5 aus 15: Daniel

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Jahr vorbei, Listenzeit! War ja auch gut was los in 2015. Und da – für manch einen sicher überraschend – Superlevel kein homogenes Konsensgeflecht ist, dessen Synapsen in Fabus Fingertätowierungen zusammenlaufen und per Telepathie ins WWW gelangen, darf in diesem Jahr jedes Teammitglied seine eigene Liste der persönlichen Spieleperlen zusammentragen. Dabei geht es ausschließlich darum, dass nichts ausgeschlossen wird. Doppelnennungen, Early Access, dieses Tennis-Spiel für den Virtua Boy, alles kann, nichts muss. Total crazy!

Wer will, darf natürlich auch gerne seine eigene Liste im Forum hinterlassen. Am Ende wird dann abgerechnet und die ultimative Leser-Top-5 erstellt. Habe ich schon erwähnt, dass wir von Buzzfeed geschluckt wurden? Guten Rutsch!


Card Crawl

Card Crawl

Sieben Jahre nachdem Apple den App Store eröffnet hat, muss ich enttäuscht feststellen, dass Mobile Gaming irgendwie scheiße ist. Unzählige dreiste Klone und dubiose Geschäftsmodelle zeichnen den Markt aus, dem ich einmal die Rettung der Welt zugetraut hätte. Aber wollen wir mal nicht so negativ sein, denn auch 2015 sind doch ein paar gute Spiele für die allgegenwärtigen Hosentaschentouchscreencomputer erschienen. Downwell, Lifeline, Sputnik Eyes, SwapQuest und das lange erwartete Reboot von Tomb Raider, Lara Croft Go. Und natürlich Card Crawl.

Card Crawl ist so simpel, dass es sich im Grunde mit einem normalen Satz Spielkarten auch ohne Smartphone nachspielen lässt. Ein paar Sonderkarten reichern das Grundprinzip mit genug Tiefe und Abwechslung an, um aus einer netten Solitaire-Variante das beste immer-wieder-mal-so-zwischendurch-spielen-Roguelike des Jahres zu machen. Die liebevollen Illustrationen von Max Fiedler tun ihr Übriges. Mit Card Crawl hat Tinytouchtales die nahezu perfekte Mixtur aus einfacher Bedienung und motivierendem Abwechslungsreichtum geschaffen, um endlich Threes als einziges Spiel von meinem Smartphone zu verdrängen. Mehr muss ich dazu eigentlich gar nicht sagen.


Sylvio

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2015 war ein gutes Jahr für Horrorspiele. I Can’t Escape: Darkness erkundete das Territorium des Dungeoncrawlers, während SOMA sich in Philip K. Dicks Fragen nach der Menschlichkeit vertiefte. Und dann sind gleich drei gute Resident-Evil-Spiele erschienen! Statt das Nischen-Genre weiter für YouTube-kompatibles Videomaterial auszuschlachten, haben diese Spiele ihm spielerisch wie erzählerisch neue Facetten abgewinnen können. Aber eines stach für mich besonders hervor. Eines, das weder besonders schön, noch besonders elegant war.

Sylvio ist unpoliert und weiß darum. Darum stellt es seine Stärke – das großartige Sounddesign – kompromisslos in den Vordergrund. Die Grafik hingegen verbirgt es in einem alles verschlingenden Nebel. Sylvio hat keine Jumpscares, keinen Bodyhorror, keine Versteckspiele mit Monstern, die für Angst und Schrecken sorgen. Stattdessen sind es nur die verzerrten Stimmen der Toten, die bruchstückhaft Geschichten voller Gewalt erzählen, die auf unterschwellige Art für Unbehagen sorgen. Nach Dutzenden Slenders und Freddys ist die Subtilität eines Horrorspiels, das wirklich etwas zu Sagen hat, fast schon wieder revolutionär.


