Axiom Verge: Im Alleingang

Gut fünf Jahre werkelte Thomas Happ ganz allein an einem kleinen Nebenprojekt, das nun ganz groß rauskommen könnte. Alles, was man in der Metroid-Hommage Axiom Verge zu sehen und zu hören bekommt, ist seinem klugen Kopf entsprungen und schreit einem förmlich ins Gesicht, dass mit genügend Einsatz, Überzeugung und Disziplin etwas ganz Großen entstehen kann.

So ist nach einigen Minuten im Spiel auch mein erster Gedanke, dass das alles doch nie und nimmer von einer einzelnen Person stammen kann. Wie eine emotionale Zeitreise ergreift es mich in meiner Samus-Nostalgie – vom Grafikstil über die Steuerung, bis hin zur exzellenten musikalischen Untermalung – alles erinnert an die unvergessenen Stunden, die ich 1994 mit einem geliehenen Super Nintendo beim Kampf gegen Mother Brain verbrachte. Von den Waffenupgrades, verschlungenen und anfangs oft unpassierbaren Wegen, bis hin zu den großartigen Bosskämpfen wirkt alles fast schon ein wenig zu originalgetreu, doch Happ hat sich auch Gedanken gemacht, wie er dem Spiel seinen persönlichen Stempel aufdrücken kann.

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Neben der eher vergessenswerten Hintergrundgeschichte um einen Wissenschaftler, der nach einem Laborunfall in einer fremden High-Tech-Welt aufwacht, stellen immer wieder auftauchende Glitches ein hervorstechendes Design-Element dar. Diese kann man mit bestimmten Upgrades beeinflussen, neue Wege bereiten, Plattformen sichtbar machen und Gegner in ihrem Verhalten beeinflussen. Ein wunderbares Stilmittel, um das Gefühl der Fremdheit und den Entdeckungsdrang weiter zu fördern.

Nach zwei Stunden im Spiel ist dann aber mein zweiter Gedanke, dass das alles vielleicht doch von einer einzelnen Person stammen kann. Denn alles, was anfangs Staunen und Bewunderung hervorrief, hat sich zwischenzeitlich durch repetitive Spielabschnitte und aufgrund frusterfüllter Orientierungsprobleme in Ernüchterung gewandelt. So großartig das Grundgerüst von Axiom Verge auch sein mag, das Fehlen eines dringend notwendigen korrektiven Augenpaares bei der Entwicklung kann es nicht verhüllen. Happ hat letztlich einen zu großen Maßstab für sein Soloprojekt gewählt. Unzählige Wege führen aufgrund fehlender Upgrades in eine Sackgasse, immer wieder trampelt man auf der Suche nach einem Ausgang die gleichen Pfade ab, ballert auf identische Gegner und verliert die Lust statt sich selbst im Spiel.

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Gerade die Kämpfe fühlen sich so schrecklich nüchtern und altbacken an, dass ich ihnen, wenn möglich, komplett aus dem Weg gehe. Da bin ich dann vermutlich doch ein wenig von moderneren Titeln verdorben, die mich zumindest mit Erfahrungspunkten oder zusätzlicher Energie ködern. Oder wenigstens mit dem Komfort, mich mit dem Gegner beim nächsten Passieren nicht mehr herumschlagen zu müssen. So leidet leider das Spieltempo enorm und mit ihm die Zuversicht, vielleicht doch noch einen Ausweg zu finden.

Thomas Happ hat dennoch allen Grund, stolz auf sein Werk zu sein. Für ein Spiel dieser Größenordnung ist seine Leistung bewundernswert und womöglich verklärt die Erinnerung auch ein wenig, dass Super Metroid einst ein ähnliches Maß an Geduld abforderte, das ich Axiom Verge nun verweigere. In meinen Augen ist es in seiner Gänze das beste im Alleingang erschaffene Spiel seit Rollercoaster Tycoon. Und ich will gar nicht wissen, wer nun alles ungläubig dessen Wikipedia-Eintrag bemüht, weil es so unglaublich klingt, dass man nur Dank eines einzelnen Individuums hunderte Achterbahngäste in einen Hot-Dog-Stand fliegen lassen konnte.