-Spiele wie Mario Kart.

Toybox Turbos

Wenn ich meine Augen ein wenig zukneife, könnte ich vermutlich nicht einmal genau sagen, ob ich gerade Micro Machines oder Toybox Turbos spiele. Das sind gleichzeitig die Stärke und das Problem. Da die Auswahl leicht zugänglicher Rennspiele auf dem PC aber schon immer eher begrenzt gewesen ist, bietet Toybox Turbos trotzdem eine erfreuliche Abwechslung. Das Spielgefühl ist immer noch frisch wie eh und je – wenn Codemasters sich entscheidet, die Serie fortzusetzen und mit neuen Ideen zu erweitern, dann könnte daraus mehr als ein nostalgisches Häppchen werden. Die Grundlage dafür haben sie bereits gelegt.