Interview mit Florian Berger: researching games BarCamp 2013
„Alle Disziplinen — Informatik, Medienwissenschaft, Pädagogik, Ingenieurwissenschaften, Linguistik, Psychologie, BWL, Medizin, Physik, Soziologie, Mathematik, Jura — sind herzlich willkommen.“
2011, als ich noch jung und wild war, bestritt ich mit meinem Buddy-in-Crime Christian Huberts einen Wochenendtrip nach Wiesbaden. Ziel: Das erste researching games BarCamp. Wir waren wissbegierig und kontaktfreudig, nahmen nur jeweils eine Zahnbürste, ein Wechsel-Shirt und unsere Vortragsskripte mit. Wir kamen also mit nichts und kehrten doch mit vielem zurück: neuen Freundschaften, neuen Gedanken und dem Bauch voller Käsesuppe. So jedenfalls äußert sich das medienwissenschafts-romantisierte Erinnerungsbild in meinem Kopf. Auch 2013 — am 28. und 29. September — findet das researching games BarCamp wieder in Wiesbaden statt. Und es wartet nur noch auf euch.
Ich hatte damals eine wunderbare Zeit, lernte Rudolf “The Doc” Inderst sowie den Mediennostalgiefachmann und Freizeit-Steampunk-Gänger Sebastian Felzmann kennen, hörte mir Vorträge über Infochievements, Flow in Spielen, aber auch Avataranatomie an und fühlte mich am Ende glücklich berauscht mit neuen Denkansätzen. Mit Florian Berger, Mitorganisator des BarCamps und derzeitiger Geschäftsführer der dazugehörigen GbR, habe ich deswegen ein kleines Interview geführt:
Ahoi Florian! Wir wollen uns heute ja mal ein wenig über das von Christian Roth, Steve Hoffmann, Denise Lengyel und Dir organisierte researching games BarCamp unterhalten. Du kennst das Format ja schon viel länger als ich, daher erklär’s Du doch am besten noch mal kurz und knapp unseren aufmerksamen LeserInnen.
Florian Berger Aber gerne doch! BarCamp heißt ganz einfach: Menschen treffen sich und halten Vorträge zu einem Thema. Es gibt keine Vorauswahl, keine VIPs und auch keinen im Voraus festgelegten Ablaufplan. Einzige Pflicht ist, dass jede Person etwas zu dem Geschehen beiträgt. Es geht darum, ein spannendes und angenehm lockeres Event zu schaffen, das die Teilnehmenden sich dabei zu eigen machen.
Schön und gut, aber wieso sollte ich als computerspielforschungsinteressierter Mensch nicht einfach zu einer Fachtagung gehen, sondern zu Euch?
Florian Wir vom Organisationsteam haben auf internationalen wissenschaftlichen Konferenzen festgestellt, dass Deutschland in der Spieleforschung weit zurückliegt — vor allem was regelmäßige Konferenzen oder Treffen angeht. Das wollten wir ändern und dabei direkt bei unserer Generation ansetzen: Insbesondere also die Masterstudierenden und Promovierenden von heute vernetzen, damit wir in Zukunft eine starke und selbstbewusste akademische Spieleforschungsszene haben. Also ähnlich wie die Szene der SpieleentwicklerInnen, wo diese Entwicklung bereits geschieht.
Das klingt argumentativ schlüssig, aber sollte doch einem gewissen Forschungsethos, einen Kodex, wenigstens einem Leitfaden entsprechen, oder? Wie sieht der bei Euch aus?
Florian Die Schlagworte sind Spieleforschung und Interdisziplinarität, wobei das zweite schon etwas angestaubt ist.
Forschung heißt, es geht um Wissenschaft, um Studien, um Methodenentwicklung, um belastbare Erkenntnisse. An der Stelle haben wir ein paar Vorteile gegenüber der Industrie, denn wir haben keinen Erfolgs- und Verkaufbarkeitsdruck und auch die Ruhe und die Distanz, um Spiele zum Beispiel ethisch gründlich zu reflektieren.
Der zweite Gedanke ist, dass wir die verschiedenen Disziplinen zusammenholen wollen, um über Spiele zu reden. Das klappt schon ganz gut, aber wir wollen noch besser werden: Wenn beispielsweise MathematikerInnen und MedienwissenschaftlerInnen zusammen über Spiele diskutieren, passieren dabei ganz spannende Sachen und Perspektivenwechsel.
Gerade der interdisziplinäre Austausch würde mich hierbei interessieren. Wie stellt Ihr Euch diese Art und Weise der Kommunikation vor? Warum geschieht sie Deiner Meinung nach bisher noch nicht, dass man sie fördern muss? Man sollte doch annehmen, dass das gang und gäbe ist?
Florian Das hat damit zu tun, dass bei uns erstmal keine Disziplin draufgeschrieben steht. Die großen akademischen Konferenzen sind ja hochspezialisiert, da laufen sich kaum PhilosophInnen und KI-InformatikerInnen gleichzeitig über den Weg. Zweitens kann sich bei uns halt jeder Mensch erstmal hinstellen und etwas vortragen — wir teilen das ja vorher nicht in Themen oder Vortragsreihen auf. Wenn dann im selben Raum erst über moralische Dilemmata in Games und danach über künstliche Intelligenz in Autorennspielen gesprochen wird, dann sitzen immer noch dieselben Leute im Raum. So vermischt sich das von ganz allein.
Aber Ihr kennt die Vortragsthemen wirklich noch kein Stück? Komm schon, raus mit der Sprache! Was für Vorträge erwartet die wissbegierige Game Studies-Meute dieses Jahr? Gibt’s schon ein paar Höhepunkte, auf die Du Dich persönlich sehr freust?
Florian Ob du es glaubst oder nicht: Wir haben jetzt, nicht mal mehr drei Wochen vor dem BarCamp, absolut keine Ahnung! Aber so funktioniert das eben. Auch wir als OrganisatorInnen lassen uns da vollends überraschen. Ich kann nur sagen, dass ich mich sowohl auf die inzwischen schon regelmäßigen Teilnehmenden freue, die in den letzten Jahren schon des Öfteren sehr interessante Themen vorgestellt haben. Aber genau so gespannt bin ich auf die neuen Gesichter, bei denen ich noch gar nicht weiß, was mich erwartet! Was in den letzten Jahren so passiert ist, kann man übrigens auch im Archiv auf unserer Website nachlesen.
Und da sind dieses Jahr noch ein paar Plätzchen frei, wie mir ein Vögelchen zugezwitschert hat?
Florian Es sind tatsächlich noch ein paar Plätze frei! Wer schnell ist, kann also immer noch dabei sein. Dieses Mal bekommt man an zwei Tagen über 30 Vorträge aus allen Disziplinen zu hören, kann Professorinnen und Professoren treffen, dazu gibt’s auch noch Vollverpflegung, Übernachtung und Deutschlands einzige SpieleforscherInnen-Party — und das alles dank unserer Sponsoren für gerade mal 25 Euro. Also wen das nicht lockt, der schreibt seine Abschlussarbeit vermutlich über ein komplett anderes Thema.
Das ist mal ein Angebot! Danke für dieses sehr informative Gespräch, Florian!