Publisher-Logos unter der Lupe

Die Logos bekannter Spielehersteller sind ständig präsent, aber in den seltensten Fällen beschäftigt man sich intensiver mit ihnen. Sie zieren Webseiten, Verpackungen, Intros und Werbespots — kurz: sie markieren Reviere und repräsentieren Firmen. Ich habe fünf Personen, die auf dem Gebiet “Design” bewandert sind, zehn dieser Logos vorgelegt und bat um ehrliche Kritik. Es handelt sich um Jürgen Siebert (Redakteur und Autor), Boris Kahl (Grafikdesigner), Markus Schäfer (Grafikdesigner), Heinrich Lischka (Typograf und Grafikdesigner) und Gerrit van Aaken (Webdesigner). Den einen oder anderen werdert ihr sicherlich kennen. Auf geht’s…


Electronic Arts

01. Electronic Arts (Webseite, Wikipedia)

Jürgen Siebert:
“Sieht aus, als hätte es der Gott der Typografie – vielleicht aus Zorn – mit einem Blitz auf den Boden geworfen … wo es zu einem Logo erkaltete. Wiedererkennbar, aber beliebig.” Note: 4

Gerrit van Aaken:
“Ein ehrliches, wenn auch nicht allzu originelles Logo, das seine Herkunft aus den Achtzigern nicht zu verbergen versucht: Bladerunner/STNG/Accolade – konstruierte Formen mit durchgeschossenen Schäften würde man sich heute aus Zeitgeistgründen nicht mehr trauen. Hier passt es aber irgendwie! Und irgendwie haben sie es geschafft, dass man sich immer das gepresst-sonore “Ihh-Äii-Sports-It’s in the Game!” dazudenkt, auch wenn man eigentlich gar nicht will.” Note: 2

Heinrich Lischka:
“Verstaubte 90er Jahre Optik. Passt zu den Produkten, sieht nach Action aus und ist einprägsam.” Note: 3

Boris Kahl:
“Gutes Logo, funktioniert am Bildschirm auf jeden Fall. Es variiert ja auch immer wieder (EA Sports – It’s in the game). Bestimmte Abstände der Flächen im EA gefallen mir nicht so ganz.” Note: 2+

Markus Schäfer:
“Das EA gefällt grundsätzlich, besonders als rundes Signet. Guter Wiedererkennungswert. Nicht alle der zahlreichen Varianten (Unterzeilen, Rahmen, Farben) sind geglückt. Der Umgang damit scheint zeitweise etwas ausser Kontrolle geraten zu sein.” Note: 2-

Nintendo

02. Nintendo (Webseite, Wikipedia)

Jürgen Siebert:
“Bieder wie das Logo einer Fernsehzeitschrift. Furchtbare Schrift. Langweilig.” Note: 4

Gerrit van Aaken:
“Einfallslosigkeit, die an Arbeitsverweigerung grenzt: “Wir schreiben einfach unseren Namen hin und machen ’nen dicken Rand drum. Muss reichen, wir sind ja nicht zum Spaß hier!” Absurde Ideen fließen also alle in die Wii-Minispielchen, nicht in das Corporate Design.” Note: 4

Heinrich Lischka:
“Alleine für sich sieht es sehr langweilig aus und hat keine Idee. In der Anwendung bei den Produkten stört es aber nicht und signalisiert ein Qualitätsprodukt, was sich die Firma mit der Zeit aufgebaut hat.” Note: 4

Boris Kahl:
“Ein Klassiker, der aber gerne mal wieder überarbeitet werden könnte.” Note: 3

Markus Schäfer:
“Ich wünschte, es wäre von mir.” Note: 1

Activision

03. Activision (Webseite, Wikipedia)

Jürgen Siebert:
“Wer sagt denen mal, dass Videospiele nicht mehr am TV gespielt werden? Dringender Renovierungsbedarf!” Note: 4

Gerrit van Aaken:
“Activision macht eigentlich alles richtig: Gut lesbare Wortmarke mit ausreichend individueller Modifizierung. Unkaputtbar und gut zu reproduzieren. Vielleicht ein wenig zu technokratisch und kühl, aber mit einem großen Vorteil: Das Logo ist simpel und bietet genügend Fläche, um beliebig stilisiert werden zu können. Von 3D-Metall-Optik bis hin zur oder Blümchenwiese: Dieser Schriftzug verkraftet das.” Note: 1-

