Ein Stern, der deinen Namen trägt,
hoch am Himmelszelt,
den schenk ich dir heut' Nacht!
Und jetzt alle ...
Im vierten und letzten Jahr auf der Grundschule wurde ich von meiner damaligen Klassenlehrerin Frau Strengstolz* auserkoren, die Hauptrolle in einer Bühneninterpretation des Bilderbuchs „Wo die wilden Kerle wohnen“ zu spielen. Besagte Lehrerin hatte eine sehr mächtige Frisur, die nur von Unmengen an Haarspray gehalten werden konnte. Davon tief beeindruckt, sagte ich nicht nein und konnte dafür nächtelang nicht mehr ruhig schlafen. Seither stand ich nie wieder auf einer Bühne. Das wollte ich auch nicht.
Beeindruckend trotzdem, dass über all die Jahre so viel von meiner Angst geblieben ist. Selbst in Stage Presence, einem Bühnensimulator des Entwicklers Sea Green Games, war mir nicht wohl dabei, auf einer virtuellen Bühne zu stehen. Dabei war niemand sonst in meiner Wohnung. Die Geschichte: Bei einem Konzert vor Festival-Publikum kippt jemand Pfirsichschnaps übers Mischpult. Dem Spieler obliegt es nun, für eine gewisse Zeit in ein Mikrofon Geräusche zu machen und so die Menge zu unterhalten bis die Technik wieder funktioniert.
Ich begann zunächst damit, sinnloses Zeug zu brabbeln, dann zu singen. Ich stimmte ein paar Abba-Lieder an, deren Text mir nicht hinlänglich vertraut war und endete schließlich bei einer musikalisch wie textlich inkorrekten Version von Waterloo. Dann wies mich das Spiel darauf hin, ich solle doch auch meine Lautstärke ab und zu ändern. Also begann ich zu schreien. Allein, in meiner Wohnung. Ich tat das ein paar Mal, dann wurde mir das Ganze unangenehm, also schloss ich die Hände um mein Mikrophon und plärrte in den so entstandenen Hohlraum, schließlich begann ich zu flüstern, um genug Varianz zu erzeugen.
Ein wenig kam ich mir jetzt schon vor wie ein Psychopath. Ich bin glücklich, derzeit nicht im Besitz einer Oculus Rift zu sein, denn die VR-Brille wird durch das Spiel auch unterstützt, was die Bühnenerfahrung noch verstärken soll. Jedenfalls modulierte ich weiter meine Stimme, rief „Hey, hey, hoffentlich ist das bald vorbei, yeah!“ und blickte in das wabernde Publikum, das sich sichtlich über meine Mühen freute. Ich kam mir vor wie Andrea Berg, die es mit ein paar Brocken Sprache schafft, ein völlig zombifiziertes Publikum zu begeistern. Ein schmutziges Gefühl. Das virtuelle Publikum war irgendwann beruhigt, aber ich schäme mich jetzt. Gott sei Dank haben meine Nachbarn nicht den Krankenwagen gerufen. Nie mehr Bühnenerfahrung!
* Name von der Redaktion geändert