Exile’s End: Planlos im Weltraum
In guten Videospielen kann man sich verlieren, vergisst die Zeit und erkundet die virtuelle Welt um ihrer Selbst willen, statt nur auf der Jagd nach dem nächsten Missionsziel zu sein. Aber das “Verlieren” ist nur dann eine gute Eigenschaft, wenn es sich um eine Metapher handelt. Bei Exile’s End war es leider wörtlich zu nehmen, denn die ersten zwei Stunden, die ich in dem Metroidvanian um einen abgestürzten Weltraumsoldaten verbrachte, entpuppten sich als zielloses Herumirren. (…)
Stage Presence: Angst vor Publikum
Im vierten und letzten Jahr auf der Grundschule wurde ich von meiner damaligen Klassenlehrerin Frau Strengstolz* auserkoren, die Hauptrolle in einer Bühneninterpretation des Bilderbuchs „Wo die wilden Kerle wohnen“ zu spielen. Besagte Lehrerin hatte eine sehr mächtige Frisur, die nur von Unmengen an Haarspray gehalten werden konnte. Davon tief beeindruckt, sagte ich nicht nein und konnte dafür nächtelang nicht mehr ruhig schlafen. (…)
The Third Kind: VHS – das Spiel
Analoge Technik umgibt der Reiz des Unbekannten. Kleine Störungen in Bild- und Tonaufnahmen verleihen dem Medium den Hauch des Unberechenbaren. Niemand kann spontan erklären, warum eine bestimmte Bildstörung beim ersten Abspielen einer VHS-Kassette durchs Bild wandert, beim zweiten Mal aber nicht mehr und beim dritten Mal an anderer Stelle. Analoge Technik ist daher perfekt für allerhand Gruselgeschichten. (…)
Terminus: Endstation Reisebus
Ich halte Busse für notwendige Übel. Sie bringen mich von A nach B. Das Problem ist, dass sie das nur sehr unzuverlässig machen und außerdem voller Menschen sind, deren Körperfunktionen ich die Gesamtheit der Fahrt über ertragen muss. Es gibt verschiedene Typen von Bus-Nervensägen: Da wäre beispielsweise der unvermeidbare Rotzer, der die gesamte Fahrt über Schleim durch seinen Hals-Nasen-Ohren-Trakt wandern lässt. (…)
Random Encounters: Kindness Coins
Man kann gar nicht oft genug darauf hinweisen, wie verquer unsere Vorstellung von Romantik bisweilen ist und wie oft gängige Missverständnisse unhinterfragt weitergetragen werden – insbesondere in Videospielen. Rette ich die Prinzessin, schenkt sie mir ihr Herz. Bin ich freundlich und interessiert, ist das der sichere Weg zur Partnerschaft. (…)
Master Spy: Unmögliche Mission
VideospielerInnen kennen mindestens vierzig Wörter für “schwer”. Es gibt Nintendo Hard, das auf den Schwierigkeitsgrad früher NES-Titel anspielt und die Platform Hell des unfairen Leveldesigns. Und erst neulich habe ich einen neuen Begriff gelernt, der schon jetzt zu meinen Favoriten gehört: Masocore — ein Kofferwort aus Masochismus und Hardcore. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, in welche der Kategorien Master Spy fällt. (…)
Ludum Dare 33: Passengers
Das Bild von Aylan Kurdi ging um die Welt. Scheinbar musste Europa erst ein totes Kind sehen, um mehr als eine bloße Statistik in den tausenden im Mittelmeer verlorenen Leben zu erkennen. Das beim 33. Ludum Dare entstandene Passengers ist ein auf den ersten Blick unscheinbares Spiel, das sich genau damit auseinandersetzt. (…)
Ludum Dare 33: The Fifth Apartment
