Manchmal ist das Gedächtnis ein Verräter: An einige Lieblingsspiele meiner Kindheit habe ich fast keine Erinnerungen mehr, während ich andere kristallklar vor meinem inneren Auge sehe. Dieses selektive Erinnern hat vermutlich weniger mit Hirnkapazität zu tun als mit Repräsentation – manche Spieleklassiker sind eben bis heute sehr präsent. Oder anders gesagt: Es ist keine Leistung, sich gut an Monkey Island erinnern zu können, wenn unsere Erinnerungen durch Medienkonsum kontinuierlich aufgefrischt werden. (…)
Blast from the Past: Mischief Makers
Manche Projekte sind so offensichtlich zum Scheitern verurteilt, dass man sich entgeistert fragen muss, warum sie trotzdem realisiert werden. Das Nagelstudio mit integrierter Bubble-Tea-Bar zum Beispiel mag zwar eine reizvolle Ressourcenzweitverwertung in Aussicht stellen, lockt aber nicht gerade mit einer einladenden Geruchsmelange. Doch gelegentlich werden an sich gute Ideen auch nur zum falschen Zeitpunkt vorgestellt und deshalb zu finanziellen Fehlschlägen. (…)
Blast from the Past: Shadow of Rome
Jedesmal wenn ich mit meiner Freundin in die Videothek ging, damals, als man noch in Videotheken ging, blieb ich am PS2-Spielerregal kurz stehen, damals, als es noch PS2-Spieleregale in der Videothek gab, zeigte auf Shadow of Rome und sagte “Ich hab gehört, das soll richtig gut sein”. Und dann lachten wir, weil ich das Spiel schon lange besaß und mehrfach durchgespielt hatte – einer dieser merkwürdigen, nicht wirklich erklärbaren Running Gags, die sich in langen Beziehungen gleich welcher Art zwangsläufig entwickeln. (…)
Blast from the Past: Spyro the Dragon
Mein Curriculum Vitae in Spielangelegenheiten würde den sich allzu ernstnehmenden Twitterspielejournalisten die Tränen in die Augen treiben. Er ist geprägt von fehlenden Möglichkeiten, geschweige denn Fähigkeiten, Trödelei, Versäumnissen, Wissenslücken und Naivität. Das versuche ich gern mit einer ungebrochenen Euphorie wettzumachen. Der Alptraum eines jeden Personalers – keine Ahnung von nichts, aber mit Leidenschaft. (…)
Blast from the Past: Battle Chess
Ob es letztlich über eine Shareware-Version auf irgendeiner selbstkopierten 3,5-Zoll-Diskette in meinen Besitz gelangt oder auf magische Art und Weise einfach schon auf dem Familien-PC installiert war, weiß mittlerweile vermutlich nicht mal mehr mein Vater, der Hüter des heiligen 386ers. Klar ist dafür, dass mir Battle Chess nicht etwa das Spiel der Könige nähergebracht, sondern mich schon als Grundschüler für popkulturelle Zusammenhänge sensibilisiert hat – bevor ich überhaupt wusste, was Popkultur eigentlich ist. (…)
Blast from the Past: Jedi Knight
Es gibt zwei Generationen, die mit Star Wars aufgewachsen sind. Ich gehöre zu keiner davon. Zu jung, um die alte Trilogie nicht bloß als Filmklassiker aus dem Wochenendprogramm von Pro 7 zu kennen und gerade so zu alt, als dass mich der Marketinghype der Prequels voll hätte erfassen können. Mein erster Berührungspunkt mit der Weltraumoper war nicht Die Dunkle Bedrohung, sondern ein düsterer Egoshooter: Dark Forces II – oder, wie er in Deutschland aus Furcht vor einer erneuten Indizierung hieß, Jedi Knight. (…)
Gravity Rush 2: Kopfüber ins Glück
Tiffy saß immer auf dem Schreibtischstuhl meines besten Schulfreundes Lenni. Wir haben den Stuhl dann ganz lange gedreht, ohne dass die dicke Katze sich auch nur einen Millimeter vom Fleck rührte. Anschließend nahmen wir das Tier herunter und verloren ein paar Tropfen Pipi vor Lachen, als der knubbelige Fellball mehrfach beim Versuch aufrecht zu gehen auf die Seite plumpste. (…)
