Starseed Pilgrim
Klötze. Es geht um Klötze.
Klötze, die pling plong pling machen.
Dann ist da noch ein bisschen Lyrik und eine dunkle Parallelwelt und Hüpfen und Klötze pflanzen. Klötze, die pling plong pling machen. Ich könnte den Klötzen stundenlang zuhören, so schön klingen sie.
Es wurde schon allerlei zu Starseed Pilgrim geschrieben. Chris Priestman vergleicht das Gameplay mit dem Schreibprozess, mit der Bedrohlichkeit des weißen Papiers, das beim Schreiben neue Gestalt annimmt. Kaitlin Tremblay sieht Parallelen zu ihrer Abkehr vom Katholizismus. Das Eintreten in eine unbekannte, beängstigende und gleichsam faszinierende Welt in der göttlicher Trost von wissenschaftlicher Logik ersetzt wird. Kitschige Vergleiche, die – wenn ihr mich fragt – mehr über die Weltsicht ihrer Autoren aussagen, als über das Spiel selbst. Doch ist es nicht genau das, was interessante Texte und Bilder ausmacht, dass sie als Projektionsfläche für unsere eigenen Gedankengänge dienen?
Seit 2010 gab es im Forum des TIG-Source-Blogs, das als Durchlauferhitzer der Indie-Szene fungiert, regelmäßige Screenshots, Testbuilds und kryptische Beiträge von Entwickler Droqen zu sehen, verkauft wird es seit etwa einem halben Jahr. Dennoch ist das Spiel, ähnlich wie Cart Life, nur sehr langsam an die Oberfläche getrieben. Von unbekannt zu Geheimtipp zu Blog- und Twitterthema zu IGF-Nominierung bis zur prominenten Platzierung auf Steam und den damit einhergehenden Reviews war es ein langer Weg. Ein Weg der verdeutlicht, dass es selbst für herausragende Indiegames immer schwerer wird die notwendige mediale Aufmerksamkeit zu bekommen. Dabei hätte Starseed Pilgrim wenigstens so viel Berühmtheit verdient, dass es auf die mobilen Konsolen portiert wird. Wollte Sony sich nicht besonders Indie geben? Starseed Pilgrim wäre eine perfekte Gelegenheit.
Starseed Pilgrim ist ein Spiel mit bunten Klötzen. Ein schlichtes Spiel, das seine Faszination vor allem aus dem Geheimnis zieht. Das Geheimnis ist in diesem Fall die Spielmechanik. Ganz bewusst gibt es keine Tutorials, keine Wegweiser, keine Textboxen. Starseed Pilgrim will, dass Spielerinnen und Spieler sich ihm durch Ausprobieren und Beobachten nähern.
Da wären bunte Klötze, die sich auf verschiedene, teils zufällige, teils berechenbare Weise verhalten. Schwarze, bedrohliche Klötze. Eine Parallelwelt, deren Struktur davon beeinflusst wird, wie der Spieler mit den bunten Klötzen umgeht. Symbole, deren Bedeutung man erst erkennt, wenn man genau hinsieht. Gameplay, das sich nach etlichen Spielstunden verändert. Simple Zusammenhänge, die man viel zu spät und nie vollständig erschließt. Fortschritt wird hart erkämpft, jede neue Erkenntnis ist Belohnung genug.
So sind es am Ende nicht die unaufhaltsamen, schwarzen Klötze, die die Figur des Pilgrims bedrohen, sondern das Internet. Lasst euch an dieser Stelle von einem alten Mann einen Rat geben: Spielt Starseed Pilgrim so, wie ihr an Zelda: A Link to the Past gescheitert seid, so wie ihr wochelang an The Secret of Monkey Island probiert und an FEZ gerätselt habt. Legt das Internet beiseite, macht Gamefaqs zu und verabschiedet euch vom Gedanken des Durchspielens. Starseed Pilgrim ist Rätsel, Lernprozess, Zeitdruck, Frustration, Geschicklichkeit, Zufall, Timing, Begeisterung und bunte Klötze die pling plong pling machen.
Ich könnte den Klötzen stundenlang zuhören, so schön klingen sie.