5 aus 15: Marcus
Jahr vorbei, Listenzeit! War ja auch gut was los in 2015. Und da – für manch einen sicher überraschend – Superlevel kein homogenes Konsensgeflecht ist, dessen Synapsen in Fabus Fingertätowierungen zusammenlaufen und per Telepathie ins WWW gelangen, darf in diesem Jahr jedes Teammitglied seine eigene Liste der persönlichen Spieleperlen zusammentragen. Dabei geht es ausschließlich darum, dass nichts ausgeschlossen wird. Doppelnennungen, Early Access, dieses Tennis-Spiel für den Virtua Boy, alles kann, nichts muss. Total crazy!
Wer will, darf natürlich auch gerne seine eigene Liste im Forum hinterlassen. Am Ende wird dann abgerechnet und die ultimative Leser-Top-5 erstellt. Habe ich schon erwähnt, dass wir von Buzzfeed geschluckt wurden? Guten Rutsch!
Downwell
Downwell ist so etwas wie das Negativ zu Doodle Jump. Alles läuft komplett in die entgegengesetzte Richtung. Ein kleiner Junge fällt in einen endlosen Brunnen statt daraus emporzusteigen, schießt aus seinen Stiefeln nach unten statt aus der Schnute nach oben und wirkt farblich ausgewaschen statt bunt ausgemalt. Eine Antithese des Frohsinns, würde nicht das Michelin-Männchen so grenzdebil grinsen, wenn man ihm für ein paar Blutdiamanten Munition abkauft.
Es ist ein seltsames Spiel, dessen Abwärtsspirale mich komplett verschluckt hat. Hohe Kombos sind schwierig, aber gerade dadurch unfassbar befriedigend und das Waffenfeedback fühlt sich annähernd haptisch an, wie man es sonst nur aus Vlambeer-Spielen kennt. Und auch wenn es immer nur bergab gehen mag, steckt in Downwell ein glimmender Hoffnungsschimmer, unten zumindest heil ankommen zu können. Und den konnte man gerade im auslaufenden Jahr gut gebrauchen.
Bloodborne
Die Sache, die mir an Bloodborne am wenigsten gefällt, ist der Umstand, dass ich es bisher nicht spielen konnte. Nicht, weil ich zu doof wäre, den Anschaltknopf einer Playstation 4 zu bedienen, sondern vielmehr aufgrund des Fehlens jenes Knopfes mitsamt des angrenzenden Rests jener Konsole. Doch diese missliche Lage allein reicht in dem Fall einfach nicht aus, um diesen Brocken nicht in meiner Endabrechnung zu berücksichtigen.
Dafür ist die Vorprägung durch die drei zuvor erschienenen Souls-Spiele zu dominant. Jeder Screenshot und jedes Video zu Bloodborne bestätigen das Gefühl, das hier den zunehmenden Abnutzungserscheinungen der Reihe mit einem unverbrauchten Setting und deutlich offensiveren Spielmechaniken erfolgreich entgegengewirkt wurde. Seit März dieses Jahres liegt deshalb nahezu dauerhaft eine PS4 in meinem Warenkorb bei einem großen Online-Versandhändler. Es wäre das erste Mal, dass ich nur für ein einziges Spiel gesonderte Hardware kaufen würde. Und wenn mich die bisherigen Titel eines gelehrt haben, dann ist es wohl die Aussage, dass irgendwann jeder dem Wahnsinn anheimfallen wird. Gerade jetzt, zu Weihnachten.
Ori and the Blind Forest
Ein Spiel musste 2015 ganz schön auf die Kacke hauen, um hinreichend Beachtung zu finden. Ori and the Blind Forest machte das genaue Gegenteil und war exakt aus diesem Grund eine der nachhaltigsten und wertvollsten Spielerfahrungen, die ich in den vergangenen zwölf Monaten machen durfte. Aufwühlend, doch in sich ruhend, führte dieser Titel eine emotionale Komponente hinzu, die den meisten 2D-Plattformern in der Regel völlig abgeht.
Dass dabei jedoch nicht die klassischen Tugenden vernachlässigt wurden, macht das O in Ori erst so richtig rund. Wahnsinnig detailreiches Artdesign, einer der besten Soundtracks überhaupt und ein modernisiertes Metroidvania-Spielprinzip, garniert mit einer Steuerung, die tighter ist als der Flow des jungen Kool Savas. Aber eben auch deutlich zurückgenommener als letztgenannter. Es bleibt also wieder einmal die Erkenntnis, dass stille Wasser zwar tief sind, aber in Zeiten des Dauerhypes kaum Zeit zum Luftanhalten bleibt, um diese zu ergründen.
Rocket League
Hat man ja auch nicht mehr oft, dass man ein Spiel ohne größere Erwartungshaltung startet und es dann für Wochen nicht mehr schließen will. Rocket League ist wahrscheinlich nicht nur für mich die positivste Überraschung des ablaufenden Spielejahres gewesen, weil es seine simple Prämisse „Fußball mit Autos“ so dermaßen präzise zwischen Nonsens-Spaß und eSport-Ehrgeiz platziert hat, dass praktisch jeder Anspruchshaltung bedient wird.
Neben den teils absurden Möglichkeiten, das eigene Gefährt optisch aufzubereiten, ist nicht zuletzt auch der sagenhafte Support ein Grund dafür, dass dieser Titel selbst ein halbes Jahr nach Veröffentlichung noch auf Dauerrotation bei mir läuft. Neue Modifizierungsmöglichkeiten, Arenen und sogar der komplette Wechsel des Spielgeräts zeugen von einer unvergleichlichen Liebe und Hingabe, die ganz schön selten geworden sind. Den <3-Antennenanhänger für besonderen Spielspaß hat sich Rocket League auf jeden Fall mehr als verdient!
Dirt Rally
Vielleicht ist es mein Fehler gewesen. Vielleicht war ich zu subtil, zu neutral in meinen Ausführungen zum besten Spiel aller bisherigen und vermutlich auch aller zukünftigen Millennien. Ich dachte, es stehe mir nicht zu, den Leuten da draußen zu sagen, dass sie ruhigen Gewissens ihre restliche Steam-Bibliothek löschen können, weil sie mit diesem Spiel bis an ihr Lebensende glücklich sein werden. Doch die Menschen, sie sind nicht alle glücklich, weil ihnen immer noch etwas fehlt: Dirt Rally.
Klar, nicht jeder mag Rennspiele. Ich ja auch nur bedingt. Aber das ist nicht wichtig, wenn man Dirt Rally spielt. Es ist der alte Kampf “Mensch mit Auto gegen Natur”, nur dass hier die Natur meist den längeren Atem hat und einem Bäume und Schneehügel in den Weg stellt, wo man sie am wenigsten vermuten würde. Und doch ist man selbst als Verlierer immer noch ein Gewinner in Dirt Rally. Kaum eine Etappe wird man auf dem Treppchen beenden, dennoch ist jedes Erreichen der Ziellinie mit der endorphingeschwängerten Erschöpfung vergleichbar, die man auch nach dem Absolvieren eines Marathons empfindet. Nicht, dass ich jemals eine solche Strecke am Stück gelaufen wäre, aber solange nicht jeder dieses gottgesandte Weltwunder sein eigen nennt, höre ich auch nicht mit diesen uninformierten Vergleichen auf. Wer also nicht will, dass ich in naher Zukunft an seiner Tür klingele, um mit ihm broschürebegleitet über das beste Spiel des letzten Jahres zu sprechen, sollte umgehend handeln.