Ein Ende kann auch ein neuer Anfang sein. Oder zwei. Oder drei...
LADE – SYSTEM WIRD ÜBERPRÜFT.
Lebenszeichen: grün
Blackbox-Temperatur: normal
Überprüfung der verbleibenden Energie: 100 %
Systemüberprüfung abgeschlossen
Review A: ÜberwAEltigung
NieR: Automata ist alles auf einmal. Ein Third-Person-Hack’n’slay, ein Shoot’em Up, ein Platformer, ein Rollenspiel, eine Angelsimulation. Es hat eine offene Welt, aber Schlauch kann es auch. Eine Felsspalte kann ein Weg sein oder eine unsichtbare Wand. Es ist also auch ein Ratespiel. In NieR: Automata spielt man die Androidin 2B. Sie kämpft in Minirock und Hackschuhen gegen Roboter, die aussehen wie Raviolidosen mit Kinderfahrradreflektoren als Augenersatz. Aliens haben sie auf die Erde geschickt, um die Menschheit auf den Mond zu verbannen. Später kämpft man auch mit anderen Androiden gegen die archaischen Maschinen. Diese Androiden heißen 9S oder A2 und sind auf demselben Schachbrett ausgebildet worden wie 2B. Es gibt 26 verschiedene Enden. NieR: Automata ist trotzdem nie vorbei. Und das Beste ist: Wenn man NieR: Automata jetzt bestellt, bekommt man diesen praktischen Messerblock gratis dazu!
“Everything that lives is designed to end.”
Review B: SinnsUche
NieR: Automata stellt philosophische Fragen. Es traut sich was. Gefühle sind den Androiden untersagt, das vermitteln mir auch die Charaktere und die Spielwelt, die vermutlich bewusst nichts in mir auslösen sollen. 2B ist eine Kampfmaschine, die nach menschlichem Vorbild geschaffen wurde. Das hier verwendete humanoide Abziehbild ging gerne auf Evanescence-Konzerte und las heimlich unter der Bettdecke “Fifty Shades of Grey”. Der Titel dieses Buchs stand zudem Pate für die verwendete Farbpalette der postapokalyptischen Endzeitfantasie von NieR: Automata. Die überwucherten Ruinen, leergefegten Wüsten und überfluteten Brücken wurden jedenfalls nicht mit Perwoll gewaschen und auch die zu bekämpfenden Blechbüchsen bleiben (bis auf eine sehr sympathische Ausnahme) stumpf und farblos. Manche von ihnen beten zu Gott. Auch sie suchen nach einem Sinn, werden dabei aber von mir erschlagen, so wie ich von der Vielzahl an Nebenaufgaben. NieR: Automata stellt spannende Fragen, aber alle auf einmal, sodass ihre Antworten nie wirklich zu mir durchdringen und reflektiert werden können.
Review C: [vom]KamPF ablassen
NieR: Automata wurde von Platinum Games entwickelt, die mit Bayonetta und Vanquish bewiesen haben, dass sie aufregende und motivierende Kämpfe inszenieren können und mit Star Fox Zero und diesem einen Turtles-Spiel, dass sie das bei weitem nicht immer tun. Die Wahrheit über die Kämpfe in NieR: Automata liegt irgendwo in der Mitte. Die Mischung aus Drohnen-Geballer und Schwertschwingerei geht geschmeidig von der Hand, doch fehlen die Feinheiten und Kombo-Möglichkeiten, die andere Platinum-Titel so lohnenswert machen. Die sehr oberflächlichen und buttonmashigen Auseinandersetzungen mit den immer gleichen wandelnden Mülleimern lassen mich mit zunehmender Spielzeit jedem vermeidbaren Duell aus dem Wege gehen. Auch die zahlreichen Momente, in denen das Spiel in die Draufsicht wechselt und sich als Bullethell-Shooter verkleidet, ziehen mich eher runter als mit, da auch hier lediglich Dauerfeuer ohne Tiefgang geboten wird. Das hat das kleine aber feine Furi deutlich besser hinbekommen. Diese Defizite sind anfangs kaum der Rede wert, werden jedoch bei mehreren Spieldurchläufen zunehmend offenkundiger und stehen letztlich der Zusammenführung der zusätzlichen Handlungsstränge im Wege.
“A future is not given to you, it is something you must take for yourself.”
Review D: BurnouT
NieR: Automata zeichnet ein sehr melancholisches Bild von der Sehnsucht nach Menschlichkeit und Frieden in einer Welt, die ausschließlich von Maschinen bevölkert ist. Eine Melancholie, die sich nicht zuletzt aufgrund des intensiven und einprägsamen Soundtracks auf mein Gemüt überträgt. Die blassen Farben, die trostlose Leere einer sehr eng beisammen gehaltenen, nur fadenscheinig offenen Spielwelt, die zehrenden, oft langwierigen Kämpfe – alles hier nährt dieses eine, vereinnahmende Gefühl, das ich irgendwann nur noch abschütteln will – es aber nicht kann. NieR: Automata gelingt es nicht, bei mir Empathie für seine Figuren zu erzeugen, da diese lieber auf Grundlage von Manga-Klischees und Cosplayability gestaltet wurden, statt auf ihren primären Einsatzzweck als Kampfmaschinen einzugehen. Ohne diese notwendige Nachvollziehbarkeit von Figuren und Spielwelt, fühle ich mich letztlich bei meiner Suche nach Antworten ausgebrannt und unerfüllt, da mir das Schicksal der Handelnden zu keinem Zeitpunkt nahe geht und sich so unvermittelt eine betäubende Routine einschleicht.
Begleitet von diesem dunklen Gefühl der Bedeutungslosigkeit beobachte ich, wie sich ein feindlicher Roboter im Spiel selbst in die Luft jagt, weil er keinen Sinn mehr in seinem Dasein sieht. Ich tue es ihm gleich und aktiviere 2Bs Selbstzerstörungsfunktion. Sie überlebt, ihr Minirock nicht. Die Melancholie ist unausweichlich.
Review E: Das [E]nde des HamsteRrads
In NieR: Automata endet die eigene Existenz nicht mit der Zerstörung der stofflichen Hülle. Das Gedächtnis wird hochgeladen und in einen neuen Körper gepflanzt, die Mission wieder aufgenommen, bis sie erledigt ist und der nächste Auftrag das Hamsterrad in Gang hält. Es ist der Kreislauf des Lebens, wo kein Leben ist. Recycling als Grundlage jedweden Handelns. Eine Zukunft werde einem nicht geschenkt, man müsse sie für sich beanspruchen, steht es hellgrau auf dunkelgrau während einer der zahllosen Endsequenzen geschrieben. Also betätige ich ein letztes Mal 2Bs Selbstzerstörungsknopf, bestaune ihren wohlgeformten Schinken und schalte die Konsole aus. Ich verzichte auf eine Auflösung und gehe unerleuchtet ins Bett. Nur die Melancholie, sie bleibt.