Heinrich Lischka:
“Sieht aus wie ein Logo für eine »Rockband« aus den Achtzigern. Finde es unpassend zu den Produkten. Redesign notwenig. Nächster bitte…” Note: 5

Boris Kahl:
“Irgendwie zu gewollt mit dem V. Gefällt mir nicht ganz so gut.” Note: 3+

Markus Schäfer:
“Noch so ein Klassiker. Wie objektiv will ich das eigentlich beurteilen? Das ist dieser verführerische Retro-Charme, verbunden mit persönlichen Erinnerungen. Gestalterisch ist es ein Logo seiner Zeit, allerdings mit grundlegenden Qualitäten, die es bis heute haben überdauern lassen. Der Wiedererkennungswert ist so enorm, das ein anderes Logo für Activision mir kaum denkbar und sicher nicht erstrebenswert erscheint.” Note: 2

Ubisoft

04. Ubisoft (Webseite, Wikipedia)

Jürgen Siebert:
“Diszipliniert gestaltet und ordentlich ausgeführt. Etwas manierierte Schrift.” Note: 3
(Anm. d. Red.: Sorry, ich musste nachschlagen.)

Gerrit van Aaken:
“Ah, das haben wir doch beim alten ZDF-Logo schon so ähnlich mal gesehen: Schneckenartig nach innen kleiner werdende Kreise in einem von woauchimmer beleuchteten, großen Kreis. Dieses Konstrukt wird begleitet von einem viel zu flachen Westbamplattencoverschriftzug, dessen harte Ecken in verschiedene Richtungen zeigen, und von daher nichtmal richtig Speed aufnehmen. Bleibt überhaupt nicht hängen, das.” Note: 3-

Heinrich Lischka:
“Das Signet bemüht sich, den Betrachter in das Spiel zu ziehen, wirkt aber sehr austauschbar. Der Schriftzug ist für die Branche passend, aber nicht zeitlos.” Note: 3

Boris Kahl:
“Gutes Logo, sieht sehr modern aus. Passt auf jeden Fall zu einer Softwarefirma.” Note: 2+

Markus Schäfer:
“Ich weiß noch, wie das alte Vorgängerlogo aussah. Eine Katastrophe. Das heutige Logo funktioniert besser, das passt. Die Bildmarke lässt sich gut animieren, was Ubisoft in seinen Trailern und Intros auch entsprechend nutzt. Sein Potential entfaltet es erst in der Anwendung auf dem Bildschirm richtig. Großer Nachteil? Finde ich nicht. Unzählige Logos von Filmstudios funktionieren auch so. Diese Modifikationen des U, S und O beim Schriftzug wären verzichtbar gewesen. Insgesamt etwas überladen.” Note: 3+

THQ

05. THQ (Webseite, Wikipedia)

Jürgen Siebert:
“Typisch US-amerikanische Speed-Typografie, Bewegungsitalic mit Spoiler. Passt eher zu einem Rennauto-Bausatz-Hersteller.” Note: 4

Gerrit van Aaken:
“Du kannst dein Unternehmen nicht THQ nennen. Und wenn doch, dann kannst Du kein Logo machen, das impliziert, dass Du ausschließlich Rennspiele herstellst. So ein Parallelogramm verhält sich in jedem nur denkbaren Layout mehr als garstig, sieht aber auch von ganz alleine eher nach einer polnischen Spedition aus. Man könnte ja denken, dass diese seltsamen Einkerbungen in den Schäften der Buchstaben eine negative Gegenform bilden, wie es das offizielle Formular-1-Logo vormacht. Ja. Die Gegenformen hier ergeben nur leider keinerlei Sinn und sind von daher umgehend zu entfernen.” Note: 4

Heinrich Lischka:
“Es ist schon peinlich, wie eine Auto-Tuning-Werkstatt in einer Kleinstadt. Die Anwendung durch Effekte wie Prägung macht es noch schlimmer. Einfach stillos. Redesign dringend notwendig.” Note: 6

Boris Kahl:
“Viel zu schräg gestellt, finde ich schrecklich.” Note: 5-

Markus Schäfer:
“Sehr maskulin, etwas agressiv. Dürfte Rennfahrer und Kampfflieger ansprechen. Als Grafiker spricht mich das Q an. Insgesamt gute Form, die Zeichen passen zusammen, aber es wirkt nicht mehr sonderlich modern.” Note: 2-