Panoramical

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Die Bezeichnung “Non-Game” hätte es verdient, zum schlimmsten Unwort aller Zeiten gekürt zu werden. Ich für meinen Teil habe schon vor einer Weile meinen Frieden mit dem Wort “Spiel” geschlossen. Viel interessanter als das Label auf dem Spiel ist ja sowieso das, was vor dem Bildschirm passiert, sobald das fragliche Stück Software gestartet wird. Bei Panoramical ist das zu vergessen, was rund um den Bildschirm herum passiert.

Zum ersten mal habe ich Panoramical in einem Museum gespielt. Das ist durchaus eine angemessene Umgebung für diese Mischung aus Rhytmusspiel, interaktivem Musikvideo und Demo. Panoramical ist nicht viel: mit ein paar Reglern wird die abstrakte Landschaft und elektronische Musik beeinflusst. Panoramical ist so viel: ein Entdeckungsflug durch eine unbekannte Landschaft. Ein Musikinstrument, mit dem ich meine eigene Musik mache. Ein kostenpflichtiges Werkzeug, mit dem DJs ihre Shows visualisieren können. Ein Gott-Simulator, in dem ich meine eigene Welt erschaffe. Ein wirklich netter Bildschirmschoner. Kunst. Ein Spiel. Kein Spiel. Scheißegal. Wunderschön. Keine Helden, keine Highscores, keine Ziele, keine Geschichte. Panoramical ist einfach nur ein Sog aus Bildern und Tönen.


Affordable Space Adventures

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Seit ich im Ausverkauf mal ein Sega Dreamcast ergattern konnte, habe ich eine Schwäche für missverstandene Konsolen. Deshalb habe ich mir dieses Jahr auch eine Wii U gekauft. Ohne Frage, Splatoon und Super Mario Maker waren zwei der besten Spiele des Jahres, aber mit dem bereits angekündigten Nachfolger Nintendo NX ist die Wii U bereits dem Tod geweiht. Als tragische Pointe dieser Konsole erschien dieses Jahr ein Spiel, das noch einmal ihr bis zuletzt ungenutzte Potential verdeutlicht: Affordable Space Adventures.

Verliebt habe ich mich in das kooperative Puzzlespiel schon letztes Jahr auf der Join. Als kleines, hippes Berliner Event war es natürlich international besucht und so hatte ich die Möglichkeit, Affordable Space Adventures in der bestmöglichen Konstellation zu Spielen: mit einer Sprachbarriere. Das sollte zur einzigen relevanten Testumgebung für Koop-Spiele werden. Affordable Space Adventures funktioniert gemeinsam, und nur gemeinsam, wenn die Spieler*innen miteinander sprechen um so gemeinsam Abenteuer zu Überstehen. Was alleine ein ganz nettes Puzzlespiel ist wird zu dritt zu einer Herausforderung in zwischenmenschlicher Kommunikation.


Gravity Ghost

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Lange habe ich überlegt, welche der oberen vier Spiele einen Platz in dieser Liste finden. Ich habe sie in die Trends des Jahres unterteilt, sortiert und in meinem Kopf mit mir selbst diskutiert. Doch ein Spiel hatte schon von Anfang an einen festen Platz in dieser Liste, seit es einen festen Platz in meinem Herzen gefunden hat: Erin Robinsons Gravity Ghost.

Gravity Ghost hat mich zu Tränen gerührt. Nicht nur mit der Geschichte eines Mädchens, das die Neuankömmlinge in der Totenwelt begleitet, sondern mit dem Spiel, das darunter liegt. Mit einer Spielmechanik, die mich erst zum Umdenken zwingt, bevor es mich in die Gefühlswelt der Heldin entführt. Ein Gefühl, das sich durch den technischen Begriff der “Mechanik” nicht angemessen beschreiben lässt. Gravity Ghost lädt nicht zum Gewinnen ein, sondern zum Spielen. Nach einer Zeit fühlt sich alles wirklich so sorg- und schwerelos an, wie es der Name suggeriert. Es ist ein Spiel, das nicht sofort und ganz sicher nicht für jeden funktioniert. Ein unscheinbares Spiel, das auf viel weniger Listen auftauchen wird, als es verdient hätte. Die Welt ist einfach ungerecht.