How Dare You! #08: Julian Dinges und Simon Weis alias runvs
Erinnert ihr euch noch an die zwei Jungs aus eurer Oberstufe? Die mit der langen Matte auf dem Kopf? Die vermutlich andauernd Metal oder sowas in der Art gehört haben? Diese beiden Typen könnten Julian Dinges und Simon Weis gewesen sein. Die Fürther Jungs haben sich vor zwölf Jahren in der Schule kennengelernt – heutzutage entwickeln sie Spiele wie Cureator und treten gemeinsam als runvs beim Ludum Dare auf.
Julian arbeitet in einer lokalen Mikroelektronikfirma innerhalb des Informationstechnologie-Bereichs und kümmert sich dort um Intranet-Anwendungen. Simon hingegen ist ein Mann der theoretischen Wissenschaft: Er promoviert in Physik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, wo er sich mit der Frage, wie Reibung die Packungseigenschaften von Teilchen beeinflusst, beschäftigt.
Eure drei goldenen Regeln für die Spieleentwicklung?
- “Vorbereitung und Design: Einfach darauf los programmieren ist nicht. Ohne Game Design-Dokument geht erst einmal gar nichts.“
- “Abstand und Feedback: Ab und zu ist es hilfreich, wenn man einfach mal etwas anderes tut. Oft fällt einem dann eine Lösung ein, wenn man das Problem nicht ständig vor Augen hat. Außerdem kann man eventuell Freunden schon mal was zeigen und wichtiges Feedback bekommen.“
- “Juice, Juice, Juice!: Juice wird meist durch kleine Features generiert, die dem Spieler ein wenig Befriedigung geben. Schiebt dein Charakter gerade eine Metallkiste über den Boden? Lass die Funken fliegen. Ist etwas explodiert? Der Bildschirm muss wackeln! Ohne Juice fühlt sich ein Spiel schnell langweilig an.“
Die beiden 26-Jährigen haben schon eine richtige Gamejam-Geschichte hinter sich. So haben sie bereits an der 1GAM-Challenge, der ZFX Action, dem GBJam, der Devmania und vielen weiteren Veranstaltungen teilgenommen. Für das Ludum Dare aber sind jedes Jahr drei Kreuze in ihrem Terminkalender fest eingeplant. Spieleentwicklung stellt für sie ein pures Hobby dar, gerade Simon dient es als ein kreativer Ausgleich zu seinem Studium. Julian könnte sich allerdings vorstellen, damit irgendwann einmal sein Geld zu verdienen. In diesem Fall gäbe es aber eine Bedingung: „Die Freiheit, zu tun was ich möchte, will ich ungerne aufgeben.“
Ihre Zusammenarbeit ist dabei von einer klaren Arbeitsteilung geprägt: Zuerst verfassen sie ein Gamedesign-Dokument, in dem die zu implementierenden Features definiert sind. Daraufhin kümmert sich Simon um die Musik sowie Sound-Effekte und Julian um die grafischen Elemente. Auf die Frage, was genau sie an Spieleentwicklung fasziniert, haben beide unterschiedliche Antworten parat. So legt Julian besonderen Wert auf den schöpferischen Akt: „Man kann seiner Kreativität einfach freien Lauf lassen und mit seinem Werk anderen Menschen eine Atmosphäre und Gefühle vermitteln. Außerdem lassen sich Dinge verwirklichen, die in der Realität nicht machbar wären.“
Für Simon hingegen ist es die Modellierung einer neuen Welt, hat er in seinem Studium doch viel mit Mathematik und Physik zu tun: „Die ‘echte Welt’ in Modelle zu verpacken, die dann mathematisch beschrieben werden, finde ich sehr interessant. Man kann sich einfach einen einfachen Regelsatz ausdenken, nach dem einzelne Mechaniken der Spielwelt funktionieren. Ein besonderer ‘Aha!’-Moment wird dann erzeugt, wenn diese Mechaniken zusammen in Aktion treten und sich so ganz neue Konzepte ergeben.“
In ihrem neusten Ludum-Dare-Beitrag Tungsten Orbital Destroyer ist das Szenario recht simpel gestrickt, dafür aber effektiv umgesetzt: Mittels eines mit einem Laserstrahl ausgestatteten Satelliten sollen alle feindliche Basen von der Erdoberfläche wegradiert werden. Hier dreht man den Globus immer wieder und schaut seiner gewaltigen Todesmaschinerie bei der Arbeit zu, während das gelungene Sound- und 3D-Design für die passende Stimmung sorgt.
Ihre erste Teilnahme beschreiben sie als eine chaotische, wenn auch zufriedenstellende Erfahrung. Julian und Simon waren noch nicht allzu erfahren als Spieleentwickler, und so traten allerlei Probleme auf. Durch den Fokus auf das Wesentliche haben sie es aber trotzdem irgendwie geschafft: Ihr Adventure SchrotBeton fand den Weg in den digitalen Äther. Für das dabei enthaltene Item-System hat sich Julian an Diablo 2 orientiert und verschiedene Affixe mit unterschiedlichen Auswirkungen erstellt.
Auch Simon bekennt, dass für ihn Titel, die er selbst gespielt hat, eine größere Inspirationsquelle darstellen: „Bei mir hat alles angefangen mit einem Gameboy Classic. Früher habe ich sehr viel gezockt. Dabei sind dann schnell Ideen im Sinne von ‘Dieses und jenes müsste man besser machen!’ aufgekommen. Insofern sind viele Spiele, die ich mal gespielt habe, meine Inspiration.“ Gerne würde er einmal mit Joe Williamson zusammenarbeiten, da dieser es nach Simons Ansicht immer wieder schafft, in kurzer Zeit phänomenale Eindrücke abzuliefern. Das ist für ihn quasi mit einer sportliche Top-Leistung gleichzusetzen: „An einem Ludum Dare teilzunehmen ist, wie einen Triathlon zu laufen. Es schlaucht ziemlich, aber wenn man die Ziellinie erreicht, gibt es garantiert einen gewaltigen Endorphinschub.“ In diesem Sinne wünsche ich den beiden ein gutes Konditionstraining – das nächste Ludum Dare wartet schließlich schon auf sie.