Take-Two Interactive

06. Take-Two Interactive (Webseite, Wikipedia)

Jürgen Siebert:
“Mutig, reduziert, keine Schriftspielereien – aber auch keine Idee. Punktabzug wegen ungleicher Zeichenhöhe.” Note: 3

Gerrit van Aaken:
“Wer sich nichts traut, kann zwar nichts falsch machen, aber auch nichts gewinnen. Der nächste, bitte! “Note: 5+

Heinrich Lischka:
“Nette Idee der Darstellung. Handwerklich nicht perfekt, aber in Ordnung. Ziemlich einprägsam.” Note: 2

Boris Kahl:
“Eigentlich eine schöne, klare Sache für einen Grafiker: ein T und eine 2, so einfach. Da hätte man mehr daraus machen können.” Note: 4+

Markus Schäfer:
“Wirkt lieblos und uninspiriert auf mich (wie übrigens auch die beiden Signets der hauseigenen Marken Rockstar Games und 2K). Zu dem T2 Logo gehört eigentlich auch noch eine Unterzeile, “Take Two Interactive”. Die so gesperrte und mit Zwang aufs Format gebrachte Schrift ist das eigentliche Übel.” Note: 5

Sega

07. Sega (Webseite, Wikipedia)

Jürgen Siebert:
“Beständig, wiedererkennbar, stabil. Da weiß man, was man hat!” Note: 1

Gerrit van Aaken:
“Und ab in die Siebziger! Es überrascht mich tatsächlich, wie viel Traditionsbewusstsein in einer solch modernen Branche steckt. Sega hätte ja nun wirklich allen Grund gehabt, sein Logo alle paar Jahre zu verändern – schließlich hat sich die Ausrichtung des Geschäftes ebenfalls ständig gewandelt. Wenn eines der Logos hier Kultcharakter besitzt, dann das gestreifte Sega-Konstrukt. Und wenn es nur der Drang ist, mit dem Kuli diese weiße Linie nachzufahren und auszufüllen! Deshalb, rein aus Nostalgie, eine gute Bewertung, trotz der klumpigen, konstruierten Buchstaben.” Note: 1

Heinrich Lischka:
“Ein Klassiker in Retro-Space Optik, ästhetisch nicht zeitgemäß (oder schon wieder?). Für Old School-Fans ein Schmaus!” Note: 2

Boris Kahl:
“Das ist auch ein Klassiker. Ich fände es besser, wenn sich das G und das A nicht berühren würden.” Note: 2-

Markus Schäfer:
“Hätte das Unternehmen einen anderen Namen, der auch nur um ein Zeichen länger wäre als das fantastisch geniale SEGA, dann würde das so nicht funktionieren und nicht gut aussehen. Starkes Logo, damals wie heute. Auf dunklem/farbigem Grund mit weißer Outline eingesetzt, wirkt es nochmal besonders.” Note: 1

LucasArts

08. LucasArts (Webseite, Wikipedia)

Jürgen Siebert:
“Die kommen vom Film, daher die Vorspann-Ästhetik. In Printanwendungen verhungert und ertrinkt das gelbe Männchen.” Note: 3

Gerrit van Aaken:
“Der klassische Fall eines ultrabekannten Logos (“Hinter Dir! Ein dreiköpfiger Affe!”), welches irgendwann in der kreativen Schaffenpause ein sanftes Redesign (Vom Kunsthandwerk zu modernem Design) erfahren hat, das niemandem so recht aufgefallen sein dürfte. Es ist aber ein klasse Signet geworden: Die filmplakatige Schrift, das güldene Maskottchen – eine Atmosphäre, die sehr stimmig daherkommt. Daumen rauf!” Note: 1-

Heinrich Lischka:
“Gewolt, aber nicht gekonnt. Die Proportionen zwischen dem Signet und Typo sind nicht optimal. Inhaltlich fragwürdig — das Spiel mit der Sonne stellt zwar Spaß und Fantasie dar, aber ob es zu Computerspielen passend ist? George Lucas greift zwar gerne nach den Sternen, aber die Sonne ist vielleicht doch zu heiß? Der Schriftzug sollte bei so einer Firma extra gezeichnet sein und nicht »billig« durch Software verformt werden.” Note: 4

Boris Kahl:
“Ich LIEBE Lucasarts! Hat mich meine ganze Kindheit begleitet. Zum Logo: Finde ich gut, das ist mal was anderes als diese ganzen Techno-Logos.” Note: 2+

