Autor: Sebastian Standke

Sebastian Standke

Rezension: "Playing Yesterday. Mediennostalgie im Computerspiel."

„Nostalgie [ist] eine Neuschöpfung aus den beiden griechischen Wörtern nostos für Heim oder Heimkehr und algia für Schmerz […]. Diesen Neologismus prägte der Schweizer Mediziner Johannes Hofer in seiner Dissertation 1688 […].
Für Hofer und seine Zeitgenossen war dies eine ernstzunehmende, medizinisch behandelbare Krankheit, […] [a]ls Behandlungsmethoden […] schlug man daher Opium, Blutegel oder einen Urlaub in der Heimat vor.“

(Sebastian Felzmann, aus Playing Yesterday.

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Call for Papers: "Zwischen|Welten. Atmosphären im Computerspiel."

„Man weiß nicht recht, soll man sie den Objekten oder Umgebungen, von denen sie ausgehen, zuschreiben oder den Subjekten, die sie erfahren. Man weiß auch nicht so recht, wo sie sind. Sie scheinen gewissermaßen nebelhaft den Raum mit einem Gefühlston zu erfüllen.“

(Gernot Böhme, aus Atmosphäre als Grundbegriff einer neuen Ästhetik)

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To What End

Es wäre leicht, über die Meta-Aussage von To What End zu schreiben. Schwer ist es hingegen, zu fassen, was solche kurzen Spiele in mir auslösen. Einsamkeit, Sehnsucht, Gedanken an eigene, längst vergangene Fehler, zurückgelassene oder verlorene Menschen. So simpel kann es sein, einen Anstoß zu geben. Vielleicht ist es nicht richtig, nur zurückzuschauen — aber unreflektiert durch das Leben zu sprinten erscheint mir mindestens genauso falsch. (…)

Anna

Eine kurze Huldigung an eine ominöse Anna eröffnet das atmosphärische Horror-Spektakel, das mich erwartet. Ich befinde mich auf einem kleinen, umzäunten Gehöft vor einer alten, abgeriegelten Sägemühle. Weder ein Auslass in das satte Grün noch der Einlass in das Gebäude wird mir gewährt. Alles beginnt so entspannt, öde, frustrierend. Ich finde keinen Hinweis darauf, wie ich weiterkomme. (…)

A Grain of Truth

Eine junge Frau reitet auf einer steinernen Riesenschildkröte durch die Gegend. Felsblöcke entsagen sämtlichen physikalischen Grundgesetzen und schweben in der Gegend herum. Eine riesige Kreatur wird am Horizont sichtbar. Ihre Proportionen ähneln denen einer Giraffe. Friedlich nascht das Wesen an den Wolken, während eine Gruppe von Piraten-Wolkensammlern das Füllmaterial für ihre Kissenproduktion einsammelt. (…)

Seedling

So zeldaesk dieses Spiel auch auf den ersten Blick erscheinen mag: Es handelt sich dabei nicht einfach um die billige Kopie eines altbewährten Erfolgrezepts. Seedling ist intelligent gemacht, spart sich ausufernde Erklärungen und regt die SpielerInnen zu Nachdenken an. Man spielt eine namenlose Kreatur, die für ihren Erschaffer ‘The Oracle’ einen Riesenbaum-Samen finden soll. (…)

Disillusion

Das altbekannte Szenario: Du bist der Auserwählte, der das heilige Artefakt finden muss, sonst werden du und alle dir nahestehenden Personen der Verdammnis anvertraut. Was erwartet dich am Ende deiner Reise? Was wird zurückbleiben von deiner Anstrengung? Finde es heraus in Disillusion — ein kurzes, prägnantes Spiel mit Aussagekraft und makaberem Humor, das in gerade mal 72 Stunden entstand. (…)

PC-Neuauflage von Final Fantasy VII

Schon seit Jahren wünschen sich viele Final Fantasy-Fans eine Neuauflage des siebten Teils, der 1997 in Japan veröffentlicht wurde. Ende Juni 2012 gab es dann plötzlich Gerüchte, dass tatsächlich eine Steam-Auflage in Arbeit wäre. Wenige Tage darauf dementierte Square Enix-CEO Yoichi Wada diesen Gedanken strikt: Ein Final Fantasy VII-Remake würde das gesamte Franchise in die Knie zwingen. (…)

Adventure Ponies

Eigentlich hat Fabu mir ja ein Pony-Verbot erteilt, nachdem ich einen Fluttershy-Clip aus besonderem Anlass in den Humble Indie Bundle V-Bericht eingebettet habe. Aber dieser kleine Flash-Plattformer ist doch zu schön, als dass er nicht erwähnt werden sollte.
In Adventure Ponies kann man mit einer der sechs Protagonistinnen der Animationsserie My Little Pony: Friendship is Magic sechs verschiedene Level durchqueren. (…)

The Cat and the Coup

Nein, The Cat and the Coup ist definitiv kein Spiel im traditionellen Sinne — es ist ein Formexperiment. Als eine schwarze Hauskatze durchstreift man einzelne Räume, um sich — in chronologisch umgekehrter Reihenfolge — wichtige Lebensstationen des kontrovers diskutierten, früheren iranischen Premierministers Dr. Mohammad Mossadegh erzählen zu lassen.
Man selbst interagiert nur sehr zaghaft: Mal muss ein Tintenfässchen umgeschmisssen werden, damit sich Mossadegh zur nächsten Tür bewegt, mal werden wütende Demonstranten angestachelt, um Wände zu durchbrechen. (…)

Run

“A science fiction story from the ancient world —
as a long night falls across the Earth, a stranger arrives bearing the promise of new daylight, and the breaking of old covenants.”

Ich schreite in einer Landschaft umher, die von einem gemäßigten Salvador Dalí stammen könnte. Während ich renne, fallen mir die Worte einer kryptischen Geschichte unter den Füßen weg. (…)

Psychout

Nachdem ich meine Zeit mit diesem kleinen, vor Computerspielkulturreferenzen nur so strotzenden Flash-Meisterwerk verbracht hatte, dachte ich mir, dass mein Ausbruchsversuch aus einer Irrenanstalt genau so aussehen würde. Ich würde wie in VVVVVV die Gesetze der Schwerkraft aushebeln. Ich würde mich zu einem Pong-Ball zusammenrollen und von den Gummiwänden zum nächsten Raum schießen lassen. (…)

Surprise Bullfight

Was passiert hier gerade? Drei Gnom-Brüder müssen einem blutkranken Waldgiganten — dem letzten seiner Art — Heilung verschaffen, indem sie ihm Bullenherzen bringen. Passend zum Titel Surprise Bullfight kann man wie ein Torero den gefährlichen Bestien ausweichen, sie versuchen abzustechen oder einfach wegrennen. Doch mit jeder Sekunde rückt der Tod des Giganten näher. (…)

Sebastian Standke

Aufgewachsen als Kind eines stets grummelnden Hafenarbeiters und der besten Backwarenfachverkäuferin der sieben Weltmeere, interessierte sich Sebastian logischerweise schon sehr früh für Computerspiele. Diese Leidenschaft beeinträchtigte seine Abiturnote nur minimal und sollte innerhalb seines Studiums der Kulturwissenschaften sogar zum persönlichen Forschungssteckenpferd werden. Im Frühling 2012 brach er jedoch aus seinem Elfenbeinturm heraus und verschanzte sich bei Superlevel.