How Dare You! #20: Robert Pfeiffer alias blubberquark
„Es ist immer wieder interessant, den Spielern zuzusehen. Sie scheitern nie da, wo ich es vorher vermutet habe.“
Der 26-jährige Robert Pfeiffer, der sich beim Ludum Dare blubberquark nennt, studiert an der Universität Osnabrück Cognitive Science. Dort untersucht er im Zuge seiner Master-Thesis das Themenfeld der künstlichen Kreativität im Bereich der Computerspiele und ist somit der Erforschung von Denkprozessen verschrieben: “Bei Computerspielen müssen die Leute nachdenken, Probleme lösen und Entscheidungen treffen. Wenn man weiß, was da im Hirn abläuft, was der Mensch kann und nicht kann, so kann man Spiele interessant machen, ohne den Spieler zu frustrieren.”
Beim Ludum Dare war Robert lange Zeit als Einzelkämpfer unterwegs, bei der 31. Ausgabe hat er allerdings gemeinsam mit anderen Entwicklern aus seiner Region A Day in the Life of a Spy kreiert. Auch dieses Mal nahm er nicht alleine teil, sondern gemeinsam mit Tilman Geishauser und Erik Wittkorn: “Kommilitonen haben mir letztes Jahr von Tilman erzählt, weil der auch mal Cognitive Science studiert hat. Er organisiert mitunter einen Osnabrücker Spiele-Entwickler-Treff. Dabei wurde dann auch Team Klappermann gegründet.”
Die gereifte Frucht dieser Teamarbeit heißt Tetrominions. Es stellt ein kurzweiliges Spielchen für Zwischendurch dar, in dem man als wutentbrannte Gottheit eine Schar von untergebenen Grünlingen mit drei Augen vom Antlitz der Welt ausradieren soll. Warum, das wird nicht erklärt – andererseits hat man ja auch nie hinterfragt, warum in Tetris Blöcke vom Himmel herniederfallen.
Schon früher wollte er immer lieber in Gruppen arbeiten, weil sich dabei mehr Inhalte erzeugen lassen. Aus diesem Grund ging er 2013 auf dem Spielsalon in Kassel eine Kooperation mit Nicole Brauer und Christoph Schnerr ein, aus der das meditative Metroidvania Tower of Babel hervorging. Sein Interesse an Videospielen ist dabei teils hobbymäßig, teils wissenschaftlich geprägt. Kommerzielle Absichten hingegen verfolgt er nicht. So bietet er zum Beispiel seinen während des 27. Ludum Dares entstandenen Taktik-Plattformer Frozen Bullet im OUYA-Store als ‘Free to Play’-Version an.
Robert artikuliert und positioniert sich in seiner Rolle als Spieleentwickler äußerst klar wie auch rational. Zu jedem seiner Projekte kann er mir präzise Inspirationsquellen nennen: “A Day in the Life of a Spy war beispielsweise von Film Noir, James Bond und Bullitt mit Steve McQueen inspiriert. Generell bewundere ich Entwickler wie Mode 7 Games und Introversion Software, die gezielt ihre Stärken als Programmierer ausspielen, und dabei ohne eine Armee von 3D-Modellierern trotzdem große, komplexe Spiele bauen.”
Spiele, deren Regeln keine spürbaren Konsequenzen haben, langweilen ihn: “Wenn ich einen Charakter als Vegetarier beschreibe, dann muss es in dem Spiel Gemüse geben, das man essen darf, und Fleisch, dessen Verzehr sich negativ auswirkt. Oder wenn man in einer Szene mal ein Gewehr sieht, dann muss spätestens im dritten Level geschossen werden, gerne auch mit viel Screenshake.” Das Regelwerk und die daraus resultierenden Mechaniken sieht er als die zentralen Elemente eines Videospiels an, die auch ohne eine narrative oder gestalterische Ebene interessant sein müssen.
Obwohl er selbst nicht daran partizipierte, war für Robert das 21. Ludum Dare eine ganz besondere Erfahrung. Dort sah er nämlich Notch dabei zu, wie dieser die 3D-Engine für Prelude of the Chambered schrieb: “Die Geschwindigkeit der Programmierung hatte mich damals ziemlich umgehauen. Ich nahm mir vor, beim nächsten Mal unbedingt mitzumachen, um zu sehen, ob ich mithalten kann.”
Seit knapp dreieinhalb Jahren ist Robert nun selbst ein aktiver Teilnehmer. Gerne würde er irgendwann mal mit Daniël Haazen oder aber mit Christopher Night alias Cosmologicon etwas auf die Beine stellen, da sie in seinen Augen verschiedene, stark ausgeprägte Qualitäten besitzen. Während Daniël in Roberts Augen spannende Mechaniken entwickelt und diese zugleich auf einfache, charamante Weise einzupflegen weiß, bindet Christopher recht lange Geschichten in seine Arbeiten ein.
Als ich Robert darum bitte, seinen persönlichen Liebling aus seinen eigenen Einreichungen auszuwählen, nennt er Tiny Artillery, da er sich dabei in die Zeit als zwölfjähriger Knirps zurückgeworfen fühlt, welcher mit seinem besten Freund Worms Armageddon spielt. An dem Projekt arbeitet er heute noch in unregelmäßigen Abständen weiter: “Ich habe über die Jahre mehr Waffen, bessere Grafiken, größere Sonnensysteme und eine Einzelspielerkampagne mit Weltraumpiraten, Aliens und interstellaren Buckelwalen hinzugefügt. Ab und zu komme ich zurück und arbeite daran.” Und so bekommt das Portrait rund um den nüchternen Neurowissenschaftler am Ende doch noch einen leicht emotionalen Touch.