Wirf um dein Leben.
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Es ist und bleibt ein kleines Wunder, dass man im Ausland neben Hitler, Volkswagen und Bratwurst gerade alpenländische Bräuche mit Deutschland assoziiert. Lederhosen, Gamsbärte, Schuhplattler – das funktioniert auf dem Oktoberfest schon so zünftig, dass es auch in ganz Deutschland zur Leitkultur geworden sein muss. Auch wenn es bei einem polnischen Entwicklerstudio naheliegt, dass sich der Fokus vom Zwirbel- hin zum diabolischen Chaplin-Bart-Träger verschiebt, spielen Lichthund mit ihrem konstant zwischen dämlich überzogen und höllisch schwer pendelnden 2D-Speerwurfsimulator Lichtspeer mit gänzlich anderen Klischees. Darin drehen die Entwickler Rafal Zaremba und Bartek Pieczonka verschiedene Aspekte germanischer Mythologie erst auf links und stopfen sie dann in ein Korsett, das popkulturelle Erscheinungen wie den landläufigen Hipster als Gegner-Archetyp mit scheinbar wahllos eingestreuten deutschen Vokabeln und einer großen Dosis Ironie verschnürt – denn eigentlich spiele ich Lichtspeer nur, um zu scheitern.
Das wird mir zumindest in der reispapierdünnen Hintergrundgeschichte des Spiels deutlich gemacht. Als männlicher oder weiblicher Held werde ich vom allmächtigen Lichtgod heraufbeschworen, den chronische Langeweile plagt. Zur persönlichen Unterhaltung schickt mich die als im Raum schwebende Maske manifestierte Gottheit auf eine Reise durch bunte Landschaften, um mit dem titelgebenden Lichtspeer Horden an Gegner zu erledigen. Wobei Laserspeer hier tatsächlich passender wäre: Meine mächtige Waffe erstrahlt in ebenso mächtigem Neonpink, und auch das Interface des Spiels mischt Retro-Optik mit SciFi-Futurismus. Das Gameplay selbst ist ebenso simpel wie bekannt. Ich bestimme per Analogstick den Abschusswinkel meines Speers, während mich verschiedenste Gegner wie Zombies, Pinguin-Wikinger oder Hipster-Frostriesen bedrängen, die ich mit einem oder mehreren Würfen ausschalten muss. Jeder erlegte Widersacher bringt mir, je nach Style-Faktor, Kombo- und Kopftrefferanzahl unterschiedlich hohe Mengen an LSD ein, kurz für Licht Standard Denomination. Damit kann ich zwischen den Levels beim Lichtgod des Handels meine Kräfte aufwerten und neue Fertigkeiten erlernen, was vor allem später nötig wird. Für normale Gegner reichen mein Standardangriff und flinke Finger, Bossgegner benötigen schon ein wenig mehr Taktik und geschickten Einsatz meiner Fähigkeiten.
So simpel das Spielprinzip auch ist: Im späteren Spielverlauf wird aus dem entspannten Schleuderspaß ein höllisches Schleudertrauma. Gegner attackieren mich aus der Luft, vom Wasser und von Land aus, sprinten aus beiden Richtungen auf mich zu und verlangen mir einiges an Übersicht und Timing ab – wer da noch den besonders schweren Rage-Quit-Mode spielen soll, wissen wohl nur die Entwickler. Die einzelnen Levels sind dafür knackig-kurz, was das Fehlen von Zwischenspeicherpunkten bis zu einem gewissen Grad verschmerzbar macht. Der pumpende Elektro-Soundtrack des polnischen Komponisten Marcin Sonnenberg sorgt für zusätzliche Adrenalinschübe, während die reduzierten, in ihrer Optik an Papierbasteleien erinnernden Charaktere und Hintergründe den retrofuturistischen Ansatz zwar passend ergänzen, aber nicht gerade einfallsreich gestaltet wirken. Nach Hipster-Bashing kräht mittlerweile schließlich kein Hahn mehr, und das willkürlich zusammengewürfelte Charakterdesign wirkt zum großen Teil auch wenig inspiriert. Was über jeden Zweifel erhaben bleibt, ist letzten Endes das fordernde Gameplay. Das ruft zwar mit großer Regelmäßigkeit mit einfachsten Mitteln komplexe Wutanfälle hervor, zwingt mich aber trotz allem stets aufs Neue wieder an den Controller.