Autor: Nina Kiel

Nina Kiel

Random Encounters: reProgram

Schmerzverzerrte Gesichter, von groben Händen brutal zusammengedrückte Kehlen, Tränen, Peitschen, mit Blutergüssen übersäte Oberschenkel: Wenn von BDSM die Rede ist, sind dies oft die Bilder, mit denen jene Aussagen bewusst oder unwillkürlich verknüpft werden. Nicht zuletzt die nachttischkompatible Missbrauchsfantasie Fifty Shades of Grey streute ohnehin weit verbreitete Missverständnisse noch weiter und zeichnete ein verzerrtes Bild von einer Praxis, die in Wirklichkeit hoch komplex ist – und heilsam sein kann. (…)

Random Encounters – Pregnancy

Spiele sind eine interessante Plattform, um für bestimmte Themen zu sensibilisieren. Durch ihre leichte Zugänglichkeit einerseits und die intensivere Identifikation mit dem Gezeigten andererseits, bieten sie die Möglichkeit, Menschen in ungewohnte Situationen zu versetzen und dadurch Interesse auch an komplexen Sachverhalten zu wecken. Wie gut das gelingen kann, zeigte zuletzt I’m Positive, ein Titel, dessen Entwickler_innen es sich zur Aufgabe gemacht hatten, Aufklärungsarbeit über das weltweit verbreitete HI-Virus zu leisten. (…)

The Deer God: Und täglich grüßt das Murmeltier

Spätestens seit Walt Disney im Jahr 1942 mit seiner Bambi-Verfilmung weltweit kullernden Kinderaugen Tränen in die Augen trieb, ist das Verhältnis zwischen Mensch und Reh weithin als belastet bekannt. Blutdürstende Jägersleut schießen sich durch Wald und Wiesen, nehmen dankend alles entgegen, was ihnen vor die Flinte läuft, nur um ihre unerklärliche Mordlust zu stillen. (…)

SEGA Mega Drive/Genesis: Collected Works

In den 90er Jahren erschütterte ein Krieg die Welt. Ein Krieg zwischen zwei Fronten, der sich über mehrere Kontinente erstreckte und dessen Spätfolgen einen der Kombattanten in die Knie zwangen. Die Rede ist von dem Grabenkampf zwischen Sega und Nintendo, den jeder videospielbegeisterte Mensch damals mindestens verfolgt, wenn nicht vorangetrieben haben dürfte. (…)

Random Encounters – Gat Life: Boyfriend Bar

Es ist beileibe kein Geheimnis, dass unser Medium auf dem wackeligen Fundament eigenwilliger Moralvorstellungen zu einem riesigen Industriekomplex herangewachsen ist. Allerorten dröhnt es aus den Lautsprechern der Heimkinos: Das Gepolter und Geratter, begleitet von Schmerzens- und Todesschreien. Gewalt hat sich als zentrale Spielmechanik etabliert, mal abstrakt und mal mit fast fotorealistischer Detailtreue. (…)

Bange Gewissheit: I’m Positive

Würde mich jemand fragen, ob ich HIV-positiv bin, könnte ich diese Frage nur unzureichend beantworten. Denn ich weiß es schlichtweg nicht. Wie viele andere Menschen auch, habe ich einen Test zwar mehrfach in Erwägung gezogen, aber nie durchführen lassen. Die Gründe dafür sind mannigfaltig: Unwissenheit, Lethargie, Angst. Oder vielmehr waren sie es, denn ich wurde umgestimmt – von einem Spiel. (…)

Coming Out On Top: It’s Raining Men, Hallelujah

Wie erst kürzlich die hitzige Debatte um die Lehrplanerweiterung in Baden-Württemberg zeigte, ist der Zugang zu Sex noch immer vielfach ein biologistisch geprägter – und dementsprechend einer, der dem heteronormativen Ideal untersteht. Was davon abweicht, wird als homoerotische Propaganda missinterpretiert. Oder gleich als Versuch, unschuldige Kinder unter dem regenbogenfarbenen Deckmantel von Toleranz und Offenheit umzupolen. (…)

The Rain Goes On: Petrichor

“By the fire we saw the truth.” – ∆ “We wandered the woods and bathed in fractured waterfalls. It was all so useless and beautiful.” – ∆ “Remember the sound of now.“ – ∆

Manche Bilder, manche Klänge fügen sich besonders gut in bestimmte Kontexte ein: Alljährlich sind es die obligatorischen Sommerhits, gelegentlich gerade im Herbst aufgelegte Alben, oder Filme, die nur im Winter ihre besondere Stimmung entfalten. (…)

