5 aus 15: Hendrik

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Jahr vorbei, Listenzeit! War ja auch gut was los in 2015. Und da – für manch einen sicher überraschend – Superlevel kein homogenes Konsensgeflecht ist, dessen Synapsen in Fabus Fingertätowierungen zusammenlaufen und per Telepathie ins WWW gelangen, darf in diesem Jahr jedes Teammitglied seine eigene Liste der persönlichen Spieleperlen zusammentragen. Dabei geht es ausschließlich darum, dass nichts ausgeschlossen wird. Doppelnennungen, Early Access, dieses Tennis-Spiel für den Virtua Boy, alles kann, nichts muss. Total crazy!

Wer will, darf natürlich auch gerne seine eigene Liste im Forum hinterlassen. Am Ende wird dann abgerechnet und die ultimative Leser-Top-5 erstellt. Habe ich schon erwähnt, dass wir von Buzzfeed geschluckt wurden? Guten Rutsch!

Im Laufe dieses Jahres habe ich heruntergebrochen, was mir an Videospielen eigentlich gefällt, wieso sie mich auch nach so vielen Jahren noch fesseln und meine Gedankenwelt in solch ungesunden Ausmaßen beherrschen. Schlussendlich kamen zwei Begriffe heraus, und so selten sie auch beide im gleichen Spiel auftauchen, findet sich doch mindestens einer davon in jedem der fünf Spiele wieder, die mir 2015 am meisten Freude bereiteten.


Her Story

Her Story

Her Story trägt nun einen davon gleich im Namen, denn der erste Begriff ist tatsächlich Her. Nee, Story.

Jaa, ich weiß, Videospiele sind nicht das beste narrative Medium, und es gibt erstaunlich wenig Varianz in Thema und Methodik. Nichtsdestotrotz schaffen es Spiele oft genug, mich mit diesem Teilaspekt zu begeistern, sicherlich auch, weil Geschichten auf Platz 1 meiner internen Rangliste von spannenden Sachen im Universum stehen und ein steter, unersättlicher Drang nach ihnen mein gesamtes Sein beherrscht. Ich plapper schon wieder.

Zurück zu Her Story: Ich bin sehr froh und etwas erstaunt, dass der Titel bei den diesjährigen Video Game Awards gleich zwei Preise einheimsen konnte, aber das zeigt ja lediglich auf, dass die Geschichte um einen verschwundenen Ehemann, die allein in Monologen erzählt wird, auch normale Menschen begeisterte. Die detektivische Wortratespielmechanik ist allein schon spaßig, aber kombiniert mit den Videos eines echten Menschen erreicht Her Story eine unvorhersehbare Sogwirkung, der ich mich nicht entziehen konnte. So viel Geld und Arbeit auch in L.A. Noire floss, bleiben seine echten Schauspielern nachempfundenen Polygonfressen doch emotional weit hinter dem zurück, was hier mit einem Bruchteil des Budgets präsentiert wird. Her Story zeigt nicht nur auf, wieviel Potential in dem lange und zu recht vergessenen FMV-Genre steckt, sondern erzählt auch auf eine Geschichte, die in anderen Spielen maximal zur Mininebenquest gereichen würde. Was es nur toller macht. Ich hab genug vom Weltretten.


D4: Dark Dreams Don’t Die

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Welten rettet man auch in D4: Dark Dreams Don’t Die nicht, sondern ist mehr um das eigene Seelenheil besorgt. David Young, Ex-Cop, Boston, tote Ehefrau, Täter unbekannt. Hey Moment mal, zwei Spiele hintereinander, in denen das Schicksal des Ehepartners aufgeklärt werden muss? Wieso hab ich DAS denn nicht als Überleitung benutzt?

Zu D4 hab ich hier schon ausführlich geschrieben, und zugegebenermaßen fällt mir nicht arg viel Zusätzliches ein. Wie Swery auf Konventionen kackt, wie egal ihm glaubhafte Welten, Umfang, Steuerung, und ein durchgängiger Ton sind, ist auch ein halbes Jahr später noch berauschend. Weil er es schafft, mit zwei Locations, einer Handvoll Figuren und den spaßigsten QTEs, die ich je spielte, ein Feuerwerk der Beklopptheit abzufeuern, welches mir vielleicht auch wegen dem abrupten Ende noch lange in Erinnerung bleiben wird. Weirder Shit, sicherlich. Aber davon gibts immer viel zu wenig.


