Autor: Nina Kiel

Nina Kiel

Review: Stick it to The Man

„It all started yesterday – ordinary day like any other – until I got hit on the head.”

Es ist mal wieder einer dieser Tage, an denen ich nicht hätte aufstehen, mich lieber unter der Papierdecke verkriechen, das Kartonkissen auf meinen Kopf pressen und alles, alles andere ignorieren sollen. Aber die Miete will nun mal bezahlt werden, und es gibt wahrscheinlich Schlimmeres, als sich tagein, tagaus von lethargischen Kollegen irgendwelches Gerümpel auf den Kopf werfen zu lassen – solange nur die Helme halten, was sie versprechen. (…)

Re: Next Level Conference 2013

„Möchten Sie ein Foto von meiner Stadt machen?“, fragt mich ein älterer Herr mit schlohweißem Haar, der am Stammtisch einer Dorfkneipe nicht fehlplatziert wirken würde, und nun fast regungslos vor einem großen Bildschirm verharrt, um mit viel Liebe zum Detail sein eigenes Sci Fi-Imperium aufzubauen. Während er einen überdimensionierten Brunnen in eine ansonsten fast öde anmutende Landschaft setzt, behält er konzentriert das übrige Geschehen im Blick, beobachtet die Entwicklung seines Volkes, befasst sich mit profanen Angelegenheiten wie der Steuer- und Ressourcenverwaltung. (…)

9.03m

Am 11.03.2011 um 14.47 Uhr Ortszeit erschüttert ein Erdbeben der Stärke 7,0 auf der JMA-Skala die Region um die japanische Stadt Fukushima, kurz darauf bricht ein Tsunami über die Küste der Präfektur Tōhoku herein. 210.000 Menschen sind von der Katastrophe unmittelbar betroffen, 20.000 von ihnen sterben, die 23.000 im havarierten Atomkraftwerk Fukushima Daiichi eingesetzten Arbeiter werden erhöhten Radioaktivitäsdosen ausgesetzt, ein Drittel von ihnen stark verstrahlt. (…)

Morphopolis

Zeitung, Staubsauger, Fliegenklatsche: Die Mittel der heimischen Insektenbekämpfung sind vielfältig. Allerorten wird Kreuchendem und Fleuchendem, Schleichendem und Schwirrendem der Krieg erklärt und der ungebetene Besuch für gewöhnlich nicht nur aus der eigenen Wohnung, sondern zugleich auch aus dem Leben befördert.
Morphopolis, ein Hidden-Object-Game des Entwicklerteams Micro Macro, erscheint demgegenüber wie ein Plädoyer für ein friedvolleres Miteinander, versetzt es mich doch in die Rolle eines Insekts und in dessen bunten Mikrokosmos. (…)

Daymare Town 1-4

Feine, schwarze Linien auf einfarbigem Grund und eine reduzierte Klangkulisse – mehr braucht es nicht, um eine ganze Welt zu erschaffen. Das stellt der selbsternannte Spielearchitekt Mateusz Skutnik mit seiner nunmehr vier Kapitel umfassenden Point’n’Click-Reihe Daymare Town unter Beweis. Aus Skizzen werden Szenen, und aus den Szenen erwächst eine Geschichte, so vage sie auch erscheinen mag. (…)

Blast from the Past: The Legend of Zelda – Link’s Awakening

Es muss 1994 oder 1995 gewesen sein, als ich beim Durchwühlen einer Kiste in dem kleinen Second-Hand-Laden meines Heimatdorfes auf etwas Wundersames stieß: Mein erstes Videospiel. Das kleine, hüllenlose Game Boy-Modul schien, gut versteckt in einer dunklen Ecke, nur auf mich gewartet zu haben, und so lag ich meiner Mutter derart lange in den Ohren, bis sie mir das Spiel schließlich entnervt kaufte. (…)

The Note

Guten Tag, Brigitte Klößling mein Name. Ich bin 48 Jahre alt, Sternzeichen Widder, meine Lieblingsfarbe ist Schaumolweiß und nachts träume ich von Sexorgien mit Schrebergärtnern. Der Rest meines Daseins allerdings ist ein großes Mysterium.
Vergleichbar geheimnisvoll präsentiert sich The Note, das Erstlingswerk des Istanbuler Studios Motamot. Angedacht als Kunstwerk und emotionsstimulierendes Erlebnis, das weniger Wort als Tat sein soll, wird es in seinem Profil bei Steam Greenlight doch ganz banal als „sidescroller, platformer“ präsentiert. (…)

