Resident Evil 7: Biohazard ist am besten, wenn es ganz still ist. Wenn das schwere Ticken der Standuhr durch die leeren Flure hallt. Wenn ich in der Ferne einen Schatten erahne, der sich nur als im Lampenschein flatternder Vorhang entpuppt. Wenn es so leise ist, dass ich mich vor meinen eigenen Schritten fürchte. In diesen Momenten fühlt es sich fast so an, als hätte es Tiefpunkte wie den sechsten Teil nie gegeben.
Leider ist es in Resident Evil 7 nicht immer so still.
Es scheint unmöglich, über Resident Evil 7 zu sprechen, ohne es im Schatten seiner langen Geschichte zu betrachten. Resident Evil hatte nie ein Problem damit, sich neu zu erfinden. Bestes Beispiel dafür ist der vierte Teil, der mit allem brach, für das die Serie zuvor stand und sie vom Erfinder des Survivalhorror zum Vorreiter des Third-Person-Shooters machte. Das neueste Spiel versucht diesen Kurswechsel zu wiederholen, reduziert die Waffen und bringt den Horror zurück.
Biohazard, der Name unter dem die Serie bisher in Japan erschienen ist, wird dabei zum Untertitel degradiert. Wurde der Name Resident Evil 1996 nur gewählt, um einem Urheberrechtskonflikt aus dem Weg zu gehen, wird er jetzt zum Leitmotiv der ganzen Serie erhoben. Resident Evil 7 ist auch insofern ein Neuanfang, als dass es die Serie dahin zurückführt, wo sie das westliche Publikum ohnehin schon immer eingeordnet hatte: in ein vom Bösen bewohntes Haus.
Und tatsächlich scheint sich auch sonst einiges an der bisherigen Formel zu ändern. Die Kamera schwenkt vom Schulterblick in die erste Person und statt 90er-Zombie-Trash mit Science-Fiction-Einschlag und Bioterror-Verschwörung wie noch in den Vorgängern liefert diesmal 70er-Exploitation-Horror in den amerikanischen Südstaaten die Kulisse. Resident Evil 7 exhumiert einige Klischees des Horrorfilms: Held Ethan sucht seine verschollene Frau Mia, die von kannibalischen Hinterwäldlern der Familie Baker gefangen gehalten wird, und watet dabei durch viel Blut, Gekröse und ein unheimliches Horrorhaus. Man kennt das ja.
Und man kennt es wirklich, hat man denn irgendwann mal einen Slasherfilm gesehen. Viel Neues kann Resident Evil 7 dem Genre nämlich nicht abgewinnen, sondern hält sich dicht an die gewählten Vorlagen. Auch spielerisch setzt es Altbekanntes neu zusammen, wie ein Kettensägenmörder sein zerstückeltes Opfer. Resident Evil 7 ist deutlich von der Welle an erfolgreichen Horrorspielen beeinflusst, die in den letzten Jahren erschienen sind.
Das Ergebnis ist eine durchaus amüsante Geisterbahn, die dennoch meilenweit von den Höhepunkten der Serie entfernt ist. Der Vergleich mit diesen verdeutlicht, wie viel komplexer die Architektur der Villa im ersten und wie viel mutiger der Stilbruch des vierten Teils war. Und auch im direkten Vergleich zu Amnesia, SOMA, Outlast, P.T. oder Alien: Isolation fällt unweigerlich auf, wie viel origineller und ausgefeilter diese Spiele in ihren respektiven Feldern brillierten. Resident Evil 7 schöpft aus dem Vollen, übernimmt Elemente aus jedem dieser Spiele und legt eine hauchdünne Schicht aus Nostalgie darüber.
Würde Resident Evil 7 nicht den Namen des berühmtesten Horrorspiels aller Zeiten tragen, vermutlich wäre es in der Welle ähnlicher Titel untergegangen. Tatsächlich könnte es genauso gut Outlast: Louisiana oder Five Nights at the Bakers heißen, es würde kaum einen Unterschied machen. Was fehlt, ist nicht das treue Festhalten an den etablierten Klischees der Reihe, sondern ihre Persönlichkeit. Resident Evil 7 hat keinen Charme. Die Merkwürdigkeit, die Biohazard mehr als alles andere ausgezeichnet hat, sind einer an den Zeitgeist angepassten, YouTube-kompatiblen und sehr viel westlicheren Ästhetik gewichen. Verschwunden sind die esoterischen Bildbeschreibungen und die dummen Witze.
Das Ergebnis ist ein Spiel, das sich selbst erschreckend ernst nimmt. Und ein Spiel, das ankommt. Mit 2,5 Millionen verkauften Exemplaren liegt es zwar weit hinter seinem letzten nummerierten Vorgänger, bricht dafür aber mit dem Abwärtstrend in den Wertungen. Die niedrige Erwartungshaltung ist dabei natürlich beabsichtigt, sonst würde dieses Spiel, das kaum Bezüge zu den bisherigen zehn Titeln der Reihe hat, ja nicht so heißen. Diese Erwartungshaltung, nur positiv überrascht werden zu können, hilft dabei, über die frustrierenden Endbosse, beengte und lineare Umgebungen, Kämpfe gegen öde 08/15-Monster und die einfallslose Story hinwegzusehen.
Der elfte, siebte und erste Teil ist eine notwendige Wiedergeburt einer Marke, die in den letzten 20 Jahren vom Genre definierenden Meilenstein zu ihrer eigenen Karikatur mutiert ist. Aber der Sprint, den sie dafür einlegt, reicht bestenfalls aus, um mit der jüngeren Konkurrenz gleichzuziehen, geschweige denn sie zu überholen. Resident Evil 7 ergibt sich ohne jede Gegenwehr den aktuellen Trend des Genres. Das mag es zu einem besseren Spiel machen. Aber seine Rolle als treibende kreative Kraft überlässt Resident Evil damit endgültig den anderen.