Sunless Sea

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Weird wird auch in Sunless Sea großgeschrieben. Generell wird dort groß geschrieben, aber ganz groß. Kein Scheiß, ich habe mich lange nicht mehr an Wortwahl und Satzkonstruktionen so berauscht wie bei Sunless Sea, und habe den Verlauf meiner Liebe hier und dort dokumentiert. Und dann noch dieses phantastische Weirldbuilding (Lass das drin, Marcus, das ist Gold! Pures Gold sag ich dir) (Anm. d. Red.: Bei deiner Definition von “Gold” ist es kein Wunder, dass du so arm bist.)! Trifft man andererspiels (Anm. d. Red.: Strike 2!) auf Nazis, Orks oder Aliens, sind hier sprechende Tiere, tragische Liebschaften und die vielleicht charmantesten Angebote, die eigene Seele zu vermachen, an der Tagesordnung. Auf seinem Seelenverkäufer als Kapitän__in (Sunless Sea lässt soviel Raum zwischen den Geschlechtern, dass der Gender Gap verlängert werden muss) über die Unterzee zu schippern, fühlt sich viktorianisch, sehr britisch und ungeheuer gut an.


Broken Age

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Gutes tut das Ungeheuer in Broken Age jetzt nicht so wirklich, so mit dem Jungfrauenrauben und so. Ich hab mir heute aus Versehen eine über zwei Meter lange Metallstange gegen den Schädel gehauen und mache die daraus resultierende Blümerantigkeit für meine käsigen Überleitungen verantwortlich. Ob Broken Age allein ob seiner spielerischen Qualitäten auf dieser Liste landete, ist fraglich: Was mich hier in den Bann zog, war tatsächlich das Drumherum. Die famosen Sprecher, die so hinreißend hübsche Grafik, und nicht zuletzt die wirklich empfehlenswerte Doku, die einmal mehr aufzeigte, wie wichtig und zeitaufwendig Asset Creation ist (Ich schäme mich so sehr, dass ich eure Arbeit stets für gegeben hinnahm, liebe Asset Creator), was für ein liebenswerter Haufen Doublefine ist, mit wieviel Problemen und Herausforderungen selbst ein recht moderat budgetiertes Spiel wie dieses zu kämpfen hat und dass hinter all dem, was wir konsumieren, halt dann doch echte Menschen stecken. Vor allem Ray Crook wollte ich Folge um Folge in den Arm nehmen und ihm sagen, dass alles gut werden wird. Und es ward.

Wartet ihr inständig darauf, dass ich den Spannungsbogen aus dem ersten Absatz auflöse, oder habt ihr mein Gerede über die zwei Elemente, die mich begeistern, schon wieder vergessen? Nun, der zweite Begriff lautet “Herausforderung” – ich mag keine Spiele, die sich von selber spielen, ich will nachdenken oder flink reagieren müssen, ich will scheitern und besser werden, denn nur dann habe ich das Gefühl, meine Zeit nicht zu verschwenden. Und welches Spiel war dieses Jahr fordernder als


Captain Toad: Treasure Tracker??

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Na gut, einige sicherlich. Ist ja eh sehr subjektiv. Aber ich finde es so verdammt gut, wie Nintendo den Schwierigkeitsgrad ihrer Spiele den Wünschen der Spieler anpassen: Anstatt sie anfangs zwischen Leicht, Mittel, Schwer etc. wählen zu lassen, ist das Grundspiel, das schlichte “Durch-den-Level-Kommen” oft recht simpel. Komplizierter wird es, wenn alle Sammelobjekte gefunden, Bonuslevel freigeschaltet und geschafft werden wollen. Das hat zwar den leichten Nachteil, dass in Reviews und Podcasts das Fehlen von Herausforderung moniert wird, aber was wissen die schon? Super Mario 3D World fing mit dem Abspann erst an, und auch CT:TT bietet eine Füllzahl von freischaltbaren Gedöns, inklusive einem furchtbar stressigen zufällig generierten Dungeonmode, in dem man oft dem Toad ins Auge blickt, und näher wird Nintendo Spelunky wohl nie kommen. Aber auch vorher ist es gar nicht so einfach, alle Geheimnisse in den unschlagbar putzigen Würfelwelten zu finden, und das Spielgeschehen selber, das ich Watch’n’Run nennen mag, ist clever und unverbraucht. Und es gibt kein putzigeres Pilzprotagonistenpaar als Toad und Toadette.

Schaltet auch morgen wieder ein, wenn eine der anderen Nasen euch weismachen will, dass fünf andere Spiele toller wären als die obigen!