The Lost Levels: */2015
Einhundertirgendwas Spiele habe ich in diesem langsam zu Ende gehenden Jahr gespielt und über ungefähr dreiundvierzig davon habe ich schon etwas geschrieben, das Marcus dann korigieren musste. Trotzdem blieb einiges angespielt und unbeschrieben. Bevor diese teils wunderbaren Titel nach dem Jahreswechsel für immer unerwähnt bleiben, meißle ich ihnen hier in den Lost Levels zumindest einen recht hübschen Grabstein.
I Can’t Escape: Darkness (Windows, Mac, Linux)
I Can’t Escape: Darkness ist ein Survival-Horror-Spiel mit Roguelike-Elementen im Stil klassischer Dungeoncrawler und hakt mit dieser Beschreibung schon so viele Buzzwords ab, dass sich dahinter kaum noch ein eigenständiges Spiel verbergen kann. Tut es aber. Gefangen in einem verfluchten Tempel ist der einzige Ausweg der Vorstoß zum Herzen des Gewölbes. Das ist wörtlich gemeint, denn die Wände sind lebendig, bluten und starren ihre Besucher mit riesenhaften Augen an.
Je tiefer es hinab geht, umso mehr schwindet das Tageslicht, das neben ein paar improvisierten Waffen der größte Schutz vor den in der Dunkelheit lauernden Ungeheuern ist. Wenn sie einen nicht töten, dann ist es vielleicht ein giftiger Pilz oder ein Sturz in den Abgrund. Der Horror in diesem Horrorspiel kommt nicht aus der Angst vor dem Sterben, sondern aus der ständigen Wiedergeburt: Auf jeden Tod folgt die Wiedergeburt am Anfang des Levels als Teil eines Kreislaufes, der den Fluchtversuch mit jedem Mal hoffnungsloser wirken lässt. Und das ist wirklich ein unheimliches Gefühl.
The Masterplan (Windows, Mac, Linux)
Jungs, hier kommt The Masterplan. Von der Flucht aus dem Polizeirevier über Überfälle auf Tankstellen bis zum großen Coup zeichnet es den verbrecherischen Weg zweier Brüder nach. Die Raubzüge haben einige Parallelen zum Taktik-Shooter Door Kickers: Das Gaunerpärchen wird von oben herab in Echtzeit gesteuert, das Geschehen lässt sich aber jederzeit Pausieren, um den nächsten Schritt in Ruhe zu planen. Und genau wie Door Kickers wirkt The Masterplan etwas angestaubt. Wem die nicht wirklich hübsche Comicgrafik und das wenig zeitgemäße Gameplay egal und Payday zu hektisch ist, findet dennoch ein nettes Strategiespiel zum Ausleben einer romantisierten Bankraubfantasie.
Affordable Space Adventures (Wii U)
Seien wir mal ehrlich: So schön die Idee eines gemeinsamen Abenteuers auf der Couch auch ist, das kooperative Zusammenspiel geht nur selten über das gegenseitige Wegschnappen von Punkten und synchrones Drücken von Schaltern hinaus. Bei Affordable Space Adventures ist der Koop-Modus hingegen mehr als eine bloße Dreingabe. Zu dritt gespielt, übernimmt jedes Crewmitglied eine andere Rolle bei der Steuerung eines klapprigen, kleinen Raumschiffs. Über das Touchpad des Wii-U-Controllers werden die Regler des Maschinenraums bedient, die anderen beiden Controller sind für den Scheinwerfer und die Manövrierung des Schiffes zuständig.
Die Aufteilung der Steuerung erfordert so vor allem eins: Kommunikation. Spricht die Crew nicht ständig miteinander, wird das Raumschiff schnell zum Futter für Alienpflanzen, von Robotern abgeschossen oder in einem Laser gegrillt. Der einzige Haken bleibt, dass Affordable Space Adventures als kooperatives Spiel so gut funktioniert, dass es nur als kooperatives Spiel so gut funktioniert. Alleine verliert die interstellare Pauschalreise viel von ihrem Reiz und wird von einer teambildenden Maßnahme zu einem gewöhnlichen Puzzlespiel.
The Charnel House Trilogy (Windows)
Vielleicht wüsste ich The Charnel House Trilogy etwas mehr zu schätzen, hätte ich nicht kurz zuvor die Blackwell-Pentalogie gespielt. So aber muss sich das Point-and-Click-Adventure wegen seiner Parallelen einen direkten Vergleich gefallen lassen. Und der fällt nicht gerade gut aus: Von den Charakteren und ihrer Synchronisation bis zur Geschichte und die Thematisierung des Todes gibt es keinen Aspekt, den Wadjet Eye mit ihrer Geistergeschichte nicht deutlich besser umgesetzt haben.
Es gäbe also keinen Grund, The Charnel House Trilogy viel Beachtung zu schenken, wäre da nicht der zweite Akt. Dieser Mittelteil ist eine Stephen King‘sche Horrorfantasie, die die Grenzen zwischen Albtraum und Realität verwischt und die ihrer Geschichte zugrunde liegende Metapher mit so viel Hingabe erkundet, dass es das Mittelmaß des restlichen Spiels umso mehr verdeutlicht. Unter dem Namen Sepulchre ist dieses Kapitel bereits 2013 als eigenständiges Spiel erschienen. Aber ohne The Charnel House Trilogy wäre ich wohl nie darauf gestoßen.
RymdResa (Windows, Mac, Linux)
Der Weltraum. Unendliche Weiten. Stille umhüllt das Raumschiff, in dem ich nach dem Ende der Welt als letzter noch lebender Mensch durch das Sonnensystem fliege. Ständig auf der Suche nach einer neuen Heimat und wertvollen Ressourcen, die mein Überleben ermöglichen. Zwischendurch trägt eine verzerrte Stimme ein Gedicht über die Einsamkeit der Reise vor. Dann sammle ich wieder Punkte ein, die ich in eine Verbesserung meines Antriebs investiere. RymdResa trägt seinen inneren Konflikt so offen vor sich her, dass ich in der hypnotischen Monotonie des Flugs durch den Weltraum keinen Gedanken an die ständig umherschwirrenden ludonarrativen Midi-Chlorianer verschwenden muss. Stattdessen schalte ich ab in dieser Mischung aus FTL und philosophischer Erkundung, rüste mein Raumschiff auf und lausche einem Gedicht.
Die hier aufgeführten Spiele sollten ursprünglich in einzelnen Artikeln besprochen werden, doch leider kam es aus Zeitgründen nicht dazu. In der Serie The Lost Levels präsentieren wir diesen ‘Überschuss’ in Kurzform, damit die geleistete Vorarbeit nicht umsonst war. Außerdem wäre es schade, euch die geplanten Themen gänzlich vorzuenthalten.