gamescom 2012 Akkreditierungs-Debakel

Wer der deutschen Sprache mächtig ist und sich für Spiele interessiert oder sogar über Spiele schreibt oder in sonstiger Form darüber berichtet, wird den Trubel um die geänderten Akkreditierungs-Richtlinien der gamescom 2012 zumindest am Rande mitbekommen haben.

“Es werden keine Akkreditierungen an Inhaber privat initiierter Spiele-Homepages, privat initiierter Blogs sowie Podcasts ausgestellt.”

Das mag auf den ersten Blick etwas drastisch klingen, scheint mir aber eine logische Konsequenz zu sein, wenn man sich das Vorjahr vor Augen führt. Ich selbst war zwar nicht vor Ort, aber wie mir zugetragen wurde, glich das Publikum im Presse- und Businessbereich stellenweise dem einer BRAVO Supershow. Da müssen ganz klar Grenzen gezogen werden, damit nicht jeder minderjährige Hobby-Blogger aus Unterbimbobach mit seinem Impressum rumwedelt, um irgendwelche Vorteile genießen zu können. Der Vorteil, der sich im Gegenzug für die Veranstalter ergibt, tendiert nämlich gen Null. Eher das Gegenteil ist der Fall: In Bezug auf die Berichterstattung relevantere Personen werden bei ihrer Arbeit behindert und leiden noch Monate später an den Folgen einer Clearasilvergiftung.

So gesehen kann ich den Schritt der Kölnmesse AG verstehen. Allerdings hätte ich zu einem Mittelweg geraten, der einerseits Kinder und Amateure von den klimatisierten Schnittchen fernhält, andererseits aber auch als relevant zu bezeichnende Webseiten den nötigen Respekt erweist und Zutritt gewährt. Für die Veranstalter ergibt sich eine gewisse Relevanz, sobald ein Projekt kommerziell betrieben wird und das auch im Impressum der Seite ersichtlich ist (Handelsregister, Steuernummer o.a.). Hinzu kommen dann noch Faktoren wie Größe und Reichweite eines Mediums, wobei mir unklar ist, ob und wie das verantwortliche Akkreditierungs-Team das bei Blogs misst und bewertet. Im Fall von Superlevel erhielt ich im ersten Anlauf eine Absage.

Die Absage wurde wiefolgt begründet:

“Sehr geehrter Herr Günther Fabu,

vielen Dank für Ihre Anfrage nach einer Akkreditierung. Aus Ihren Angaben geht leider nicht hervor, dass Sie journalistisch tätig sind. Wir sind unseren Kunden gegenüber verpflichtet, nur Personen zu akkreditieren, welche die Messe zur journalistischen Recherche und Berichterstattung nutzen. (…)”

Ersparen wir uns die Diskussion, inwiefern Blogger journalistisch tätig sind — die meisten sind es wohl eher nicht. Ich persönlich bin kein Journalist im klassischen Sinne, sondern ein verspielter Autodidakt, der das geschriebene Wort liebt und mit den richtigen Menschen schläft. Aber vollkommen unabhängig davon, ob ich journalistisch tätig bin oder nicht, betrachte ich Superlevel als relevantes Medium — auch wenn man mir natürlich unterstellen kann oder sogar muss, meine Meinung sei subjektiven Ursprungs.

Wir pflegen Kontakte zur Branche (Redaktionen, Entwickler, Publisher) und konnten uns im Laufe der Zeit eine gewisse Reputation erarbeiten. Dennoch: Machen wir uns nichts vor — die Reichweite Deutscher Gamingblogs ist lachhaft. Selbst Superlevel erreicht mit seinen 2.000 bis 3.000 täglichen Aufrufen und 1.300 Feed-Abonnenten nur einen sehr geringen Bruchteil der potentiellen Zielgruppe. In meinen Augen stellen diese Zahlen zwar eine gewisse Relevanz dar und rechtfertigen eine Akkreditierung, aber es stellt sich eben die Frage, nach welchen Maßstäben die Messebetreiber filtern. Gemessen an den Besucherzahlen von beispielsweise GameStar.de oder GameOne.de gleichen unsere einem trockenen Furz am Ende des Regenbogens. Jedenfalls oberflächlich betrachtet. Erlaubt man sich einen Blick unter die Oberfläche, erkennt man gegebenenfalls den Wert einer überschaubaren, aber klar definierten Zielgruppe.

Deswegen ließ ich es auch nicht auf der Absage beruhen und formulierte eine Antwort.

“(…) Für uns ist der Zugang zum Pressebereich äußerst wichtig, um mit besagten Kontakten z.B. Interviews führen zu können oder auch neue Kontakte aufzubauen. Ich stehe voll hinter Ihnen, drittklassigen Hobby-Bloggern die Akkreditierung zu verwehren, doch einer Seite wie Superlevel den Zugang zum Pressebereich zu untersagen ist — bitte entschuldigen Sie meine Offenheit — ziemlich kurzsichtig. (…)”

Es ist tatsächlich so, dass die gamescom für uns ohne Zutritt zum Presse- und Businessbereich ziemlich uninteressant ist. Keiner von uns wird sich stundenlang in irgendwelche Schlangen stellen. Nicht, weil wir uns für etwas Besseres halten, sondern weil wir den Spielen ansich weniger Wert und Relevanz beimessen als den Personen, die sich für die Resultate verantwortlich zeigen. Das Spiel können wir uns auch am nächsten Tag auf YouTube angucken, der direkte Kontakt zu Verantwortlichen und Beteiligten lässt sich weitaus schwieriger nachholen.

Auf meine Antwort erhielt ich den Hinweis, dass im Impressum von Superlevel nicht das kommerzielle Betreiben ersichtlich sei. Auch wenn man es der Seite nicht unbedingt ansieht, da sie relativ schlicht gestaltet ist und auf das Einbinden von blinkenden Werbebannern und Casino-Links verzichtet wird: Superlevel ist ein kommerzielles Projekt — ich bin selbständig tätig, die Seite generiert (wenn auch geringe) Einnahmen und die Autoren werden bezahlt. Kurzerhand ergänzte ich das Impressum mit meiner Steuernummer und informierte das Akkreditierungs-Team über diesen Umstand. Eine Antwort blieb bis jetzt aus. Ich werde diesen Artikel ergänzen, sobald es Neues zu vermelden gibt.

Ich sprach von einem Mittelweg. Es wäre z.B. möglich gewesen, in Zusammenarbeit mit Publishern und PR-Agenturen eine Art Gästeliste für Blogs anzulegen, die den offiziellen Kriterien vielleicht nicht entsprechen mögen, aber durchaus eine gewisse Reichweite vorzuweisen haben. Es wäre auch möglich gewesen, ein begrenztes Kontingent an Pressetickets für Blogs zur Verfügung zu stellen. Hinzu kommt, dass die Betreiber langsam erkennen könnten, dass (offensichtliche) Kommerzialisierung und (offensichtliche) Reichweite nicht gleichbedeutend mit Qualität ist.

Wer sich Bewegung in der Branche wünscht, muss auch kleinere Bewegungen zu würdigen wissen.

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