Zum Heulen: Woolfe – The Red Hood Diaries
Wenn es ein Genre gibt, das dazu einlädt, “dark and gritty” neuinterpretiert zu werden, dann sind es wohl Märchen. Mit ihren klaren Grenzen zwischen gut und böse sind sie selbst schon so überzeichnet, dass es ein Leichtes ist, das Szenario einfach noch etwas weiter zu überspannen. Videospiele haben sich immer wieder bei diesem Material bedient, zum Beispiel das auf der Comicreihe Fables basierende The Wolf Among Us oder American McGee’s albtraumhafte Umsetzung von Alice im Wunderland. Woolfe – The Red Hood Diaries fällt ebenso in diese Nische.
Woolfe zeichnet die Welt von Rotkäppchen und dem bösen Wolf als eine Mischung aus Steampunk und Fantasy. Rotkäppchen ist hier kein hilfloses, kleines Mädchen, sondern sinnt nach Rache am Industriellen B.B. Woolfe, der ihre Familie tötete und ihre Heimat zerstörte. So begibt sie sich auf die Jagd nach ihm und metzelt sich mit einer Axt durch jeden, der ihr im Weg steht – sei es der Rattenfänger oder die Blechsoldaten-Armee von Woolfe.
Die Jagd führt sie durch von Rohren und Leitungen durchzogene mittelalterlichen Straßen und einen auf surreale Art zerstörten Märchenwald, der den Regeln der Schwerkraft trotzt. Rotkäppchen kommentiert ihre Suche dabei ständig in einem grimmigen Ton, irgendwo zwischen Groschenroman-Krimi und Superheldinnen-Geschichte. Der Weg zum nächsten Hinweis auf Woolfes Aufenthaltsort führt meisten über simple Schalterrätsel und Sprungpassagen, in denen gutes Timing gefragt ist. Zwischendurch trifft sie auf kleinere und größere Horden von Gegnern, an denen sie manchmal vorbeischleichen kann – in der Regel ist aber besagte Axt das Mittel der Wahl.
Und dabei zeigen sich auch die Probleme von Woolfe – The Red Hood Diaries: Beim Spielen fällt immer wieder auf, dass es an Feinschliff mangelt. Rotkäppchens Doppelsprung wirkt abrupt, als würde ein Animationsschritt fehlen, die Kollisionsabfrage sorgt dafür, dass einige Sprungpassagen auf “Trial and Error” hinauslaufen und die Kämpfe sind zu unübersichtlich, um über wildes Knöpfedrücken hinauszugehen. So ließ Woolfe mich leider schnell wieder den guten Eindruck vergessen, den sein Szenario im ersten Moment gemacht hat. Egal wie hübsch die Welt inszeniert und unterhaltsam die Story erzählt ist, es kam immer wieder ein frustrierender Endkampf oder eine nervige Sprungpassage dazwischen, die mich aus der Welt von Woolfe herausriss. Es ist zum Heulen.