“You are the Monster” war das Motto des 33. Ludum Dare – “du bist das Monster”. Die ersten Reaktionen auf die Wahl dieses Themas fielen hämisch aus, sei das doch fast das Selbe wie “You are the Villain” beim 25. Ludum Dare. Unter den 2.725 eingereichten Beiträgen wurde The Fifth Apartment auf den ersten Platz in der Kategorie “Mood” gewählt und verdeutlichte, welch großer Unterschied doch zwischen “Villain” und “Monster” liegt. (…)
GBJam 4: Pirate Pop
Ich hatte als Kind sehr früh schon eine Armbanduhr. Irgendwie mochte ich es, immer genau zu wissen, welche Tageszeit wir gerade haben. Ich kuckte in regelmäßigen Abständen wichtigtuerisch auf diese Casio-Digitaluhr und wiederholte das ritualhaft so sehr, dass ich die Uhrzeit bald schon gar nicht mehr aktiv wahrnahm. Leider hatte das zur Folge, dass ich es auch dann machte, wenn es gerade nicht passte. (…)
GBJam 4: Cuckoo Castle
Manche meiner Vorlieben kann ich einfach nicht erklären. Ich stehe zum Beispiel umheimlich darauf, mir mit der Kante einer Schachtel über die Handinnenfläche zu fahren. Irgendwie verursacht das ein angenehmes Gefühl in mir. Ich vermute, dass das wie mit Dingen ist, die man gar nicht leiden kann. Mit Kohle auf raues Papier malen beispielsweise – kann ich nicht ausstehen. (…)
GBJam 4: Punch Your Way To Heaven
Ich habe gerade gezählt: Allein in meinem Wohnzimmer befinden sich derzeit neun betriebsfähige Bildschirme oder Geräte mit Bildschirm. Monitore, Handheld-Konsolen, ein Handy, ein Tablet, ein alter Game Boy. Ein riesiger Assi-Fernseher natürlich auch. Auf meine ganz eigene Art und Weise bin ich ein Profiteur des Kapitalismus. Eines der Probleme am Kapitalismus ist aber, dass mein überzogen hedonistischer Reichtum irgendwo anders auch Armut verursacht. (…)
Random Encounters: Tapes
Behinderte Menschen haben keinen Sex. Dieser Mythos hält sich bis heute beharrlich, so oft ihn glückliche Paare, Sexualbegleiter_innen und Dokumentationen über deren Alltag auch widerlegen. Der vom normierten Schönheitsideal abweichende, eingeschränkt bewegliche Körper wird als unerotisch empfunden und gesellschaftlich daher nicht als aktiver Part eines Geschlechtsakts akzeptiert. Dabei ist Sex weit mehr als eine pornografisch inszenierbare Form der Penetration und daher für die meisten Betroffenen durchaus umsetzbar. (…)
The Long Way: Straße ins Nirgendwo
“We know where we’re going, but we don’t know where we’ve been and we know what we’re knowing but we can’t say what we’ve seen.” Mit diesen Worten beginnt Road to Nowhere, der größte Hit der Talking Heads. Zwischen dem tanzbaren Rythmus und der fröhlichen Melodie versteckt sich aber eine düstere Botschaft. (…)
Kintsukuroi: Kintsugi für Anfänger
Kintsugi ist eine Japanische Tradition, bei der zerbrochenes Porzellan mit Lack wieder zusammengeklebt und die Bruchstellen mit Goldstaub hervorgehoben werden. Was enststeht, ist ein Muster, das bei jedem Stück einzigartig ist. Es ist eine faszinierende Tradition, die als “Wertschätzung der Fehlerhaftigkeit Makel hervorhebt” (Wikipedia). Kintsukuroi ist auch der Name eines Spiels für Android, das aus dem Zerbrochenen ein Puzzle macht. (…)
Celestian Tales: The Old North – Wochenendausflug
Seit ein paar Jahren nehme ich neben dem “Pile of Shame” – dem Stapel gekaufter, aber nie gespielter Spiele – ein weiteres Phänomen wahr: Die Kickstarter-Amnesie. Anfang des Monats befand sich plötzlich Celestian Tales: The Old North in meinem Posteingang, ohne dass ich mich daran erinnern konnte, es damals auf Kickstarter unterstützt zu haben. (…)