Blast From The Past – Crusader: No Remorse
Das Schlüsselloch zur Zukunft war ein vergilbter 14-Zoll-Monitor. Darunter: Zehn Kilo Hardware, die man Mitte der Neunziger einen 486er nannte. Eine Technik, auf der ich zu diesem Zeitpunkt schon vieles gesehen hatte, nur das nicht: Menschen. Echte, leibhaftige Menschen, die unmittelbar zu mir sprachen. Ein Feature, an das sich Archäologen und Altvordere gerne als Realfilm-Sequenz erinnern und mit dem auch Crusader: No Remorse im Jahr 1995 eindrucksvoll aufmachte. (…)
For Honor: Ein ehrenwertes Hauen
Ich weiß noch genau, wie mein Vater mich damals zum ersten Mal mit ins Kolosseum genommen hat, um Ralf Moeller kämpfen zu sehen. Den kannte ich bisher nur aus dem Fernsehen, wo er auf Malle gegen Haie gekämpft hat, aber richtig Fan wurde ich erst, als ich ihn schließlich live und in Farbe gegen die Sith antreten sah. (…)
Blast from the Past: Wonder Boy
Nachdem meine Mutter sich von meinem Vater scheiden ließ, machte sie sich mit einem Schnellimbiss selbständig, um von Staat und Ex-Mann finanziell unabhängig zu sein. Der klitzekleine Imbiss befand sich am Ortseingang meines Heimatsdorfes im ländlichen Schleswig-Holstein. Meine Mutter arbeitete täglich von früh bis spät und wenn ich sie tagsüber sehen wollte, musste ich aktiv werden. (…)
Nioh: Beglaubigte Kopie
Oh Nioh, mein Nioh! Selten benötigte wahre Liebe so viele Stunden und so viel harte Arbeit, bis sie sich mir offenbarte. Denn dieses actionlastige Rollenspiel macht zunächst einmal alles verkehrt, was es verkehrt machen kann. Zwar seit 2004 in Entwicklung, wirkt das Spiel dennoch wie ein zusammengeklaubtes Ragout aus Gamingtrends der vergangenen fünf Jahre. (…)
Resident Evil 7: Willkommen zurück im Überlebenshorror
Resident Evil 7: Biohazard ist am besten, wenn es ganz still ist. Wenn das schwere Ticken der Standuhr durch die leeren Flure hallt. Wenn ich in der Ferne einen Schatten erahne, der sich nur als im Lampenschein flatternder Vorhang entpuppt. Wenn es so leise ist, dass ich mich vor meinen eigenen Schritten fürchte. (…)
The Shadows That Run Alongside Our Car: Fahrt ins Ungewisse
Das warme Licht der untergehenden Sonne taucht die Umgebung in ein glühendes Rot. Steine, Bäume und gelegentlich vorbeihuschende Tiere sind nur noch als Schemen auszumachen. Der sich immer weiter ausbreitende Schatten der Nacht umschließt schließlich auch unser Auto, Dunkelheit liegt hinter uns und vor uns Unsicherheit darüber, was der nächste Tag bringen wird. (…)
Takume: The Dreaming Daughter – Eine kurze Geschichte, nicht weniger
Stephan Hövelbrinks hat eigentlich genug zu tun. Im Alleingang entwickelt der Berliner seit 2015 Death Trash, das in seiner wilden Mischung aus Genres und Ideen ambitioniert genug erscheint, um ein dutzend Leute zu beschäftigen. Und doch findet er Zeit, immer wieder mit Skizzen und Illustrationen von seinem postapokalyptischen Hauptprojekt abzuschweifen. (…)
Glitchskier: Schönheitsfelher
Perfektion ödet mich an. Ich mag Makel, Fehler, Unebenheiten. Ecken und Kanten. Demnach wird es euch nicht verwundern, dass ich ein Faible für fehlerhafte Darstellungen, sogenannte G̶̡̜̦̮̟ͬ̋l̨͔͚̥̓̉ͮ̚͜͝i̸̷̠̦͍̻̙̥̬̳ͨ̽̍ͫ̔͐̊t̺̞͍̩̫̂͘c̶̡̭ͭͨͥ̈ͨͪ̈́̾h͆ͭ̍҉̡͕͔̫̜e̛̱̣̥̫̾ͤ̕͠ŝ̵̴̰̞̻͙̯̬̩̆̾ͩ̈͞, habe. Was ursprünglich ein ungewolltes Nebenprodukt war, entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einer eigenen Kunstform, die auch ins Gamedesign Einzug hielt. (…)