Hatred: Dies ist wirklich die Rezension zu Hatred!
Da das kontrovers diskutierte Hatred trotz seiner vielversprechenden Prämisse, wehrlose Zivilisten zu stumpf gedroschenen Death-Metal-Zitaten abzuknallen, nun völlig überraschend doch eher ungeil geworden ist, haben wir uns überlegt, an dieser Stelle lieber einigen kleineren Spieleperlen ein Forum zu geben, die deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient haben als die PR-Blase des selbstironisch benannten polnischen Entwicklerstudios Destructive Creations. Jeder der folgenden Titel ist ausnahmslos super. Dafür stehen die jeweiligen Autorinnen und Autoren mit ihrem Namen. Außer Fabu. Das ist nur ein Pseudonym und vielleicht ist deswegen das empfohlene Spiel auch ein Trojanisches Pferd und mit Vorsicht zu genießen.
Adventures of Bertram Fiddle: Episode 1: A Dreadly Business
Jagoda Ihr müsst Adventures lieben! Ihr müsst sie so sehr lieben, wie ich sie liebe! Mit Haut und Haar, mit Point’n’Click, mit Liebe zum Detail und Hass zum rasanten Erzähltempo. Dann werdet ihr auch Bertram Fiddle lieben, mit all seinen liebenswerten Charakteren, der großartigen Synchronisation, den schönen Nasen und seinem verschrobenem Humor. Ihr werdet euch suhlen in der Befriedigung des Rätsellösens und mitreißen lassen von der Welt des Londons im 19. Jahrhundert mit all seinen Abenteurern, Expeditionen und natürlich Mordfällen. Ihr müsst es einfach lieben. Bitte.
Sonja Wie wäre es anstelle von Hass mit ein bisschen Angst? Dafür muss man nicht einmal ins FSK18-Horror-Regal greifen, das geht auch mit der Audio-Horror-Miniatur Dark Echo ganz gut. In dieser Variation des klassischen Escape Games muss der Ausgang aus labyrinthartigen Leveln in absoluter Dunkelheit gefunden werden. Zur Orientierung dienen visuelle Repräsentationen der Geräusche, die meine Schritte auf dem Boden machen. Die sichtbaren „Schallwellen“ werden von Wänden zurückgeworfen und breiten sich in die Richtungen aus, in denen es weitergeht. Sie alarmieren aber auch tödliche Gegner, die in den dunklen Ecken lauern. Eine gruslige Geräuschkulisse, die Finsternis und die ständige Ungewissheit, was kommt, sorgen für Spannung und Furcht. Kopfhörer auf, Jalousien runter, Angst gehabt!
Fabu Snakebird ist das beste Rennspiel aller Zeiten und das sagt nicht irgendwer, das sage ich. Nagut, das war gelogen, denn bei Snakebird handelt es sich vielmehr um ein Puzzlespiel. Mit Schlangen gekreuzte, fluguntaugliche Vögel gewinnen an Länge, sobald sie Früchte verspeisen und müssen auf diese Weise unter der Berücksichtigung der Schwerkraft zum Ausgang geführt werden. Das klingt weniger kompliziert als es der Fall ist. Wirklich, Obacht: Lasst euch von der niedlichen Fassade nicht täuschen. Dahinter verbirgt sich nämlich eine knallharte Herausforderung. “A game about making mistakes.“, wie Chris Priestman so schön sagt.
Marcus STOP! Lemma-Time! Dieses kantiges Spiegelbild von Mirror’s Edge kann einem die Wartezeit auf dessen zweiten Teil mit anspruchsvollen Parkour-Einlagen, einem leichten Portal-Einschlag und kreativen Physikspielereien versüßen. Faith muss davon nichts mitbekommen, die Beziehungspause war ja schließlich ihre Idee. Dass Lemmas Protagonistin im Spiel von Zeit zu Zeit mit ihrem Boyfriend simst, sorgt leider für gelegentliche Abturner, ansonsten kann man mit diesem Titel aber ganz prima die Wand hoch gehen!
Marcus Audiosurf 2 hat soeben die Early-Access-Welle bezwungen und überschwemmt nun Freunde spartanischer Rhythmusspielchen mit ekstatischer Glückseligkeit. Glich der 2008 erschienene Vorgänger in seiner Kompaktheit noch einem putzigen Scheibenknutscher, rammt einem dessen Thronfolger mit neuen Modi, abwechslungsreicherer Optik und der Workshop-Anbindung gleich mehrere Zahnreihen seines Haifischgebisses ins Bein. Im Zentrum steht dabei immer noch das bewährte Prinzip, im Takt der eigenen Musiksammlung Blöcke zu sammeln und Störsignalen auszuweichen. Das kann bei Skrillex oder Mastodon in einen epileptischen Höllenritt ausarten oder aber auch der Tiefenentspannung dienen, indem man eine CD mit Walgesängen oder den Stimmen mitteldeutscher Singvögel einlegt. Fünf Minuten mit dem Hörbuch zum Moppel-Ich waren mir dann aber doch genug und das lag sicherlich nicht an diesem hervorragenden Spiel.
Daniel Manche Videospiele sind brutal und sinnlos – so wie Ubermosh. Jede Runde beginnt mit einem Schwert, das nicht nur unzählige Gegner, sondern auch deren Lasergeschosse zerhacken und zurückschleudern kann. Die Gegner zerplatzen und schmücken die grau-braune Umgebung mit ein paar Farbtupfern. Mal nach 51, 67 oder 83 Sekunden endet die Runde mit dem Tod der namenlosen Kämpferin. Hektisch, kurz, monoton und adrenalingeladen wie eine gute Partie Flipper. Es gibt keine spielerische Tiefe, keine Erzählung, keine Motivation. Es gibt nur immer wieder eine weitere Minute in der Elektropunk-Moshpit, auf der Jagd nach einer neuen Highscore. Und jede Sekunde ist es wert.
Hendrik Aber wenn Ihr trotz all dieser Gegenvorschläge doch lieber isometrischen Massenmord von Arschlochentwicklern spielen wollt, dann kauft doch wenigstens Postal 1. Das ist in Farbe, hat Multiplayer, kostet nur ein Drittel, sollte selbst auf Eurem Rechner ohne Probleme laufen, hat zwei Level, die ich auch achtzehn Jahre später noch in guter Erinnerung habe und ist besser als der Film.