Markus Schäfer:
“So passend die Idee für die Form des Schriftzugs sein mag, in dieser Umsetzung gefällt es mir nicht. Es fehlt an Präsenz, auch in Verbindung mit dieser schwächlichen Bildmarke.” Note: 4

Codemasters

09. Codemasters (Webseite, Wikipedia)

Jürgen Siebert:
“Typografie OK, das Bildzeichen assoziiert fremde Branchen: Spielzeug, Architektur, Systemberatung, Möbeldesign …” Note: 4

Gerrit van Aaken:
“Wahrscheinlich das formal cleverste Logo von allen – eine wirklich pfiffige UND gutaussehende Methode, das C mit dem M zu verbinden. Schön. Doch warum belässt man es nicht bei dieser tollen Idee und fügt dem ganzen noch zwei weitere Ideen hinzu? Die Perspektive und der abgeschnittene untere Rand der Bildmarke wären nicht notwendig und lenken nur von der netten “Ligatur” ab – vielleicht muss das heutzutage so sein?” Note: 2

Heinrich Lischka:
“Auch wenn es nicht mein Geschmack ist, finde ich es sehr gelungen und passend. Es bedient zwar Klischees, aber es funktioniert und ist ästhetisch gelungen.” Note: 1

Boris Kahl:
“Interessante Verbindung des C und M. Das würde ich gerne auch mal zweidimensional sehen. Aber ein gutes, modernes Logo.” Note: 2-

Markus Schäfer:
“C3? Sollte Codemasters ein Produkt mit diesem Namen im Repertoire haben, wär das ganz nett. Zeitgeistig schick.” Note: 3

Blizzard Entertainment

10. Blizzard Entertainment (Webseite, Wikipedia)

Jürgen Siebert:
“Wann wird dieses Logo erwachsen? Harry Potter ist es inzwischen.” Note: 4

Gerrit van Aaken:
“Zum Glück machen die ja nur Fantasyzeugs, zumindest hauptsächlich. Und dafür darf man das ja. So zitterige Formen verwenden, meine ich. Blizzard legt mit ihrem Logo auch gleich das Genre fest, indem sich die Firma tummelt. Das ist eine strategische Entscheidung, und sie tut dem Logo gut – denn dadurch hebt es sich auf jeden Fall aus der Masse der konstruierten, maskulin-mathematischen Formen ab und ist was eigenes, sogar mit Charme. Dass dieser Charme ein bisschen was von Telefonbuchkritzeleien einer 16-jährigen Gothic-Anhängerin hat, muss dabei nicht mal negativ sein, sondern fügt sich ganz gut ein in die mysteriöse Blizzard-Welt.” Note: 2

Heinrich Lischka:
“Passt zu den Produkten und positioniert gut die Marke. Ästhetisch nicht mein Fall, aber originell, mutig und ehrlich.” Note: 3

Boris Kahl:
“Dazu fällt mir nicht viel ein. Ungewöhnlich, aber warum nicht?” Note: 3-

Markus Schäfer:
“Warum nur immer diese gesperrten Unterzeilen. Blizzard könnte sich auch mal endültig von dem Rahmen trennen und ihren schönen Schriftzug befreien. Schön ist eigentlich der komplett falsche Ausdruck. Blizzard hat der Spielerwelt einige geniale Zocks beschert und das Logo passt wie die Faust aufs Auge.” Note: 2

Daraus ergibt sich folgende, natürlich nicht repräsentative, Rangliste:

01. Sega (1,5)
02. Codemasters (2,5)
03. Electronic Arts (2,6)
04. Ubisoft (2,7)
05. LucasArts (2,8)
06. Blizzard (2,9)
07. Activision (3,0)
08. Nintendo (3,2)
09. Take-Two (3,6)
10. THQ (4,4)

Sega ist somit (zu Recht) an der Spitze. Die schlechten Platzierungen von Activision und Nintendo kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Diesbezüglich stimme ich mit Markus überein. Besonders das Logo von Activision finde ich super, auch wenn es mit den Jahren vielleicht etwas an Glanz verloren hat. Blizzard hält sich tapfer in der Mitte, was mich etwas verwundert, da ich ehrlich gesagt von einem einstimmigen Verriss ausging. So kann man sich täuschen.

Über Meinungen, Ergänzungen und auch ungefährliches Halbwissen in Form von Kommentaren würde ich mich natürlich freuen.