Der schöne Schein: A Golden Wake

Makler sind bekanntermaßen ein besonders geplagter Menschenschlag. Wackelig an der Armutsgrenze entlangbalancierend, blicken sie Tag um Tag in den finsteren Abgrund der drohenden Arbeitslosigkeit. Aus eben diesem Grund rief der Berufsverband BVFI kürzlich zum Streik auf, um Schlimmeres zu verhindern, nämlich einen Gesetzesentwurf, demzufolge künftig nicht mehr nur auf großem Fuße durch’s Leben lustwandelnde Studentierende, sondern die Vermieter_innen das Maklerhonorar zahlen sollen. (…)

Looten und Leveln: In Real Life

Im Grunde ist In Real Life ja eine arg überstrapazierte Phrase: Durch die immer größere Präsenz diverser handlicher Geräte in unserem Alltag, die weltweite Vernetzung mit Gleichgesinnten und nicht zuletzt die rege Nutzung von Onlinespielen, ist eine klare Trennung zwischen dem virtuellen und dem “tatsächlichen” Alltag mittlerweile vielfach nicht mehr möglich. (…)

Push Start: The Art of Video Games

Gästen ist die unangenehme Wesensart zu eigen, bespaßt werden zu wollen. Während hierzulande Max Goldt vor einigen Jahren in einer Kolumne vorschlug, Mardergerippe und Mittelmeerbadeschwamm zirkulieren zu lassen, um der gruppeninternen Konversation eine Starthilfe zu verpassen, wurde dem Problem in Amerika bereits mehr als einem halben Jahrhundert zuvor durch die Erfindung der sogenannten coffee table books Abhilfe geschaffen – Bücher, die sich durch ein großes Format, ihre enorme Bildlastigkeit und ihre Bereitstellung auf Beistelltischen auszeichnen. (…)

Antiquiertes, aufpoliert: Pier Solar and the Great Architects HD

Totgesagte leben länger. Geräte, deren letzte Charge längst vom Fließband gerollt ist, die von ihren jeweiligen Urhebern in die Seniorenresidenzen der Videospielindustrie und einen ruhigen Lebensbabend entlassen wurden, legen gelegentlich nach Jahren wieder eine erstaunliche Vitalität an den Tag. So auch Segas Mega Drive, das 2010 mit einem Rollenspiel-Großprojekt gesegnet wurde, das selbst die professionell entwickelte Software für das System vielfach in den Schatten gestellt hat. (…)

PLAY14: Der Rückblick

Am vergangenen Samstag endete das diesjährige PLAY-Festival für kreatives Computerspielen in Hamburg. Marcus, Hendrik und Nina waren vor Ort und berichten hier von Ihren Eindrücken der letzten Tage.

Marcus Ein Blick ins Programmheft und ich wusste, ich würde mehr verpassen als sehen können. Unzählige Veranstaltungen, eine ebenso schwer zu überblickende Anzahl an Standorten und viel zu wenig Zeit, da kann es als Wink des Schicksals gedeutet werden, dass nicht zuletzt durch das parallel stattfindende Reeperbahn-Festival das trendige Akronym FOMO Einzug in meinen sonst so starren aktiven Wortschatz gefunden hat. (…)

Play14: Festival für kreatives Computerspielen

Zum siebten Mal in Folge findet auch in diesem Jahr wieder das Play-Festival für kreatives Computerspielen in Hamburg statt. Vom 16.-20. September werden an 20 verschiedenen Orten in der Innenstadt insgesamt 200 Programmpunkte angeboten – von interaktiven Ausstellungen über Workshops und Vorträge bis hin zur Pixelkuchenbäckerei. Im Rahmen der erstmalig abgehaltenen Play Conference wird außerdem die gesellschaftliche Relevanz von Spielen im Bildungs- und Politkontext diskutiert. (…)

Nina Kiel

In einer der hässlichsten Städte Deutschlands aufwachsend, erkannte Nina schnell die Vorzüge virtueller Abenteuer und verteilte fortan mit besonderer Leidenschaft und besorgniserregender Gehässigkeit Schwert- ebenso wie Fausthiebe. Trotz zwischenzeitlicher territorialer Neuorientierung, ist ihr diese Affinität und der nostalgisch-verklärte Blick auf alte Konsolen erhalten geblieben. Wenn sie nicht gerade damit befasst ist, Sexspiele zu rezensieren und ihr Kuriositätenarchiv zu erweitern, arbeitet sie als freie Illustratorin, Spieleentwicklerin, hält Vorträge und widmet sich ihrem Masterstudium am Cologne Game Lab.