Humanoid 47

Es scheint fast, als hätte sich Jo99 vorrangig auf die Konzeption wahnwitzig detaillierter Bilder eingeschossen und eher zufällig für das Medium Spiel als Träger seiner Werke entschieden. Wie auch schon in The Queen of Snakes, dominieren in seinem neuen Point’n’Click-Adventure Humanoid 47 wirre Formen und Farben, hinter denen die interaktive Komponente deutlich zurücktritt. (…)

Experimental Game Pack 01: Golden Age: Moths

Manchmal scheint es, als würden Mobiltelefonbesitzer_innen mit dem Kauf eines Smartphones nicht nur einen fixen Geldbetrag, sondern auch ihren freien Willen auf der Ladentheke zurücklassen. Überall sind sie zu sehen: Zombieesk umherschlurfende und apathisch bahnfahrende Menschen, die wie gebannt auf die leuchtenden Anzeigen ihrer Geräte starren und nur auf das nächste Statusupdate warten. (…)

Experimental Game Pack 01: VideoHeroeS

Angestellte des mittleren bis unteren Einkommensbereichs, die mit Filmen ihren Lebensunterhalt bestreiten, haben es nicht leicht: Rote Teppiche, Glanz und Glamour bleiben ihnen verwehrt – stattdessen müssen sie sich mit obskuren Kundenwünschen plagen und notgedrungen zu wandelnden Filmlexika mutieren, um ihren Job erfolgreich bestreiten zu können. Ich durfte diese Erfahrung zeitweise als Aushilfskraft in einem Kino machen, da nicht nur billigen Rotwein ausschenken, sondern aktuelle Programminformationen rezitieren, Empfehlungen aussprechen und konsternierten Kunden erklären, dass ich nicht jeden Film gesehen habe, der jemals vor Ort gezeigt wurde. (…)

Shelter

Langsam schleiche ich durch das Dickicht. Meine Beine schmerzen, ich bin hungrig. Hinter mir ertönt ein leises Jammern, über mir der eindringliche Ruf eines Vogels, dessen riesiger Schatten über der Erde kreist. Abrupt endet das Gehölz, vor mir tut sich eine weite Ebene auf. Der nächste, rettende Unterschlupf erscheint kilometerweit entfernt. (…)

Icarus Needs

Icarus Needs… keine launischen Katzen und tyrannischen Eichhörnchen, so viel steht fest – wohl aber allerlei, um mit ihnen fertig zu werden. Was der titelgebende Held konkret benötigt, wird jeweils am linken Rand des Bildschirms angezeigt, und lässt sich bei einer kleinen Erkundungstour durch die in Panels aufgeteilte Umgebung schnell finden. (…)

CAVE! CAVE! DEUS VIDET.

Über den niederländischen Maler Hieronymus Bosch ist nicht viel bekannt, nur eines erscheint offensichtlich: Er hatte einen kräftigen Dachschaden. In seinen Bildern tummeln sich wirre Zwitterwesen – mal Mensch, mal Tier, mal Pflanze – fliegende Fische und nackte Leiber, schweinsgesichtige Adelige und schlittschuhfahrende Vogelköpfe mit Hundeohren. (…)

Angvik


Angvik ist Krieg. Seine strahlend bunte Welt, seine lächelnde Antagonistenschaft, all das wurde zu nur einem Zweck geschaffen: Mir und euch das Leben schwer zu machen. Was auf den ersten Blick wie ein harmloses Jump’n’run aussieht, ist in Wirklichkeit eine wahre Zerreissprobe für die Nerven und eine Reminiszenz an längst vergangene Tage. (…)

Austin Grossman: You

Austin Grossmans „You“ ist eine Geschichte über das Heranwachsen in einer Welt, in die man nicht zu passen scheint, und die anschließende Flucht in eine andere. Eine Schilderung der Adoleszenz einiger Menschen wie auch des Mediums Videospiel, erzählt in einem unterhaltsamen, aber kruden Stilmix, der in eine Hommage an alte Filme mündet, in denen Teenager an ihren Heimcomputern urplötzlich die Welt auf den Kopf stellen. (…)

Nina Kiel

In einer der hässlichsten Städte Deutschlands aufwachsend, erkannte Nina schnell die Vorzüge virtueller Abenteuer und verteilte fortan mit besonderer Leidenschaft und besorgniserregender Gehässigkeit Schwert- ebenso wie Fausthiebe. Trotz zwischenzeitlicher territorialer Neuorientierung, ist ihr diese Affinität und der nostalgisch-verklärte Blick auf alte Konsolen erhalten geblieben. Wenn sie nicht gerade damit befasst ist, Sexspiele zu rezensieren und ihr Kuriositätenarchiv zu erweitern, arbeitet sie als freie Illustratorin, Spieleentwicklerin, hält Vorträge und widmet sich ihrem Masterstudium am Cologne Game Lab.