“Hungrig nach schneller Action”: Thom Glunt über STRAFE

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Erst kürzlich erschienen mit Superhot und Devil Daggers zwei Indiespiele, die einem zynisch gewordenen Videospieljournalisten wie mir die Hoffnung wiedergaben, dass der Egoshooter vielleicht doch nicht für immer langweilig geworden ist. Für einen bei WIRED erschienenen Artikel über genau dieses Thema sprach ich unter anderem mit Thom Glunt, dem Designer von STRAFE. Die ausführliche Version könnt ihr hier lesen:


Daniel Ziegener Wie würdest du STRAFE beschreiben?

Thom Glunt STRAFE ist der schnellste, blutigste, tödlichste, Adjektiv-missbrauchendste, actiongeladenste Ego-Shooter des Jahres 1996!* STRAFE konzentriert sich auf Action, die sich gut anfühlt. Es ist ein endlos wiederspielbares Roguelike mit zufällig generierten Levels aus purem Chaos und Gemetzel.

Daniel STRAFE bedient sich stark bei 90er-Jahre-Nostalgie. Was an dieser konkreten Ära des Videospielens interessiert euch?

Thom Das Spielgefühl und die Attitüde. Wir lieben es, wenn offensive Bewegung in einem Shooter deine Defensive ist. Als wir mit der Entwicklung von STRAFE angefangen haben, waren die meisten Shooter langsamer und wir hungrig nach schnellerer Action. Außerdem empfinden wir eine innige Liebe für Low-Poly-Ästhetik – wenn sie richtig umgesetzt wird. Quake hat so eine wunderschöne und zugleich raue Ästhetik, die auch heute noch großartig aussieht. STRAFE ist eine Hommage an diese Ära.

Daniel Was mögt ihr (nicht) an modernen Shootern, besonders im Vergleich zu den bereits erwähnten Spielen der 90er?

Thom Wir lieben Spiele, einschließlich moderner Shooter – aber es ist eine Schande, dass die meisten Mechaniken von Mitte und Ende der 90er erschienenen Shootern als veraltet betrachtet und aufgegeben wurden. Es ist ungerecht, dass viele Leute denken, diese alten Mechaniken wären heute primitiv, nur weil die technische Evolution hin zu Neuem ging. Das ist eindeutig nicht der Fall.

Aber wir imitieren die Steuerung alter Spiele nicht – Entwickler haben in den letzten 20 Jahren viel dazu gelernt. Wir versuchen, diese alten Spiele zu verbessern und etwas zu erzeugen, dass sich gleichzeitig wie früher und doch modern anfühlt. Es ist wichtig zu erwähnen, dass wir nicht versuchen, Quake, Doom oder Duke Nukem zu ersetzen. STRAFE ist zutiefst von diesen Spielen inspiriert. Wir wollen eine Erfahrung schaffen, die hoffentlich auch jüngeren Fans diese Klassiker näher bringt.

Daniel Mit Superhot und Devil Daggers scheint es auf einmal erfolgreiche Indie-Shooter zu geben. Zuvor wurde das Genre abseits des Mainstream größtenteils ignoriert. Was könnte der Grund dafür sein?

Thom Ich denke, dass ist dem Aussterben der Mittelschicht in der Spieleentwicklung geschuldet… den Budget-Studios. Jetzt scheint es bis auf ein paar Ausnahmen ein Ökosystem aus AAA und Indie zu geben, ähnlich wie der aktuelle Zustand der Filmindustrie in Hollywood. AAA-Spiele sind extrem teuer und vermeiden Risiken. Indiespiele hingegen sind günstiger und benötigen geringere Verkaufszahlen, um als Erfolg zu gelten. Indie-Entwickler können sich so mehr auf das Risiko einlassen, eine neue Mechanik oder verschiedene Arten des Geschichtenerzählens zu erkunden.

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Daniel STRAFE konzentriert sich besonders auf den fordernden Einzelspieler-Modus. Welche Rolle spielt für euch der Schwierigkeitsgrad in einem Spiel?

Thom Spelunky hatte großen Einfluss auf STRAFE. Ein schweres, aber faires Spiel, das Spieler herausfordert und auch wirklich belohnt. Für mich ist es wie Skateboarding zu lernen: Es ist frustrierend, wenn du keinen Kickflip hinbekommst, aber ab und zu schaffst du einen und es ist ein so unglaublich belohnendes Gefühl, das dich dazu bringt, weiter zu üben, bis du ihn wieder schaffst. Wenn sie zur Selbstverständlichkeit werden, versuchst du den Kickflip eine Treppe hinab und so weiter.

So fühlt sich Spelunky für mich an. Es war eine Herausforderung, all die Regeln und Mechanismen des Spiels zu erlernen, aber als ich das geschafft hatte, konnte ich wie eine Maschine durch die Level pflügen und das fühlt sich auch zwei Jahre später immer noch großartig an. STRAFE ist darauf ausgelegt, gekonnte Spieler zu belohnen, aber Newcomer nicht ungerecht zu bestrafen. Wenn du besser wirst, lernst du den Spielfluss kennen und dann kannst du dich wirklich cool fühlen.

Daniel Shooter stehen mittlerweile exemplarisch für einen vermeintlichen Mangel an Innovation in der Spieleindustrie. Was gibt es in einem Genre, das es schon so lange gibt, noch Neues zu entdecken?

Thom Genres sind nur ein Anfangspunkt… oder zumindest sollten sie das sein. Wir wussten, dass wir mit STRAFE ein schnelles Spiel machen wollten, also gestalten wir alles darum herum so, dass der Spieler stets in Bewegung bleibt. Am Anfang stellten wir uns die Frage, wie wir Erwartungen umkehren oder erschöpften Klischees eine neue Wendung abgewinnen können. Durch eine Menge kleiner Änderungen fühlt sich das Spiel vertraut, aber gleichzeitig ziemlich neu an. Aber das würde den Umfang dieses Interviews sprengen…