Schnäuzer und Etiketten: A Game By Its Cover

Moustache King

Der Geistesblitz traf mich, als Fabu mir mal wieder mein Eishörnchen abzockte: All die Jahre konnte ich mich nur deshalb nicht gegen seine Schreckensherrschaft auflehnen, weil sein Bartwuchs so viel mächtiger ist als mein eigener.

“By the laws of our beloved moustachracy, whoever bears the moustache of a king shall rule over all.”

Moustachio, dem Protagonisten des 2D-Schnäuzer-Platformers Moustache King Adventure, ergeht es ganz ähnlich. Um den tyrannischen König zu stürzen und seine Macht zu beweisen, kämpft er sich Oberlippenhaar um Oberlippenhaar durch die royale Gesichtshaaristokratie. Blaublütige Bartträger wollen besiegt, üppigere Borsten zur Schau gestellt werden. Und nein, ich denke mir das gerade nicht selbst aus.

Was sich nach flüchtigem Flaum in meinem Kopf anhört ist eine von 20 Einreichungen einer Indiegame-Competition namens A Game By Its Cover, deren Teilnehmer vor die Aufgabe gestellt waren, ein Spiel auf Grundlage eines völlig fiktiven Spielecovers zu entwickeln. Die My Famicase Exhibition und ihre Kunstwerke, über die ich im Mai berichtete, sind perfekte Vorlagen – in diesem Fall fühlten sich die Herren JaJitsu, Fireshaw, Hempuli und Hyperducks durch ein eher unscheinbares Fake-Etikett inspiriert.

MOUSTACHE! Startschuss war der 17. Juni, zwei Monate später ist aus einer völlig wilden und nie für die Umsetzung geplanten Cover-Idee eines gewissen Niko Lanzuisi nun ein voll spielbarer (und verdammt schwieriger) Titel für den PC geworden.

Aus spontanen Eingebungen, die irgendwo zwischen Erbsenfarmsimulatoren und Geschichten über Zirkusartisten liegen, werden bei A Game By Its Cover dank motivierter Künstler echte Spiele. Jedes einzelne ist etwas ganz besonderes, nicht zuletzt weil die Famicase-Vorlagen ursprünglich niemals programmiert werden sollten und dementsprechend wahnsinnig sind. Ein vom Spieler gesteuerter Debattierer, der in actionreichen, rhetorischen Zweikampf geschickt wird? Klar, warum nicht.

Argument Champion

Argument Champion dreht sich ganz um die Argumentation zugunsten eines vorgegebenen Themas vor großem Publikum. Mit etwas Hilfe durch Debattendämon Corax kann das Empfinden der Zuschauer gelesen und ausgenutzt werden, um den eigenen Standpunkt breit zu treten. Die ungewöhnliche und zufallsbasierte Mechanik, mit der einzelne Begriffe durch Klicks zu Diskussionsketten verbunden werden, bereitet wesentlich mehr Spaß als ein Spiel übers Debattieren auf den ersten Blick verspricht.

“Do you appreciate SON?
Then, like me, you appreciate PENIS.”

Zugegeben, die Assoziationsketten sind nicht immer ganz schlüssig, doch zeigt Argument Champion deutlich, wie viel kreatives Potential und Experimentierfreudigkeit in Jams wie My Famicase oder A Game By Its Cover steckt.

Auch wenn dieses Jahr leider nicht jedes angefangene Projekt beendet wurde, findet sich in der Liste abgeschlossener Einreichungen eine Menge verspielter Perlen in allen Formen und Farben. Ich liebe die Tatsache, dass spontanes Herumgespinne eines Pixelpfuschers wie mir irgendeinen fähigen Programmierer dazu inspirieren könnte, ein Spiel zu schreiben. Und dass diese ungewöhnliche Art von Teamwork irgendwen da draußen, vom Spaß am Spiel abgesehen, dazu motivieren könnte selbst mitzumachen.

Jetzt wo A Game By Its Cover endlich jährlich stattfindet bin ich jedenfalls hundertprozentig entschlossen, ein eigenes Cover zur Vorlage in die nächste Runde zu werfen. Irgendwas mit blauen Kristallen und riesigen Dildos, nehme ich an.