Willkommen im neuesten Procedurally Generated Death Labyrinth.
Oder zumindest dem ersten Level davon.
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Nach einer halben Stunde brauche eine Pause von GoNNER. Schon wieder! Vielleicht werde ich langsam zu alt für den heißen Scheiß, den die Indieszene ständig hervorbringt. Schon Flywrench, Hotline Miami 2 und Devil Daggers brachte meinen Puls so zum Rasen, dass ich überlegte, die Nummer meines Hausarztes auf die Schnellwahltaste zu legen. Spiele, die so schnell und erbarmungslos sind, dass ich keine Pause machen will, weil ich gerade im viel beschworenen “Flow” bin, aber eine Pause machen muss, weil meine rot angeschwollenen Augen physisch an ihre Grenzen kommen.
GoNNER fällt in ein Genre, dass zwar übersättigt ist, aber doch keinen richtigen Namen hat. Es ist ein Action Roguelike, ein Permadeath Plattformer, ein Procedural Death Labyrinth oder welches Wortkonstrukt auch immer gerade am beliebtesten ist. Trotzdem fällt GoNNER auf, sticht heraus aus der Masse und schreit mich geradezu an, doch lieber es zu spielen, als das nächstbeste Rogue Legacy. Die wie mit Kreide auf dem schwarzen Hintergrund einer Tafel gezeichneten Levels. Die an den “Día de Muertos” angelehnte Ästhetik. Die einfachen Farben und das klar kommunizierte Leveldesign. Und keine Pixel!
Das Laufen, Springen und Schießen ist dann erstaunlicherweise gar nicht so schnell, wie es bei den nervös schwankenden Wänden der Spielwelt den Anschein hat. Beziehungsweise spiele ich es nicht so schnell, wie ich es spielen könnte. Vermutlich gibt es Leute, die GoNNER sehr schnell spielen, aber ich habe keine sonderlich gute Reaktionsfähigkeit, also spiele ich GoNNER vorsichtig, taktisch und mit viel Bedacht.
Wenn ich mal eine Kombo lande – Flugmonster anlocken, anderem Monster auf den Kopf springen, Doppelsprung über das Stachelmonster und eine Salve mit der Shotgun nach hinten – dann ist das ein Plan, den ich mir aus sicherer Entfernung überlegt und dann Schritt für Schritt ausgeführt habe. Diese Taktiken, die ich mir über die erste Spielstunde erarbeitet habe, zerfallen beim Bossraum. Wieder und wieder scheitere ich an den ungewohnt aggressiven Gegnern, die schnelle Improvisation statt behutsamer Planung erzwingen.
Das Problem dieses Levels ist nicht nur, dass es schwerer ist als alle zuvor. Es ist auch komplett anders. Mein geduldiger Spielstil funktioniert hier nicht, aber ich hatte auch keine Chance, mich auf eine Situation wie diese vorzubereiten. Die Level von Flywrench und Hotline Miami konnte ich noch lernen, meistern und bezwingen. In GoNNER gibt es nur diese Wand, gegen die ich immer wieder renne.
“Naja, GoNNER ist halt sauschwer” könnte ich jetzt sagen und damit abschließen. Dabei schaffe ich es nach ein paar Spielstunden durchaus souverän durch die erste Hand voll Level und schlage sogar regelmäßig meine eigene Highscore. Weiter werde ich aber wohl niemals kommen. Das heißt nicht, dass ich diese ersten paar Level nicht genieße. Das tue ich! Ich mag GoNNER. Aber inzwischen kenne ich jede Variante des ersten Abschnitts im prozedural generierten Todeslabyrinth und es fängt an sich abzunutzen. Die Fallhöhe zwischen Routine und Frust ist groß und ich stürze alle paar Minuten wieder hinab. Was fehlt ist das Gefühl, dass sich die Arbeit lohnt, dass ich diesen Level irgendwann überwinden kann. Aber vielleicht passt das zur Welt der Toten, in der GoNNER spielt. Es gibt keine Hoffnung im Jenseits.
Wie gesagt mag ich GoNNER. Aber ich will GoNNER lieben! Doch dafür kenne ich es nicht gut genug und ich werde es auch niemals gut genug kennen. Ich kann einfach nicht genug Zeit in diese Beziehung investieren, nicht genug Arbeit. Vielleicht spiele ich die ersten paar Level in ein paar Wochen nochmal, wenn ich es dann noch nicht deinstalliert habe. Git gud or die trying.